piwik no script img

Streit der WocheGibt es die DDR noch?

Seit 20 Jahren ist Deutschland wiedervereinigt. Doch in den Köpfen der Menschen scheint es die DDR noch zu geben. Oder sind das alles nur "Ossi"-Vorurteile?

Fahrende Ostalgie: der Trabant. Bild: reuters

BERLIN taz | Ist nun alles schön? Sind zwanzig Jahre nach der Unterzeichnung des Einigungsvertrags alle harmonisch vereint? Kann man überhaupt noch von Ost und West sprechen? Die Unterscheidung zwischen Ost und West spiele für junge Menschen keine Rolle mehr, meint zumindest Lothar de Maizière, der letzte DDR-Ministerpräsident. Deutschland wachse nun zusammen.

Früher wäre alles besser gewesen, davon sind Nostalgiker noch heute überzeugt. Im Osten, da gab es noch Werte wie Solidarität, Gemeinschaft, Ehrlichkeit. Ostdeutschland, das ist der Einkauf im Konsum-Laden, Rotkäppchensekt, Bambina Schokolade, das Sandmännchen. Für diese Menschen lebt die DDR weiter. In ihren Köpfen, ihrem Blick auf die Vergangenheit und dem Gefühl, vom Westen diskriminiert zu werden. Und so wie es den Konsum und das Sandmännchen noch gibt, gebe es im Osten auch die alten Tugenden.

Betrachtet man Zahlen und Fakten, gibt es aber auch sichtbare Unterschiede: Die Arbeitslosigkeit ist im Osten doppelt so hoch wie in Westdeutschland, es gibt doppelt soviele Hartz-IV-Empfänger und das Lohnniveau ist immer noch niedriger als im Westen. Außerdem werden politische Entscheidungen zu großen Teilen von Westdeutschen gefällt. Es reicht ein Blick in das Regierungskabinett, um sich davon ein Bild zu machen. Sind diese Unterschiede Überbleibsel der DDR – oder eine eigene Entwicklung nach der Wiedervereinigung?

Bild: taz

Lesen Sie die Antworten von Experten, Prominenten und taz.de-Lesern zum Streit der Woche in der sonntaz vom 28./29. August – erhältlich zusammen mit der taz am Kiosk oder direkt in Ihrem Briefkasten. Wollen Sie mit dabei sein? Dann schicken Sie uns Ihren Kommentar an streit@taz.de. Mehr dazu im Kasten rechts oben.

Einige Ostdeutsche fühlen sich ungerecht behandelt von sogenannten Besserwissern aus dem Westen und nicht genügend anerkannt, sondern eher belächelt. Stereotype über „die Ossis“ gibt es noch immer: über ihr „einfaches Gemüt“, den Camping-Urlaub mit der Familie an der Ostsee, das Leben in öden Plattenbauten. Der Osten liege dem Westen nur auf der Tasche, heißt es oft. Im letzten Jahr beispielsweise flossen 5,8 Miliarden Euro an Finanzausgleichsgeldern in die neuen Bundesländer.

Auf der politischen Landkarte ist Deutschland als ein Staat erkennbar. Jedenfalls auf den neu gedruckten. Doch reichte es, eine politische Grenze von der Karte zu löschen, um die Menschen von der Einheit Deutschlands zu überzeugen? Oder entstehen die Grenzen im Kopf?

Die DDR scheint für manche noch immer präsent zu sein. Oder ist in Wirklichkeit die Ost-West-Vergangenheit für uns kein Thema mehr?

Was meinen Sie, gibt es die DDR noch?

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

40 Kommentare

 / 
  • LG
    Lothar Georg

    Na klar, die hat nicht gesiecht, sondern gesiegt.

    Kassenwartin in der FDJ der DDR, heute Kanzlerin.

    Keine Talk-Show ohne Gysi und Wagenknecht.

    Der Sozialismus hält auf breiter Front Einzug mit klingendem Spiel durchs Brandenburger Tor Richtung Ost - West.

    Ein leistungsloses Grundeinkommen gibt es für alle (nennt man aus Tarngründen ALG II). Wie damals in der DDR. Arbeiten wie im kommunistischen Honecker-Staat, leben wie im Kapitalismus. Margot sei Dank! Die feiert ja immer noch den Jahrestag am 7. Oktober, statt den Nationalfeiertag am 03.!

    Fazit: Zuviel DDR, zuwenig Freiheit des Individuums. Das ist Deutschland 2010.

  • H
    hto

    Der wohl schlimmste Mauerbau findet in den Köpfen der "individualbewußten" Gesellschaft zum "freiheitlichen" Wettbewerb statt - daraus resultiert die scheinbar unüberwindbare Grenze der gebildeten Suppenkaspermentalität auf Sündenbocksuche!?

  • L
    Lillie

    Dieser Artikel ist rhetorisch leider so schlecht. Falsche Wortwahl und schlecht geschrieben. Die Autorin ist offensichtlich aus dem ehemaligen Westen oder aus einem anderen Land (zumindest nicht aus der DDR). Eine Diskussion ueber Vorurteile, die auf einen Artikel basiert, der von den Selben nicht frei ist, macht keinen Spass.

  • M
    mos

    Als Teil der Generation, die zur Wendezeit geboren wurde finde ich mich sehr bestätigt in dem Artikel. Ich selbst komme aus den neuen Bundesländern und lebe in einer Beziehung mit jemanden aus den alten Bundesländern zusammen. Meine Erfahrung in dem Bereich ist, vor allem in meiner Generation, dass nach wie vor krasse Vorurteile existieren, die man leider immer wieder bestätigt sieht. Es wird noch viel Zeit und Arbeit benötigen, um wirklich ein reflektiertes Herkunftsverständnis zu schaffen. Das gilt nicht nur für Ost und West.

  • II
    Icke icke bin Balina...

    Den Staat DDR gibt es nicht mehr. Und das ist auch gut so. Die Erinnerungen werden selbstverständlich bestehen bleiben. Und das ist ebenfalls gut so.

    Wir sind schließlich keine Maschinenmenschen, welche man umprogrammieren kann. Und was sind schon 20 Jahre?

     

    Ich glaube übrigens auch nicht, daß die "früher war alles besser"-Bürger die olle DDR, so wie sie war wirklich zurückhaben wollen. Zumindest kann ich mir das wirklich nicht vorstellen, vielleicht mit Ausnahme einiger selbsternannter Tschekisten im Geiste Erich Mielkes. Mir scheint das insgesamt aber eher eine Trotzreaktion auf die bestehenden Ungleichbehandlung, bzw. beim Lohngefüge.

  • HR
    H. Ross

    Ein viel größeres wirtschaftliches Gefälle gab es noch in den 60er Jahren innerhalb der Bundesrepublik zwischen Nordrhein-Westfalen und zum Beispiel Bayern. Über die Mentalitäts- und Sprachunterschiede dieser beiden Bundesländer wollen mir lieber schweigen, die sind sicherlich größer als die Unterschiede zwischen Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Und ich möchte auch einmal daran erinnern, dass es ein "Deutschland", wie wir es heute verstehen, zum Ende des zweiten Weltkrieges gerade erst einmal 74 Jahre gab. Und es hatte vorher rund tausend Jahre gedauert, bis sich so etwas wie ein deutscher Nationalstaat überhaupt gebildet hat. Noch in der Weimarer Republik gab es in Deutschland regionale, mentale und wirtschaftliche Unterschiede, an denen gemessen die heutigen Differenzen zwischen den neuen und alten Bundesländern geradezu lächerlich gering wirken. Gibt es die DDR noch oder die "Mauer in den Köpfen" – warum warten wir nicht noch einmal 20 Jahre, lassen der Geschichte ihren Lauf und stellen dann fest, dass sich in der Zukunft diese Frage niemand mehr stellt. So wie heute niemand mehr fragt, ob es das "alte" Westfalen oder das "alte" Rheinland noch gibt.

  • S
    Schuh

    Die Frage sollte nicht lauten, "Gibt es die DDR noch?", sondern: "Warum gibt es diese Debatte noch?".

    Es ist ein sehr gespaltenes Thema. Betrachtet man die Um- und Zustände der treuhänderischen Wendezeit, als die Vermögenswerte der DDR-Volkswirtschaft aufgelöst wurden, dann ergibt sich ein äußerst zwiespältiges Bild. Ich kenne Zahlen, Fakten und Berichte von gut laufenden Unternehmen die nach der Wende, Anfang der 90er, neu gegründet wurden und erfolgreich gearbeitet haben. Ihnen wurden trotz voller Auftragslage und schwarzen Zahlen die Kredite verweigert. Dieses Vorgehen wurde unter den westdeutschen Banken abgesprochen und hatte das Ziel den Ostdeutschen Markt für die großen westdeutschen Firmen zu ebnen. Eine himmelschreiende Ungerechtigkeit die dazu führte, dass sich viele in aus der ehem. DDR betrogen fühlen. Auf der anderen Seite haben die ehem. DDR-Eliten sich in dieser Phase Volksvermögen angeeignet und Gelder beiseite geräumt. So gesehen haben sich die DDR-Menschen gegenseitig betrogen. Bin übrigens aus dem Osten.

  • B
    Berliner

    Die DDR als Staat ist passé. Geblieben sind aber gewisse Kulturunterschiede zwischen den Menschen aus beiden deutschen Staaten, wie jeder weiss der Leute aus beiden Gegenden kennt. Ob die Unterschiede wichtig sind... ist mir egal.

     

    Mein Wunsch an die Gesetzgeber: Bitte krempelt die Ärmel hoch und schafft die Unterscheidung zwischen Ost und West in den Verwaltungsvorschriften ab!

     

    Kulturunterschiede gleichen sich nur langsam an, aber nach 20 Jahren können wir immerhin Schluss machen mit dem Konzept "Tarif Ost - Tarif West", auch wenn es Geld kostet.

  • FF
    far from heaven

    natürlich gibt es die ddr noch - das sieht man doch an den einseitigen kommentaren bezüglich sarrazin - die medien erscheinen gleichgeschaltet und kontroverse meinungen werden nicht mal mehr diskutiert ... es besteht also kein grund, sich moralisch über die ddr erhöhen zu wollen!

  • O
    Ottilie

    Wenn jemand mit ausgeprägtem Selbsthaß (ich bin Ossi und hasse die Ossis) über die dummen und faulen Altlasten in den Ostbehörden wettert, könnte man beinahe lachen, wenn solche billige Hetze eines offenbar zu kurz Gekommenen nicht eher zum Weinen wäre. In den Ostbehörden sitzen seit der Wende jede Menge Wessis und zwar nicht immer die Besten und Qualifiziertesten, sondern häufig Versorgungsfälle, die man in den Westbehörden einfach loswerden wollte. Meine Feststellung, die aus eigener Arbeitserfahrung stammt, ist schlicht und einfach: Es gib dumme und faule Ossis, und es gibt dumme und faule Wessis. Am schlimmsten aber ist es nach meiner Erfahrung, wenn sich dumme und faule Wessis und dumme und faule Ossis zusammenfinden. Denn das Ergebnis einer solchen Zusammenarbeit haben dann sowohl fleißige und kluge Ossis als auch fleißige und kluge Wessis gemeinsam auszubaden. Also hören wir doch endlich auf mit diesem Schubladen-Denken, schauen wir in die Zukunft, lassen jedem seine Vergangenheit, und machen wir ganz einfach gemeinsam unsere Arbeit!

  • P
    P.Haller

    Die Frage ist nicht, ob es die DDR noch gibt, denn die ist ja nun mal wirklich weg, sondern ob das Lebensgefühl aus der ehemaligen DDR noch vorhanden ist.

    Und da denke ich: unbedingt !

    Warum sollte es auch nicht so sein ?

    Eine ganze Nation hat schliesslich dort gelebt, ist dort aufgewachsen, hat gepichelt, gefeiert, hatte seine Freunde und Verwandten, und wenn man nicht politisch mehr aufgefallen ist, als hier im Westen, dann konnte man dort auch ganz gut leben.

    So habe ich es zumindest von vielen Freunden, Bekannten und Arbeitskollegen erklärt bekommen.

    Und ich kann auch keinen grossen Unterschied im sozialen Verhalten zwischen Ossis und Wessis ausmachen, ausser dass mir die Ossis in dieser Hinsicht kompetenter erscheinen. Die haben den Sozialismus zwar nicht unbedingt gelebt, aber darüber Bescheid wissen die allemal mehr !

    Und das ist ja auch was.

    Mein Fazit: Die Ossis sind mir eigentlich die lieberen Wessis !

  • O
    Odin

    Eine notwendige Debatte?!

    Ich lebe seit 16 Jahren im Umkreis von Berlin (als ehem. Westberliner mit 15 Jahren BRD-Erfahrung) und finde in einigen Gegenden der vergangenen Täterä mehr Nostalgie als in anderen. Neulich in Mekpom traf ich freundliche, selbstbewußte Menschen, die mehr oder weniger erfolgreich ihr Leben nach der Wende meistern. Sie sind stolz darauf nun mehr zu haben, als zu "DDR-Zeiten". In Sachsen trifft man davon auch Viele. Brandenburg ist ein Problem, und dass Potsdam inzwischen freundlicher erscheint ist nicht nur den Renovierungen und "Umgestaltungen" zu verdanken, die nicht auf der eigenen Wirtschaftsleistung Brandenburgs beruhen, sondern auch einem Lernprozess der Menschen dort. Klar dass Viele, die prekär leben, die schönen Seiten der DDR nostalgisch verklären. Immer noch wird fantasiert, der Sozialismus könnte ihre eigenen Probleme lösen, wenn der Westen ihn nicht niedergemacht hätte. Die Diktatur wird nicht nur von denen verdrängt, die daran Anteil hatten, die Erinnerung verklärt immer die Vergangenheit. Aber die Ungerechtigkeiten der Geschichte, dass nämlich die Bürger in der BRD 40 Jahre auch für den eigenen Vorteil ackern konnten, und die DDRler letztlich für die Staatspleite schufteten, die kann kein Vertrag aufheben. Das braucht mehrere Generationen. Dann erst wird die DDR wirklich ein Teil der deutschen Geschichte, noch ist sie bei Vielen unmittelbare Lebenserinnerung, bei mir ja auch: Ein graues geducktes Land mit kleiner abgeschlossener Elite, wo man während einer Transitfahrt früher mehr kontrolliert wurde als, bei der Einreise in die USA. Ein makabres Schauspiel, als sie zusammenbrach!

  • S
    sandramo

    Dem chinesischen Kommentar ist ja kaum etwas hinzuzufügen. Außer, dass ein aufrecht erhaltener Ost-West-Konflikt den Medien nutzt; so haben sie immer etwas zu berichten. Das passiert manchmal so offensichtlich, wie im taz-Artikel, aber meistens und dafür regelmäßig etwas verdeckter.

    Da lebt man zum Beispiel in Berlin. Das ist eine Stadt. Hat eine Stadtgrenze. Hat eine zentrale Nachrichtensendung, die Berliner Abendschau. Ich sehe sie mir zu Kontrollzwecken alle zwei bis drei Wochen mal an. Dabei fällt mir auf, dass dort zwar viel aus den Stadtbezirken mit ihrer Namensnennung berichtet wird, aber in g r u n d s ä t z l i c h j e d e r Sendung irgendwan der Begriff "im Ostteil der Stadt" oder, um zu beweisen, dass es auch im Journalismus dumme und sprachlich völlig unbegabte Menschen gibt, "im ehemaligen Ostteil der Stadt" verwendet wird. Das zementiert natürlich die Mauer und für die abendschau ist es gut so.

  • FH
    Feng Hao

    Also ich als ein Ausländer habe beobachtet,nachdem ich einen Monat in Jena gelebt habe und inzwischen 2mal nach Bayern(einmal nach Würzburg und Bad Neustadt und einmal nach Bamberg und Rothenburg o.d.T.)gereist bin,dass es den Staat DDR nicht mehr gibt,allerdings gibt es innerliche Grenze.Diese Grenze existiert nicht nur im Kopf mancher Ostdeutschen,sondern auch macher Westdeutschen. Und wer lässt die Grenze bilden? Ich würde die gegenwärtige Bundesregierung,die meist von den Westen gesteuert ist,zeigen. Warum gibt es die Gehaltsungleichheit? warum wurden viele östliche Fabriken nach der Wende geschlossen, sodass nach 20 Jahren der Wiedervereinigung im Osten keine konkurrenzfähige Industrie gibt?

    Eine Jenaer Professorin,die sich für eine gelehrte DDR-Bürgerin hält, hat sehr über das "Besserwissen der Wessis" geschimpft und darüber Witz gemacht. Viele Jenaer sind besonders darauf stoltz, wenn ihr FC Carl Zeiss Jena eine Mannschaft aus dem Westen gewonnen hat.

    Doch gibt es die Grenze im Westen noch mehr. Solcher Film wie "das Leben der anderen" wurde gedreht,trotzdem er sehr gut gemacht ist,aber,was wollen sie die Leute über die DDR wissen lassen? Die DDR, soweit ich weiß, gibt es wohl viele schöne und gute Sachen, warum wurde dies nicht verfilmt?

    Die Antwort ist sehr offenbar, die wollen dem Geschmack der "Abendländer" zutreffen.Weil in den Köpfer solcher Leute sollte die sozialistische DDR so sein müssen.

    Deshalb hat das nichts mit Nostalgie der Ostner zu tun. Sondern geht es darum, dass viele Westdeutsche ihre Landsleute nicht anerkennen. Sie denken, sie haben sie "übernommen". Sie wissen alles besser. Deshalb leben viele Ostdeutsche unter ihrem eigenen "Kreis", als gäbe es DDR noch.

     

    Feng Hao@Tianjin,China

  • E
    Europäerin

    So! Kaum wird ein Debatte geschrieben, sind sie wieder da: die Vorurteile gegen die kapitalistischen Wessis und die kleinbürgerlichen Ossis.

    Anstatt Vorwürfe zu erzeugen und diese noch zu verteidigen, sollten wir lernen, die Geschichte gemeinsam aufzuarbeiten. Denn nur so können die sog. "Gräben" geschlossen werden, Vorurteile aufgehoben werden.

    Es bringt der jungen Generation wenig bis nichts, wenn wir mit den Vorurteilen gegenüber Ossis und gegenüber Wessis aufwachsen.

    Es macht einfach keinen Spass, Sprüche hören zu müssen: "Der Ossi ist schlau, und stellt sich dumm, beim Wessi ist es andersrum!" oder " O! Ganz ruhig, ich hab hier eine Banane!"

    Sollten wir nicht froh sein, dass wir in der Lage sind, über die Vergangenheit zu reden, sie aufzuarbeiten?!

    Alles, was wir können, ist dieses, unser Recht mit den Füßen zu treten.

    Durch Aufarbeiten können wir auch von einander sehr viel lernen, nur nützt alles aufarbeiten nichts, wenn es nur aufgenommen, aber nicht umgesetzt wird.

  • EZ
    Erik Zimmermann

    Selbstverliebte 'Elite' gab es im Osten nicht, Selbst- und Fremdtäuschung war keine Lebensaufgabe. Die Regierung war sparsamer, berscheidener und vermutlich - im Rahmen ihrer Möglichkeiten im kalten Krieg - deutlich verantwortungsvoller. Fairer, gerechter, sicherer. Aber ach -- was nutzt das, wenn keiner etwas anderes kennt, dafür die Werbung aus dem Westen nebst Quelle-Katalogen?

     

    In diesem Land ist inzwischen nicht mal mehr der Besuch der Bibliotheken umsonst, da fallen wir noch hinter die Amerikaner zurück. Die Gier und Verantwortungslosigkeit unserer selbsternannten und selbstverliebten Eliten macht Wandlitz vergessen. Wer will sich über Egon Krenz aufregen, wenn ein Westerwelle Außenminister ist?!

     

    Ein schlechter Tausch -- aber wir wußten es nicht besser.

    Wächst zusammen was zusammengehört? Demnächst im Ein-Euro-Sozialismus von Merkel/Schröder. Aber nicht ganz: Die Elite ist Westdeutsch, die vermögenden Westler bleiben unter sich. Spricht auch wieder nur für die Ossis.

     

    Banker in den Tagebau! Nebst der ganzen Bagage, die meinen verhaßten Stabülehrern jeden Tag aufs Neue und mit Nachdruck recht gibt!

     

    Achja: Demokratie: Das eigentliche Machtzentrum ist die Wirtschaft, und deren Führung stellt sich keiner Wahl. Ergo: die DDR war demokratischer, da sie dem einzelnen mehr Möglichkeiten zur Teilhabe ließ. Wie demokratisch es hier zugeht, kann man an vielen Beispielen bewundern. Stuttgardt 21 ist ein harmloses, das zeigt, daß der Wille der Bürger nichts zählt.

    Das ist neu für den Schwaben - so ist dort also das Tal der Ahnungslosen.

  • L
    Levi

    An den Wessi in Berlin wahrscheinlich hat sie einen Scherz gemacht!!ich als Ostberliner , arbeite in einer traditionellen Westdeutschen Firma und die Seilschaften hier sind aber nicht ohne ! Das ist immer ärgerlich!! Die DDR war eine Diktatur und es galt sie anzuschaffen, aber sie war auch Heimat, Kindheitserinnerungen, Jugend ... usw. Das wir diese Erinnerungen schützen und lieben ist ausgesprochen normal !

  • J
    Jakob

    Westdeutschland gibt es doch ueberhaupt nicht. Sind Hamburg oder Bayern Westdeutschland? Ich komme urspruenglich aus Duisburg, das ist tatsaechlich im Westen und die Arbeitslosigkeit steht der in Ostdeutschland in nichts nach. Vorurteile haben wir hier gegen Bayern, gegen Norddeutsche, Hessen, Berliner, alles, was es so gibt und seit ich in Hannover wohne (was fuer mich nicht der Westen ist) habe ich selber genug Stereotype ueber das Ruhrgebiet gehoert. Ebenso ueber Hannover. Alles relativ. Ohne Fakten zu haben meine ich mich zu erinnern, dass die Arbeitslosigkeit in bspw. Bayern deutlich niedriger ist als im Ruhrgebiet, ueberhaupt Bayern - _da_ ist ebenfalls eine Grenze zum Restdeutschland in den Kopefen. Interessiert aber nicht genug fuer Schlagzeilen und ein bisschen Lokalpatriotismus und Staedtebashing, egal ob jetzt gegen Duesseldorf oder Braunschweig, ist doch auch was ganz gesundes.

  • F
    Fuchs

    Ich habe meine Jugendzeit in der DDR verbracht und dort auch meine berufliche Entwicklung begonnen. Rückblickend würde ich diesen Staat als "vormundschaftlichen Staat" charakterisieren, wie es Rolf Henrich einst so treffend ausgedrückt hat.

     

    Die Erinnerung an die Vergangenheit mit ihren guten und schlechten Seiten gehört zu meinem Leben. Meiner Meinung nach wird das auch von den meisten Menschen im Westen akzeptiert.

     

    Manche Menschen sind halt engstirnig, andere sind offen. Ich würde mir wünschen das von Seiten der Medien nicht immer wieder die alten Klischees aufgewärmt werden. Die Menschen sollten sich so akzeptieren wie sie sind! Wir können uns glücklich schätzen in der Mitte Europas in Frieden und relativen Wohlstand zu leben.

  • G
    Gergro

    Vorweg ein Gedicht, welches kurz nach der Wende in der Satirezeitschrift "Eulenspiegel" veröffentlicht wurde, geschrieben von einem mir flüchtig persönlich bekannten Autoren:

     

     

    Ratschlag für Versager

     

    Nun Ossi, geh und scheffle Geld.

    Sei nicht so schlapp und faul!

    Du hast dir doch nicht vorgestellt,

    man stopft es dir ins Maul?!

     

    Denn Geld ist das was alle wolln,

    drum reicht es auch nicht zu.

    Wenn welche leer ausgehen solln,

    dann andere - nicht du!

     

    Um andre kümmere dich nur,

    wenn's ein Geschäft verspricht.

    Was dir nicht selber widerfuhr,

    sei deine Sorge nicht.

     

    Hau deinen Nächsten übers Ohr,

    nimm, was du kriegst, geschenkt.

    Nur beim Finanzamt sieh dich vor.

    Da ist man schnell gekränkt.

     

    Und wenn dir wer im Wege steht,

    dann stell ihn schleunigst kalt.

    Mit List und Lächeln, wenn es geht.

    Wenn's nicht geht - mit Gewalt!

     

     

    Ich habe diesen Ratschlag nicht befolgt und wahrscheinlich viele, viele andere 'Nostalgiker' auch nicht. In diesem Sinne existiert die DDR für mich noch.

     

    Gergro

  • AN
    Arno Nühm

    Fallbeispiel

     

    Als "ewiger" Ruhrpottler (ca. Jg. 1960) bin ich 2008 nach Köln "gekommen". Mein Arbeitskollege: ein nach (Internet-) Bekanntheit/Berühhmtheit süchtiger, den einen Tick zu doofer, und insbesondere ekelhaft mobbender "Kollege" aus Halle/Saale. Zuvor hatte ich den US-amerikanesierten westdeutschen "Rechtstaat" durch Misshandlungen als Angestellter von 1&1 (die detaillierte "selbst"zensierte Beschreibung werde ich bald wieder online setzen [nach "1&1" und "danicht" googlen]) kennen gelernt. Jetzt, so wie es dass Schicksal will, bin ich in der mdr-Stadt "am malochen". Auch hier die unsichtbaren Misshandlungen am Arbeitsplatz.

     

    Auf meiner Freiheitskarte sind 2 Erledingungen notiert:

    1. DDR (ist schon durchgestrichen)

     

    p.s.: Warum nur denke ich immer an Politiker und Kapitalisten, wenn ich Wände sehe?

  • H
    Henne

    nur am Rande und ohne aufrechnen oder vergleichen zu wollen: ich hoffe sehr, dass Du, lieber Wessi_in_Berlin, mit dem gleichen Eifer Deine Eltern und Großelterngeneration nach deren Rolle im dritten Reich befragt hast. War das Ergebnis ähnlich enttäuschend?

  • I
    icke

    ich wurde in der ddr geborne und habe dort mit 18 jahren die wende erlebt.

    für mich wird es die ddr immer geben - wie soll ich mir sonst meine kindheit erklären? diese wird niemals in die brd portiert werden können: einfach, weil sie eine reales erlebnis war.

     

    für mich hat damit die diskussion, ob es die ddr in den köpfen noch gibt und die daran anknüpfende frage, "wann das nicht endlich mal aufhört" (bezogen auf alle menschen, die einen teil ihres lebens in der ddr gelebt haben bzw. leben mussten) etwas höchst zynisches: es beinhaltet an mich die aufforderung, teile meines lebens aus dem gedächtnis zu tilgen – oder als „ewiger ossi“ (mit allen damit verbundenen vorurteilen … ausgiebig im artikel erwähnt) dazustehen!

    ich frage mich, wann diese diskriminierung endlich mal aufhört. In der brd plögt jeder sofort und immerwährend nach gleichberechtigung, antidirkriminierung. Aber wenn jemand in der ddr geboren wurde und seine herkunft nicht verleugnet, wird ihm diese herkunft (und die daran geknüpften vorurteile) regelmässig vorgehalten – am „besten“ noch gewürzt mit dem subtilen unterton: ja, ja, jeder „ossi“ war ja irgendwie „stasi“.

  • F
    Frank

    @andrea: Ich komme aus dem Osten und hasse Ossis wie Sie. Menschen, die ein reines Gewissen haben, hatten übrigens noch nie Probleme, irgendwem, auch wenn er aus dem Westen kam, ihre Vergangenheit offen zu legen. Betroffene Hunde allerdings bellen.

     

    I.Ü. ist man im Westen noch viel zu wenig kritisch ggü. der DDR. Eigentlich müsste es auch für uns eine Aufarbeitung geben, wie sie im Westen im Zuge der 68er Bewegung passiert ist. Da wir aber nicht mehr unter uns sind, sondern glücklicherweise in die Bundesrepublik aufgenommen, wird das nicht passieren.

    Ein junger Mensch aus dem Westen hat nämlich besseres zu tun und viele Ost-Kinder glauben das Gewäsch von ihren nicht ganz sauberen Eltern sodass einerseits kein emotionaler Druck da ist und andererseits es am Konsens zum Thema Unrechtsstaat mangelt. Daher wird es leider zu keiner starken Protestbewegung gegen die Altlasten, die hier noch immer überall in den Behörden (und Bildungseinrichtungen!) rumsitzen und dumm und faul sind wie früher ("Arbeiter und Bauern" - haha), kommen. Bleibt nur, auf persönlicher Ebene sich auszudrücken.

  • N
    Ndege

    Also ich komme aus Niedersachsen und studiere jetzt in Jena. Bei den Studenten, die hier studieren und auch aus dem Osten kommen, kann ich jedenfalls keine der angesprochenen Gräben entdecken.

  • R
    Rheinschiffer

    Als Westler mit Ostverwandschaft war ich 1992 zuletzt drüben, so bleibt in meinem Kopf die DDR mit all ihren Vor- und Nachteilen. Jetzt fahr ich bewußt nicht mehr hin, dass Elend dort hab ich hier schließlich auch, keine Konsumoase mehr!

    Was ich schade finde: Viele Ossis jammern heute über den bösen Westen, ich habe die DDR-Bürger als politisch interessierter in Erinnerung, hätten sie nicht ahnen können wo die Reise nach dem Mauerfall hingeht?

    Und komm mir bitte keiner mit dem Tal der Ahnungslosen, ich habe von 1964 bis 1989 in der DDR keine Ahnungslosen kennengelernt, höchstens schonmal dumme, aber die gibt es überall!

  • A
    Andrea

    Was mich anbetrifft, nervt es mich, dass das Kriterium für erfolgreiche oder "wirkliche" Vereinigung die völlige Anpassung der Ostdeutschen an westdeutsche Verhältnisse sein soll. Dazu kommt, dass einem als EX DDRler vorgeschrieben werden soll, was man über die DDR zu denken hat und sich diesbezüglich der "Deutungshoheit" des Westens und sog. "Bürgerrechtler" unterwerfen soll. Danach ist DDR ausschließlich Unrecht, Diktatur, Unfreiheit, Stasi und Bananenmangel. Und jeder EX DDR Bürger hat jedem x-beliebigen Wessi Rede und Antwort zu stehen über sein Leben in der DDR nach dem Motto: Schwöre ab!. Das ist auch eine Form von Dkitat(ur). Man sollte sich nicht wundern, wenn dann die "Ossis" ihre Identität verteidigen indem sie in DDR Verteidigung verharren. Für eine wirkliche, ideologiefreie Vereinigung fehlt es offenbar den meisten Deutschen aus Ost UND West an Niveau und Stil (und bei 75% Westdeutscher, die noch nie im Osten waren, offenbar auch das Interesse).

    P.S. was die in den Beiträgen beklagte ostdeutsche Spießigkeit anbetrifft, da kann ich aber auch einiges aus dem Westen vorweisen, die Spießigkeit im Westen ist auch nicht gerade vom Aussterben bedroht.

  • ID
    IMarkus D

    Mich stört an diesem Thema am meißten, dass so getan wird als ob es die Trennung nie gegeben hätte. Was sollen 60 Jahr Feiern zu Bundesrebuplik? Es gab 40 und 20 Jahre. Als ich gelesen habe, dass der Grenzübergang Drei-Linden versteigert wird kamen mir von Westseite aus schon nostalgische Gefühle, ich fand es immer spannend mit dem Auto nach WestBerlin (heul) zu fahren, insofern vermisse ich die DDR schon. Ich fand die Welt zu Ost-West Zeiten spannender und ehrlicher.

    Vielleicht gehörten Ost und West gar nicht mehr zusammen? Aber damals haben alle geschlafen.

  • JM
    John McMalcom

    Wenn ein 1989 geborener Thüringer bei seiner Bewerbung bei der Bundeswehr angeben und überprüft werden muss, ob er im MfS (Stasi) tätig war, ist meines Erachtens nicht der Wessi oder der Ossi daran Schuld, oder gar eine Mauer die einmal stand, sondern die Politik. Hier wurde kategorisch mit Beginn der Wende versäumt, die Vergangenheit aufzuarbeiten.

     

    Erst Anfang diesen Jahres wurden im Dienstleistungssektor Mindestlöhne gesetzlich verankert und auch dort gibt es 20 Jahre nach dem Mauerfall noch immer Unterschiede zwischen Ost und West. Wer legt die fest? Nicht das Individuum oder das "kollektiv" sondern die Politik.

     

    Sicher, ich mache es mir da einfach zu sagen, die Politik sei an allem Schuld. Aber wenn sie es nunmal ist?

     

    @Wessi_in_Potsdam: Diese These ist komplett aus der Luft gegriffen. Oder kannst du sie stichhaltig beweisen? Viele Ostdeutsche standen dem Regime in nichts näher, als es die Westdeutschen der heutigen Politik gegenüber tun. Die erwähnte Nostalgie hat mehr mit dem Gefühl, übergangen worden zu sein zu tun und als mit Regimenähe.

     

    Guten Tag.

    John McMalcom

  • A
    aka

    Die DDR gibt es wohl nicht mehr, aber die Verbitterung darüber, dass wir uns geblendet von Versprechungen und Einheitsgetümel "aus Versehen" die eigene Revolution, das eigene Land haben nehmen lassen - die ist im Osten allerorten recht gross. "Treuhänderische Verwaltung" - wenn es nicht so zum heulen wäre, wärs eine echte Lachnummer!

  • WI
    Wessi in Potsdam

    Die Ossi-Identität wird um so stärker betont, je näher die Menschen dem Regime standen. Unter ehemaligen SED-Mitgliedern hatte ich oft den Eindruck das der kulturelle Abstand größer ist als zu allen anderen Menschen, denen ich bisher, auch im Ausland begegnet bin. Dort wird allgemein eine starke Xenophobie gepflegt.

  • HM
    Horst Müller

    Mein Bruder hat hier in München bei einer Zeitarbeitsfirma am Bau gearbeitet und ein Arbeitskollege aus dem Osten hat für die gleiche Arbeit nach "Ost-Tarifvertrag" 4 Euro / h weniger bekommen. Sowas mag vielleicht Sinn machen, wenn man nicht die teuren Mieten in München zahlen muss, aber der hat ja auch hier gewohnt, in der Zeit als er hier gearbeitet hat.

     

    Daher find ichs eine himmelschreinende Ungerechtigkeit 2 Menschen für die gleiche Arbeit nicht das gleiche Geld zu geben. Solange so krasse Unterschiede bestehen wird das auch nichts mit einer vollständigen Wiedervereinigung.

  • F
    Fred

    Die DDR existiert noch, allerdings nur als negative, wie positive Utopie; auf der einen Seite die Idee des Unrechtsstaates, der über Stasi und Grenzposten seine Bevölkerung verfolgt, bespitzelt und unterdrückt; Auf der anderen Seite der perfekte Staatssozialismus, in dem es keine Armut, dafür Gerechtigkeit und Solidarität gab.

    Diese Ideen finden sich allerdings nur in den Köpfen der Generation der "Kalten Krieger" wieder. Zumindest meinen Erfahrungen nach gibt die Spaltung in Ost und West in der Generation unter 25 wenig bis gar nicht.

  • CI
    Carlo Ihde

    Den Osten wird es als Kontrastfolie geben, solange es Menschen gibt, die sich von deren Existenz eine Vorlage zum Erträumen "anderer" Zustände erwarten. Uns kann es noch so gut gehen, überreicher Luxus würde nicht alle Menschen je so zufrieden stellen können, dass sie nicht doch noch eine längst vergangene Zeit wehmütig überhöhen, in der "doch" "nicht alles" "soooo" "schlecht" gewesen sei, auch wenn diese Beschreibung realitätsfern wird. Man kommt ja eh nie mehr in die Verlegenheit, die vergangenen Zustände zurück zuholen und real konsequenzhaft werden zu lassen. Daher träumt es sich so losgelöst von jeglicher Realität. Den Osten wird es als Kontrastfolie solange geben müssen, wie es passive Menschen gibt, die sich nicht wirklich in die BRD eingefunden haben, aber die Aufgabe nicht bei sich sehen, an ihrem Unbehagen selbst und politisch produktiv etwas zu ändern. Diese Passivität des Ostbürgers war damals sein Schutzverhalten zum gesellschaftlichen Überleben, dieses Verhalten sollte sich aber heute selbst überlebt haben.

  • W
    Weimaraner

    Selbstverständlich gibt es sie noch! Nicht offiziell und politisch anerkannt natürlich, aber entscheidend ist doch, was die Menschen empfinden.

    Ich als im "Westen" lebender "Ossi" bekomme das fast täglich zu spüren. Und, mal ganz ehrlich: es war doch nicht alles schlecht an der DDR, oder?!

    :-) :-) :-)

  • W
    Wessi_in_Berlin

    Als ich vor nach Berlin gezogen bin, hätte ich die Frage, ob es die "DDR noch gibt" sicher mit Nein beantwortet. Inzwischen habe ich nach mittlerweile sieben Jahren in ("Ost"-)Berlin hier eine differenziertere Meinung. Es gibt nicht die DDR noch, das nicht, aber es gibt viel zuviel der Denke, durch die das Land und die dort sozialisierten Menschen geprägt wurden.

     

    Das geht von einer zunehmnenden Überbetonung des Kollektivs und einer Unterdrückung des Individuums bis hin zu Kolleg_innen aus dem ehemaligen "Osten", die sich etwa darüber ereifern, dass "es doch nicht sein" könne, "dass hier keiner kontrolliert, was in der Zeitung geschrieben wird"

     

    Das schließt akademisch gebildete Ostdeutsche ein, die, obwohl sie zu Wendezeiten keine zehn Jahre alt waren, jetzt noch (oder wieder) der Meinung sind, man solle "mal damit aufhören, immer wieder Gräben aufzureißen" oder die "Sache mit der DDR" mal "gut sein lassen".

     

    Das sind ehemalige Ost-Seilschaften, die in bestimmten Branchen und Bereichen auch und gerade des öffentlichen Dienstes in Berlin noch fröhliche Urständ feiern, ohne sich jemals zu ihrer Rolle und Vergangenheit in der DDR erklärt zu haben (ich als in den Siebzigern geborener Westdeutscher musste dagegen schon zweimal erklären, nie etwas mit dem MfS oder seinen Organen zu tun gehabt zu haben).

     

    Nicht zuletzt ist es für mich ein schwer zu ertragender Gedanke, dass die aktuelle Bundeskanzlerin sich noch nicht abschließend zu ihrer Rolle in der DDR erklärt hat.

     

    In vielen Bereichen hat man den Eindruck - und viele Bekannte und Kollegen aus dem "Osten" bestätigen mir dies, dass es eine Renaissance der Unfreiheit, des Mißtrauens und der Denkverbote gibt, wie man sie mit dem Ende der DDR überwunden glaubte.

     

    Oder, wie eine sonst geschätzte Ost-Kollegin mir mal sagte: "Glaubst du wirklich, IHR hättet UNS 'übernommen'? Es ist genau andersrum."

     

    Man google mal den Essay von Biller "Deutsche deprimierende Republik" - dem ist nichts hinzuzufügen...

  • N
    nordlicht

    ich habe einige jahre als westdeutsche in potsdam gelebt und habe irgendwann einsehen müssen: die mauer ist nicht mehr da. aber an ihrer stelle ist ein graben gezogen. er ist breit und er ist tief. aber dieser graben ist unsichtbar. deswegen bin ich ein paarmal reingeplumpst, habe mir einige blessuren zugezogen, solange, bis ich mir eingestehen musste: hier gehörst du nicht hin. ich kannte ost- und west-berlin, wegen familienbanden. dachte, die ddr ist überwunden. aber nachdem ich dort, in potsdam nach dem mauerfall gelebt habe, bin ich zu dem schluss gekommen: die provinzielle kleinbürgerei hat überlebt.

    p.s. die sachsen unterscheiden sich aber ganz erheblich von den ollen preußen. viele habe ich als ausgesprochen offen und humorvoll erlebt, auch die älteren. die damalige geografische distanz zur parteizentrale mag da auch ne rolle spielen ...

  • OR
    Oliver Rau

    @uli moll: Da muss ich widersprechen. Als (gebürtiger) Frankfurter (das am Main) lebe ich eben nicht in Hessen, sondern in Frankfurt am Main. Gefühlt verbindet mich mehr mit Berlin, Hamburg oder Köln als mit Fulda, Kassel, Höchst im Odenwald oder dem Rest von Hessen. Sollte ich mich kategorisieren, so bin ich an erster Stelle Frankfurter, dann Europäer, dann Deutscher, zur allergrößten Not noch als Einwohner des Rhein-Main-Gebietes (was ja nichts anderes ist als Frankfurt mit seinen Schmarotzergemeinden drumrum). Wenn ich mich als eines nicht fühle, dann als Hesse.

     

    Zur im Artikel aufgeworfenen Frage wird es für mich die DDR als Erinnerungsposten immer geben, so lange ich lebe, so wie die D-Mark, schließlich bin ich mit beidem aufgewachsen. Das hat nichts mit Nostalgie zu tun, ich will beides nicht wieder haben, aber ich kann und will auch nicht so tun, als hätte es sie nie gegeben.

  • JJ
    Joseph Jungfleisch

    Nicht nur Arbeitslosigkeit, auch Geburtenrate, Durchschnittsalter, Lebenserwartung, Konsumverhalten, Wohnungspreise, Ärztedichte, Geschlechterverhältnis und wahrscheinlich sogar Schuhgröße scheinen sich feinsäuberlich an der ehemaligen Grenze entlang zu trenne...

  • UM
    uli moll

    reine Ablenkung: Kein Deutscher lebt in Deutschland, sondern in Hessen, Westfalen oder Bremen - ganz Unglückliche auch in Bayern oder der Oberpfalz

    Wer versucht, mit einem rheinischen Akzent in Berching ein Bier zu bestellen, dem geht es nicht anders als in Naumburg - wenn auch das Bier vielleicht besser ist.

    Einzig die Bildungsmisere eint das Land, dessen Bewohner oft nicht mal die Bundesländer aufzählen können - und daher verkürzt von "Osten" oder "Westen" reden