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Streit der WocheTafeln nur "Ort der Abspeisung"

Die Tafeln nutzen vor allem Politikern und schaden Bedürftigen, sagt Politik-Professor Peter Grottian. Der Mitbegründerin der Tafelbewegung Sabine Werth hängen diese Argumente zum Hals heraus.

Fördern Tafeln die Armut? Peter Grottian meint ja - und fordert deren Schließung. Bild: ap

Politikwissenschaftler Peter Grottian fordert die Schließung der Lebensmittel-Tafeln. Das sagte er der sonntaz im Streit der Woche. Die Tafeln sollten sich nicht mehr als „sozialpolitische Instrumente, (die) den verfallenden Sozialstaat beblümen“ missbrauchen lassen. Denn sie nützten vor allem den PolitikerInnen, die „mit der einen Hand Sanktionen gegen Hartz-IV-EpfängerInnen verhängen und gleichzeitig die Arbeit der Tafeln bejubeln“. Auf diese Weise würden die Tafeln den Armen schaden und das Recht des Einzelnen auf eine menschenwürdige Grundsicherung untergraben.

Nach US-amerikanischen Vorbild haben Ehrenamtliche 1993 die erste deutsche Tafel gegründet. Und wie in den USA wurde daraus binnen weniger Jahre ein flächendeckendes System der Hilfe für Bedürftige. Inzwischen versorgen fast 900 Tafeln bundesweit rund eine Million „Gäste“. Die verteilten Lebensmittel können in der Regel nicht mehr im Laden verkauft werden und werden deshalb von Supermärkten, Discountern und Bäckereien in großen Mengen gespendet. Zahlreiche PolitikerInnen engagieren sich für die Tafeln, die Schirmherrschaft hat Familienministerin Kristina Schröder und vor ihr Ursula von der Leyen übernommen.

Die Sozialpädagogin Sabine Werth hat vor siebzehn Jahren die erste deutsche Tafel in Berlin mitbegründet. In der sonntaz wehrt sie sich gegen die Vorwürfe, die Tafeln ließen sich instrumentalisieren und würden Armut befördern. Sie erinnert daran, „dass es zuerst um den Einsatz gegen die Verschwendung von Lebensmitteln ging“. Am Anfang hätten die Tafeln vor allem Obdachlose versorgt, erst später seien "die Armen" dazugekommen. Gerd Häuser, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Deutsche Tafel e. V. betont, dass die Aktiven der Tafeln immer wieder auch die Politik an ihre Verantwortlichkeit erinnern würden. Sie seien keine „willfährigen Helfer des Sozialabbaus, sondern das schlechte Gewissen der Gesellschaft“.

Bild: taz

Den gesamten Streit der Woche lesen Sie in der aktuellen vom 19./20. Juni 2010 – ab Sonnabend zusammen mit der taz am Kiosk.

Der Soziologie-Professor und Buchautor Stefan Selke begleitet die Tafelbewegung seit mehreren Jahren kritisch. In der sonntaz beschreibt er die ambivalente Wirkung der Tafeln. Sie würden zwar Armut sichtbar machen, aber gleichzeitig eine Parallelwelt schaffen. Es könne sich "am Ort der Abspeisung niemand mehr als gleichwertiges Mitglied der Gesellschaft fühlen“. Die Tafeln seien nicht mehr als ein Pannendienst, ihre Hilfe nicht nachhaltig.

Im Streit der Woche äußern sich außerdem taz.de-Leser Michael Dietz und Martin Brüning, Leiter der Unternehmenskommunikation beim größten Lebensmittelspender der Tafeln, der Rewe-Group.

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27 Kommentare

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  • H
    HamburgerX

    Wo ist mein Beitrag vom Wochenende? Sachlich war der ja wohl.

  • A
    Amos

    Wer hat je gesehen, dass aus der USA etwas Gutes her kam. Tafel, Zeitarbeit und imperialistischer Kapitalismus. Das sind all die Sachen die dieses Kriecherregime hier übernommen hat. Mit eigenen Ideen

    ist hier nichts. Immer den Weg des geringsten Widerstand gehen. Das ist die Methode dieser USA-Zäpfchen hier. Das ist das System was von der Uckermarker Pomeranze verehrt wird. Die sind ungfähig etwas eigenes auf die Beine zu stellen. Wofür man die

    überhaupt hat-, das weiß eigentlich kein Mensch.

  • SL
    Subkulturelle Leiche

    Es scheint doch immer noch das gleiche Spiel zu sein:

     

    Wenn aus Eigeninitiative heraus irgendwo im Lande unabhängige Sozialräume entstehen, gründet der Staat der Gutmenschen umgehend aus üppigen Steuermitteln finanzierte Konkurrenzunternehmen. Und schon tummeln sich die Geier um ein goldenes Kalb, dass es zu schlachten gilt.

     

    Als beispielsweise die Herren der Bratwurst ein Jugendzentrum etablierten, war das Schicksal vieler unabhängiger Bühnen im Umland besiegelt. Ein vom Steuerzahler finanzierter Pranger der vermeintlichen Subkultur stand da plötzlich mitten in der altehrwürdigen Stadt. Dem Spiessbürger wurde bei Verwendung von Amtsiegeln nahegelegt, dass man die rüpelhaften Punks und Junkies am besten bekämpft, indem man erst einmal die unabhängigen Bühnen als Brutstätten der Subkultur wegen vorgeblicher Ruhestörung wegklagt.

     

    So funktioniert "Kulturarbeit" in Deutschland.

     

    Wer kann da heute schon noch "Nein" sagen, wenn er sich "für den guten Zweck" bei einem Euro Stundenlohn zum "Deppen der Nation" machen soll und dabei einer tiefgreifenden Zwangsneurose zum Opfer fällt?

     

    "Wir haben da jetzt etwas ganz "Neues" für Sie, da können Sie sich direkt an Unseren sozialen Kompetenzen beteiligen und Ihr Gewissen auf den neuesten Stand bringen. Und wenn Sie das Angebot ablehnen, dann sind Wir aber ziemlich beleidigt und werden Ihnen das lose Maul gleich hier mit Almosen zustopfen..."

     

    Da kann man dann auch mal einem gesetzlichem Mindestlohn von 7.50 Euro die Stunde für Pflegekräfte zustimmen, wenn man weiss, dass es zunehmend vogelfreies Bodenpersonal gibt, dass man mit 1 Euro die Stunde nach "Hause" bzw. bei permanenten Offenbarungseid zum Zubetteln aufs Amt schicken kann.

     

    Wenn Wir bereits Unser Grab geschaufelt und Uns in den Sarg niedergelegt haben, dürfen Wir dann den Deckel selbstständig schliessen, oder müssen Wir dann noch einen letzten Antrag stellen?

  • B
    Berdl

    Also, dann auf ein Neues:

    Was ist schlimm daran, wenn sich die Privatwirtschaft sozial engagiert?

    Es mag stimmen, dass das Grundkonzept eine Idee der Unternehmungsberater von McKinsey ist.

    Es mag auch stimmen, dass dieses Unternehmen (bisher) eher nicht für seine Philanthropie bekannt war.

    Und schließlich mag es auch stimmen, dass die Entscheidung pro Tafel nicht auf einem Umdenken beruht.

    ABER:

    Wenn die Firma, die die rigidesten Maßnahmen ergreift um ihre Kunden effizienter zu machen, plötzlich anfängt, aus WIRTSCHAFTLICHEN Gründen SOZIAL zu handeln (ohne dabei sozial zu denken), dann heißt das, dass SOZIALES HANDELN GLEICHBEDEUTEND IST MIT WIRTSCHAFTLICHEM GEWINN.

     

    Und es ist offensichtlich sogar noch günstiger, als das Naheliegendste zu tun, nämlich von vornherein weniger Waren vorrätig zu halten.

     

    Wenn Millionäre selbst in den Medien die Einführung einer "Reichensteuer" forderten, hab ich noch niemanden sagen gehört, es wäre demütigend, mehr Geld von diesen Leuten zu nehmen, wirklich NIE!

     

    Warum ist es dann demütigend, wenn man von diesen Reichen Nahrungsmittel nehmen kann? - Weil sie daran verdienen? Wohl eher nicht, denn einkaufen ist ja auch nicht demütigend, auch wenn Konzerne auch daran verdienen.

     

    Es mag sich zynisch anhören, aber eigentlich wollen die Reichen doch was von den Armen. Das ist der Deal:

    Ihr helft uns das loszuwerden, was wir nicht mehr verwenden wollen/können, dafür müssen wir nicht die Entsorgung zahlen und steigern also unseren Gewinn. Auf der anderen Seite schlägt zu Buche, dass Bedürftige Nahrungsmittel und andere Waren erhalten, sozusagen als nicht zu versteuernde Gegenleistung.

     

    Wenn dann die Regierung die Tafeln weniger unterstützt, weil diese die Hilfe schlicht nicht mehr nötig haben, finde ich das nicht schlecht.

    Wenn die Regierung dieses Geld zur Senkung der Mehrwertsteuersätze bei Hoteliers nutzt (beispielsweise), dann können die Tafeln nichts dafür, die Regierung ist dafür verantwortlich, wo das Geld hinfliesst. Und zu tun gäbe es da nach wie vor jede Menge.

     

    Wenn man hingegen Hartz IV-lern weniger Geld zur Verfügung stellen will, weil sie bei der Tafel günstig bis gratis an Lebensmittel kommen können, dann ist das eine Schweinerei, auch und besonders deshalb, weil der BVG mittlerweile geurteilt hat, dass die Sätze ohnehin zu gering sind und neu berechnet werden müssen. Aber das ist eine andere Diskussion und tut daher eigentlich auch nichts zur Sache. Im allgemeinen ist sie sehr wichtig und muss geführt werden, erbittert sogar, aber hier ist es einfach nicht relevant.

     

    Hier soll es nur darum gehen, ob die Tafeln schädlich sind, und das sind sie nicht.

    Schädlich ist nur unser dauerhaft überzogener Konsum, aber auch das ist eine andere Frage, die nicht näher erörtert werden soll.

  • HD
    Helge Denker

    Die absurde Behauptung, Tafeln würden den Armen schaden, ist grotten-abwegig und hochgradig zynisch!

     

    Tafeln können (und wollen) keine wirksame Sozialpolitik ersetzen, aber sie verhindern gleichzeitig Hunger und die Vernichtung von Lebensmitteln. Dass sie von Politikern missbraucht werden, sollte man natürlich denen und nicht den Tafeln vorhalten! Denn Politiker sind durch die private Initiative natürlich nicht aus der Pflicht genommen, sich um die Schwächsten der Gesellschaft zu kümmern!

     

    Und wer hier von "Trögen" und "Abfällen" labert, disqualifiziert sich selbst und hat sicher noch nie eine Tafel von innen gesehen. Und von schwer verdaulicher, professoraler Besserwisserei wird niemand satt! "Es gibt nichts Gutes, außer man tut es" - das gilt auch für die sehr satten Herren Grottian und Selke!

  • PA
    Peter A. Weber

    Schande für Deutschland

     

    Gerade in einer Zeit, in der mit Hilfe des Fußballs Nationalismus angeheizt, stolz schwarz-rot-gelbe Fähnchen geschwenkt und Kickermillionäre gefeiert werden, wird die Schizophrenie des Tafelunwesens deutlich.

     

    Als Langzeitarbeitsloser und "Tafelkunde" kann ich in dieser Thematik durchaus mitreden. Allerdings muß ich zugeben, daß bei einer kurzfristigen und oberflächlichen Betrachtungsweise Tafeln den Bedürftigen über eine akute Notsituation hinweg helfen können. Aber längerfristig sind die Auswirkungen der "milden Spenden" eher negativ einzuordnen:

     

    1. Ausgrenzung einer Bevölkerungsschicht und dauerhafte Einrichtung einer 3. "Paria-Klasse", deren Rechte immer mehr abgebaut werden

     

    2. Zementierung eines Wohltätigkeitswesens ohne Rechtsanspruch, das den Sozialstaat unterminiert

     

    3. Wohlfeile Basis für eine Argumentierung für Abbau bzw. Verhinderung der Anpassung an Kostensituation von Sozialleistungen, Regelsätzen und Miet-/Heizkostenerstattung

     

    4. Instrumentalisierung der ehrenamtlichen Helfer als Handlanger eines neofeudalen Wirtschaftssystems

     

    5. gesellschaftliche Spaltung durch „Verewigung“ und Vertiefung der gesellschaftlichen Gegensätze ohne Lösungsstrategien

     

    6. Gewährleistung einer kostenlosen Entsorgung verderblicher Güter zugunsten des Handels (gängige Praxis: wenn ihr nicht den gesamten Schrott mitnehmt, bekommt ihr auch nicht die noch verwertbaren Waren!) und medienwirksame Darstellung des Handels als Wohltäter der Menschheit

     

    Fazit: Eine insgesamt reiche Gesellschaft wie die deutsche muß sich schämen, wenn sie keine solidarischen Lösungsstrategien zum Abbau sozialer Ungerechtigkeiten anbieten kann!

  • F
    Franz

    Narzistische Wohltäterinenn hängen mir zum Hals heraus. Soll sie sich doch mal in die Schlange einreihen, anstehen um dann um Essen zu betteln!

     

    Leute wie McKinsey und sie sind die Totengräber des Sozialstaates!

     

    Siehe Meinungen zum Artikel auch hier:

     

    http://www.tacheles-sozialhilfe.de/forum/thread.asp?FacId=1423408

  • D
    Diogenes

    In den USA gibt es auch Lebensmittelgutscheine für Arbeitslose, die ihre Rechte aus der Arbeitslosen- versicherung ausgeschöpft haben. Wenn sich "die Tafeln" weiter entwickeln, werden Parteien eines Tages fordern, das US-System zu übernehmen. Darin liegt die Gefahr: Die Verschiebung der Überlebenshilfe für Langzeitarbeitslose hin zur privaten Almosenverteilung. Für dieses Modell gibt es hierzulande inzwischen prominente Fürsprecher.

  • TS
    Thomas Sch.

    Was für eine verquere Betrachtung. Nur, weil sich einige als Trittbrettfahrer der Armenspeisung betätigen, diese einstellen zu wollen, wäre ähnlich dämlich, als ob man die Feuerwehr abschaffen wollte, nur weil sich beständig Pyromanen in ihr verstecken. Jemand, der Hunger hat, ist froh, daß es die Tafeln gibt. Diese abzuschaffen, nur weil das einige übereifrige Vertreter der Polital Correctness stört, wirft wirlich ein Licht auf diese Widerlinge und Wichte der Betrachtung des politischen Neides. Echt zum Kotzen.

  • H
    HamburgerX

    Ich würde die Frage noch allgemeiner stellen: Fördert der Sozialstaat die Armut? Denn um nicht arm zu sein, bedarf es allergrößter, eigener Anstrengungen. Können diese Anstrengungen durch einen großzügigen Sozialstaat vermindert werden?

     

    Was für eine Motivation haben Eltern hinsichtlich Erziehung, Bildungsanstrengungen und Wertevermittlung, die wissen, dass ihre Kinder später auch ohne Arbeit Essen+Trinken, Wohnung, Heizkosten, Gesundheitskosten, Austattung, Kleidung usw. vom Staat finanziert bekommen gegenüber Eltern, die wissen, dass ihr Kind im schlimmsten Fall auf der Straße landen wird und aufs Betteln angewiesen wird?

     

    Der Sozialstaat hat wie die Tafeln zwei Seiten: Einerseits das heilende, mitfühlende, versorgende. Andererseits die Festigung von Strukturen, die eben diesen Sozialstaat notwendig machen.

  • T
    taz-Schreiber

    Warum ist die taz nicht in der Lage den GESAMTEN ARTIKEL hier einzustellen? Solche verkürzten Artikel gibt es nur in der online-taz. Und dafür auch noch flattrn? Nix halbes und nix ganzes!

  • PA
    Peter A. Weber

    Schande für Deutschland

     

    Gerade in einer Zeit, in der mit Hilfe des Fußballs Nationalismus angeheizt, stolz schwarz-rot-gelbe Fähnchen geschwenkt und Kickermillionäre gefeiert werden, wird die Schizophrenie des Tafelunwesens deutlich.

     

    Als Langzeitarbeitsloser und "Tafelkunde" kann ich in dieser Thematik durchaus mitreden. Allerdings muß ich zugeben, daß bei einer kurzfristigen und oberflächlichen Betrachtungsweise Tafeln den Bedürftigen über eine akute Notsituation hinweg helfen können. Aber längerfristig sind die Auswirkungen der "milden Spenden" eher negativ einzuordnen:

     

    1. Ausgrenzung einer Bevölkerungsschicht und dauerhafte Einrichtung einer 3. "Paria-Klasse", deren Rechte immer mehr abgebaut werden

     

    2. Zementierung eines Wohltätigkeitswesens ohne Rechtsanspruch, das den Sozialstaat unterminiert

     

    3. Wohlfeile Basis für eine Argumentierung für Abbau bzw. Verhinderung der Anpassung an Kostensituation von Sozialleistungen, Regelsätzen und Miet-/Heizkostenerstattung

     

    4. Instrumentalisierung der ehrenamtlichen Helfer als Handlanger eines neofeudalen Wirtschaftssystems

     

    5. gesellschaftliche Spaltung durch „Verewigung“ und Vertiefung der gesellschaftlichen Gegensätze ohne Lösungsstrategien

     

    6. Gewährleistung einer kostenlosen Entsorgung verderblicher Güter zugunsten des Handels (gängige Praxis: wenn ihr nicht den gesamten Schrott mitnehmt, bekommt ihr auch nicht die noch verwertbaren Waren!) und medienwirksame Darstellung des Handels als Wohltäter der Menschheit

     

    Fazit: Eine insgesamt reiche Gesellschaft wie die deutsche muß sich schämen, wenn sie keine solidarischen Lösungsstrategien zum Abbau sozialer Ungerechtigkeiten anbieten kann!

  • YW
    Yvonne Walden

    Die wirklichen Initiatoren der Tafelbewegung waren und sind die Lebensmittel-Ketten wie REWE, EDEKA, REAL und so weiter.

    Die in ihrer Haltbarkeit abgelaufenen Lebensmittel müssten nämlich für teures Geld "entsorgt" werden. Durch Abgabe an die "Tafeln" entstehen den Konzernen dagegen keine Kosten - im Gegenteil.

    Deshalb sollte sich die Politik dafür stark machen, daß die Händler ihre ersparten Entsorgungskosten für soziale Zwecke zur Verfügung stellen (gegen Spendenquittung, versteht sich), damit hier wieder ein Gleichgewicht hergestellt wird.

  • FV
    Friedrich Vos

    Die 'Konzern-Lobby-Teufel' in Brüssel wollen die Tafeln beseitigen, weil die Tafeln Not lindern. Die 'EU-Konzern-Teufel' wollen jedoch offensichtlich Leid erzeugen!!! Abgelaufene Lebensmittel sollen vernichtet werden und nicht an die Tafeln abgegeben werden dürfen. Als Begründung wird eine fadenscheinige 'Gesundheitsgefährdung' vorgeschoben. Es ist leider kein Witz, diese 'Begründung' ging 2009 durch die Presse. Einzelheiten habe ich mir nicht gemerkt. Vielleicht kennt jemand nähere Details? Es stinkt zum Himmel!!!

  • NF
    Norman Frey

    Ein ordentliches begingungsloses Grundeinkommen würde die Tafeln überflüssig machen.

  • W
    Wolfgang

    Sind die Kirchen nicht auch "Orte der Abspeisung", auch als "Tafelbewegung" bekannt?

  • KK
    Klaus Keller

    Den Tafeln die ich kenne müßte ich auch erst einmal meine Bedürftigkeit belegen bevor ich dort etwas verbilligt bekomme.

    Da kaufe ich mir doch lieber die "Ja"Produkte der REWE und bezahle an der Kasse und muß dabei nicht dankbar sein. Der Kassiererin reicht es wenn ich sie freundlich begrüße.

     

    Den Tafelorganisierern unterstelle ich das sie sich im gutes tun suhlen(gut,besserfühlen)wollen oder alternativ ihr Mitleid(en) loszuwerden wollen und eben nicht das Richtige tun weil es das Richtige ist Mitleid will ich aber nicht!

     

     

    Das Richtige ist es die ALG2 oder Grundsicherungsleistungen dem Bedarf anzupassen.

     

    Das Richtige ist es auch das Schonvermögen der Grundsicherungsempfänger dem der ALGII-bezieher anzupassen(ALG2 nach SGBII ca 150€uro/Lebensjahr bei Grundsicherung nach §90 SGB XII 1600€uro altersunabhängig)

    Das gerede von SPD und DGB Leuten das Schonvermögen der ALG2-bezieher anzuheben halte ich für eine Frechheit weil vom Schonvermögen bei Grundsicherung(zB alle Rentner) nie die Rede ist.

     

    PS1 ich lebete 12/2009-03/2010 von ALG 2(vorher Krankengeld und ALG1) seither Grundsicherung aufgund von Erkrankung. Oder genauer ich lebe von den unterschiedlichen Beträgen des Schonvermögens. d.h. ich bekomme zZT gar nix, zugegeben ab Ende07/2010

    Rente wegen voller Erwerbsminderung zunächst bis 08/2011.Sie liegt ca100€ über dem Grundsicherungslevel(357€uro+Miete+Nebenkosten OHNE Strom und Telefon)

     

    Glück gehabt

     

    PS 2 manchmal geht es um Konkretes das heist Hilfe die schnell nötig ist aber dann müßte man bei den Tafeln die Bedürftigkeisprüfungen lassen.

    Mit ihnen zeigen die Tafeln das sie befürchten von den hilfesuchenden betrogen zu werden.

    Das ist schon eine eigenartige Grundhalung.

     

    es bleibt schwierig

     

     

     

     

    klaus keller hanau

  • R
    Raphael

    Was ist also die Konsequenz dieser Überzeugung? Die Tafeln einstellen und im Notfall auch mal Leute verhungern lassen, um der Politik nicht unfreiwillig in die Hände zu spielen?

     

    Wie soll man als kleiner Wähler - außer mit seinem kleinen Kreuz, dass aber eben auch nur in der Masse was bewirkt - denn die Politiker davon überzeugen, dass sie selbst Tafeln einrichten oder doch lieber eine Politik betreiben, die die Notwendigkeit derartiger Einrichtungen verhindert?

     

    Das geht nur, wenn Politker Verantwortung empfinden und übernehmen. Verantwortung für die Folgen ihrer Politik und für die Opfer ihrer Politik. Aber wann empfindet man diese Verantwortung? Doch nur dann, wenn man dem Objekt/Subjekt des eigenen Handels gegenüber Achtung, Respekt oder wenigstens Angst empfindet. Also dem Land gegenüber und, zuallererst, dem Souverän, dem Volk.

     

    Doch das brauchen sie nicht, denn das GG nimmt sie aus aller Verantwortlichkeit heraus. Politiker sind nur sich selbst und ihrem Gewissen verpflichtet, haften weder mit Besitz noch mit dem Leben. Keiner überprüft ihre Entscheidungen, nicht mal danach, ob sie einem ethischen und/oder intellektuellen Mindeststandart entsprechen.

  • A
    Armut

    Mein Einkommen liegt unter dem Hartz4 Satz, aber ich bin kein Aufstocker. Einkaufen gehe ich meist bei dem viel gescholtenen Lidl. Sie verkaufen Brot vom Vortage zum halben Preis und auch andere Lebensmittel mit herannahendem Haltbarkeitsdatum. Wer sein Leergut der Tafel spenden will, kann das mit einem Knopfdruck bei der Leergutannahme entscheiden. Als Beamter im Rund um Sorglospaket der Extraklasse läßt sich gut über Armut schwatzen und philosophieren. Leicht ist es, Menschen, die sich engagieren, herabzusetzen, ohne selbst etwas zu tun.

  • CP
    coco price

    Armut, Arbeistlosigkeit und Prekariat haben in Deutschland, wie überall, strukturelle Ursachen; sie sind politisch produziert worden (und im übrigen auch gewollt). Armutsbekämpfung bedarf verbindlicher, politischer Lösungen.

     

    Private Charity, so gut gemeint sie auch in einigen Fällen sein mag, untergräbt politische Lösungen und entbindet den Staat aus seiner Verantwortung. Außerdem ist sie IMMER willkürlcih, d.h. kann nach Lust und Laune entzogen oder an partikulare Interessen geknüpft werden, schafft Abhängigkeiten und Herrschaftsverhältnisse, ist nicht einklagbar, und untergräbt die Eigenmotivation und das Selbstwertgefühl und befördert eine passive Nehmerhaltung. Charity ist nichts als Almosenverteilung und dient dem Erhalt des Status Quo. DEswegen finden konsverative Politiker die Tafel auch so toll und versuchen, sie als Argument für SOzialkürzungen zu instrumentalisieren.

     

    Konkret entledigt die Tafel z.B. den Staat der VErantwortung, dort Sozialhilfesätze anzupassen und für vernünftige Lohnentwicklung zu sorgen, wo das Geld trotz Arbeit nicht reicht. Sie entbindet den Staat auch aus der Verantwortung, durch vernünftige Arbeitsmarktpolitik und öffentliche NAchfrage ganz einfach mal Jobs zu schaffen. Das wär garnicht so schwer.

     

    Die Unternehmen, die die Lebenswmittel zur Verfügung stellen, verfolgen hier im übrigen auch keine rein altruistischen Ziele. Zunächst mal hätten sie die eh entsorgt; außerdem fließt ein Teil des Geldes, welches die Empfänger beim Lebensmittelkauf sparen, eh wieder in die Läden (Lidl, Aldi etc.). Die Umsatzeinbußen halten sich also in Grenzen. Nebenbei wird eine Sozialpolitik verhindert, die mit höheren Beiträgen seitens der Unternehmen verbunden wäre.

     

     

    Die Leute, die vor Ort arbeiten, sind für ihren Einsatz zu respektieren, aber teilweise sind das auch Menschen, deren Fähigkeit, politische Zusammenhänge zu erkennen, recht begrenzt ist.

  • G
    General-Investigation

    Die Kritik ist ja an sich keine Kritik in dem Sinne, sondern die Feststellung, das es hier tatsächlich so ist, das immer mehr Tafeln aufgemacht werden ( was ganz sicher lobenswert ist und auch den Betroffenen zugute kommt) aber auch die Politik das ganze missbrauchen kann, weil sich die Gesellschaft ja selbst zu helfen weiß und somit die Politik sozusagen aus dem Schneider ist.

    Natürlich ist die Gefahr vorhanden, das die Wohl gemeinten Hilfen der Tafeln so in der Art missbraucht werden, das man nun ja in Ruhe die Sätze für die Bezieher von Hartz IV kürzen könne, denn so könnte es begründet werden, gibt es genug Hilfe um die Versorgung mit Lebensmitteln sicher zu stellen.

     

    Man muß solche Anmerkungen nicht gleich als Angriff auf die Tafeln selbst sehen, sondern eben auch versuchen zu sehen, was sonst damit erreicht wird und andere es weiter ausschlachten können.

     

    Denke ich an Sarrazin oder Heinsohn, wundere ich mich eigentlich, das sie noch nicht auf die Idee der Kürzungen kamen, denn die Menschen werden doch mit Lebensmitteln versorgt - wozu also noch soviel Geld...

     

    Das hat der Professor wohl eher gemeint, als er die tafeln kritisierte, nicht, das es sie als Hilfe überhaupt gibt. Und da muß man ihm leider zustimmen, das es durchaus durch Politiker missbraucht werden kann.

  • HG
    Hartz-IV Geschädigter

    Wegh mit dem Futtertrog! Ich war schon lange nicht mehr bei den Tafeln - und dann nur um da Randale zu machen. Der Mensch ist doch kein Schwein! Der kann nicht einfach an ein Futtertrog geführt werden, nach dem Motto friß oder stirb.

     

    Ein Teil dieser "Lebensmittel" ist echt schon faulig - an fertigen Sachen gibt es nur ekelhaftes, was da in die Tüte kommt - da ha tman die Klappe zu halten absolut unwürdig. Was soll man mit Kartoffeln und Bluhmkohl und nochmehr Bluhmkohl ohne alles? Wer nicht aussieht wie ein Penner wird schief angekuckt.

     

    Jeder gute Hartz-IV-Empfänger geht in den Supermarkt - und wenn er kein Geld hat, wird eben nicht bezahlt. Falls man erwischt wird, legt man dar, warum man kein Geld für echte Lebensmittel hat und fertig.

     

    Tafeln schließen und den Regelsatz auf 500€ "erhöhen" - wobei das dann auch nur der Kaufkraft von 2004 entspricht.

  • E
    ElMoro

    Ich kann von 359 euro staatlicher trans"fair" leistungen nicht überleben. im frühjahr habe ich wenige male die örtliche tafel aufgesucht. dort sitzt der hartzer im beengten kellergang bis zwei stunden und wartet auf eine tüte mit lebensmittel, die so grenzwertig sind, dass sie am gleichen tag verzehrt werden müssten.

     

    ein gefühl von dankbarkeit macht sich bei mir nicht bemerkbar. die hilflosigkeit dafür umso mehr. hinzu kommt der zorn über die impertinenz jener menschen, die neben der schirmherrschaft für diese tafeln zu gleich nach neuen möglichkeiten suchen, arme noch effizienter zu drangsalieren. ich fühle mich von diesen menschen verhöhnt, denn mit menschen würde hat das alles nichts mehr zu tun und mir wird einmal mehr bewusst in deutschland geht es nur noch um geld oder leben.

  • B
    bepro

    Statt eines Kommentars zu der Einschätzung von Herrn Grottian ein Gedicht von Brecht, das diese Problematik m.E. sehr gut und differenziert beleuchtet:

     

    Bertolt Brecht

    Das Nachtlager

     

    Ich höre, daß in New York

    An der Ecke der 26. Straße und des Broadway

    Während der Wintermonate jeden Abend ein Mann steht

    Und den Obdachlosen, die sich ansammeln

    Durch Bitten an Vorübergehende ein Nachtlager verschafft.

     

    Die Welt wird dadurch nicht anders

    Die Beziehungen zwischen den Menschen bessern sich nicht

    Das Zeitalter der Ausbeutung wird dadurch nicht verkürzt

    Aber einige Männer haben ein Nachtlager

    Der Wind wird von ihnen eine Nacht lang abgehalten

    Der ihnen zugedachte Schnee fällt auf die Straße.

     

    Leg das Buch nicht nieder, der du das liesest, Mensch.

     

    Einige Menschen haben ein Nachtlager

    Der Wind wird von ihnen eine Nacht lang abgehalten

    Der ihnen zugedachte Schnee fällt auf die Straße

    Aber die Welt wird dadurch nicht anders

    Die Beziehungen zwischen den Menschen bessern sich dadurch nicht

    Das Zeitalter der Ausbeutung wird dadurch nicht verkürzt.

  • X
    xonra

    Die schiere Verzweiflung reitet Grottian. Trotz seiner häufigen Aufrufe zum phantasievollen Widerstand, ist in den letzten 20 Jahren nichts dergleichen passiert. Wenn man seine These auf auf Hartz IV überträgt, bestätigt sich, dass die Sozialleistungen die große Masse davon abhält, sich das ihr zustehende Stück vom Kuchen zu nehmen. Aber, was sollen wir mit einem Stück Kuchen? Gehört uns nicht die ganze Bäckerei.

  • C
    cyctologie

    grottian hat recht aber das hilft ihm nicht.

    wenn der normal bürger sich zu fein ist nen joghurt zu essen der einen tag drüber ist oder ne beule im deckel hat kann man die tafeln auch als gesellschaftliche umerziehungsmaßnahme gegen das völlig wahnsinnige lebensmittel wegschmeißen sehen.

    "es wird gegessen was auf den tisch kommt" erfährt endlich wieder die nötige würdigung und akzeptanz. noch dazu ist das tafel essen gesund da es obst und gemüse ist. abgelaufenes fleisch wird meiner meinung nach nicht verteilt. die tafeln sind doch nix anderes als "containern" für arme. es soll auch jura studenten geben die dort ihr essen holen. die tafel beginnt also schon zu wirken.

  • V
    vic

    Die Tafelkritiker sollten zur Kenntnis nehmen; ohne Tafel heißt die Alternative für viele und immer mehr verarmte Mitmenschen, ein Leben aus dem Mülleimer.

    Die Tafel in meiner Heimatstadt nimmt keine verdorbenen Lebensmittel an. Der Fahrer sortiert bereits vor Ort beim Discounter/Markt/Einzelhändler aus. Und wenn ich originalverpackte Lebensmittel bringe, wird das Mindesthaltbarkeitsdatum peinlich genau kontrolliert.

    Diese Diskussion ist sinnlos, so lange sie von satten Leuten geführt wird.