piwik no script img

Streit der WocheMüssen wir Angst vor dem Designer-Baby haben?

Spätestens im Januar soll der Bundestag über ein Gesetz zu Präimplatationsdiagnostik abstimmen: sinnvolle Hilfe für werdende Eltern - oder der erste Schritt zur Genselektion?

Perfekte Babys? Gibt es doch schon! Bild: mathias the dread / photocase

Die Präimplantationsdiagnostik soll es wahrscheinlicher machen: das gesunde Kind. Eltern können Erbkrankheiten schon im voraus erkennen, indem sie die Gene des künstliche erzeugten Embryos, noch bevor es in die Gebärmutter eingesetzt wird, im Reagenzglas untersuchen lassen - und dann entscheiden, Kind austragen oder nicht.

Nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel sich kürzlich für ein Verbot dieser Methode aussprach, plädierten nun Arbeitsministerin Ursula von der Leyen und Familienministerin Kristina Schröder (beide CDU) für eine Zulassung der Präimplantationsdiagnostik in Fällen schwerer erblicher Vorbelastung der Eltern.

Nicht nur die CDU ist geteilter Meinung. Durch alle Parteien hindurch gibt es Befürworter und Gegner von Gentests von Embryos. Das Verfahren ist in vielen europäischen Ländern seit fast 20 Jahren erlaubt. In Deutschland hatte der Bundesgerichts im Juli die Präimplantationsdiagnostik als vereinbar mit dem Embryonenschutzgesetz erklärt und das Verfahren damit zugelassen. Nun will der Bundestag Genaueres regeln.

Befürworter der Methode argumentieren, dass den Eltern viel Leid erspart werden könne, da die Gefahr einer Fehlgeburt bei Embyonen mit Erbkrankheiten deutlich höher sei. Ohnehin sei seit Jahren die Pränataldiagnostik im Mutterleib erlaubt, also eine Untersuchung während der Schwangerschaft, um festzustellen, ob das Kind eine Behinderung hat. Wenn das der Fall ist, ist eine Schwangerschaftsabbruch in einigen Fällen sogar bis kurz vor der Geburt möglich.

Viele Gegner der Präimplantationsdiagnostik sehen die Methode jedoch mit Sorge. Für sie ist das erst der Anfang einer Entwicklung: Erst würde nach Erbkrankheiten gefahndet, dann möglicherweise auch nach anderen Kriterien selektiert. Nach Geschlecht möglicherweise? Kommt dann der perfekte Mensch aus der Retorte – mit allen gesellschaftlichen Konsequenzen, die das hat?

Was meinen Sie: Muss man Angst vor dem Designerbaby haben?

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • Q
    Querulant

    Die Dystopien wie "Schöne neue Welt" von Aldous Huxley und andere ähnliche Werke werden in irgendeiner Form Realität...

    Früher oder später werden wir eine Oberschicht aus genetisch modifzierten "Leistungsträger" haben und eine Unterschicht mit miderwertigen da zufälligen und nicht perfekten Genkombinationen.

  • E
    Ellipirelli

    Richtig,die Technik ist da und wir selektieren ja jetzt schon Föten z.B.in der 25.Schwangerschaftswoche raus, wenn sie z.B.das Down-Syndrom haben. In diesem Alter zu früh gesunde Geborene kommen dann in den Brustkasten, während die anderen, die schlechten ,eine Spritze mit Kaliumchlorid ins Herz kriegen und dann beginnt die Abtreibung.(Man kann ja wohl kaum von Geburtseinleitung sprechen) Also, warum aufregen über einen Haufen Zellen mit Menschpotential, bei dem nur die "Guten" eingepflanzt werden......

    Ich kann nur jeder Frau und jeder Schwangeren empfehlen, denkt darüber nach ,wie Euer eigener Standpunkt ist, wenn ihr mit der ganzen Pränataldiagnostik beglückt werdet.

  • B
    Branko

    Es WIRD kommen.

     

    Die langfristigen Folgen sind genauso absehbar, wie unser eingebildetes Verständnis über diesen homo-manuellen Eingriff in die Evulotion - nämlich gar nicht.

     

    Aber es wird kommen.

    Und es passt auch so schön ins Gesamtbild zu der jüngst veröffentlichten Studie der Heinrich-Böll-Stiftung.

    Da werden sich dann die aus reichem Elternhaus, die sich eine synthetisch-genetische Auslese leisten können gegen alle anderen durchsetzen.

    Sie glauben doch nicht, daß das für Alle erschwinglich sein wird oder gar von den gesetzlichen KK übernommen wird *lach* - sicher nicht!

    Arbeiterkinder, die in Liebe gezeugt wurden, werden chancenlos ganz, ganz unten bleiben.

    Mit Arbeit, Fleiß und Kompetenz hat das Alles nix zu tun!

     

    Und wer wird's einführen?

    Richtig.

    Die CHRIST-Demokraten mit den Propagandisten der 'Leistungsträger'!

  • JS
    Jörg Schäfer

    Als Mensch mit Behinderung - der sicher als schwerbehindert bezeichnet werden darf - macht mir diese Diskussion Angst. Ich habe zugegebenerweise mehr Fragen als Antworten:

     

    Warum muß "Leid" verhindert werden? Wessen Leiden muß denn da verhindert werden? Gibt es ein Recht auf ein gesundes Kind?

     

    Sicher muß es das Recht auf Abtreibung geben - aber: hat nicht auch der Fötus - als werdender Mensch ein Recht auf Leben?

     

    Meine Mutter, die mich sehr liebt, sagte einmal: "Hätte ich gewußt, daß Du behindert bist, hätte ich Dich abgetrieben."

     

    Sie und ich (und nicht nur wir beide) sind froh, daß es anders gekommen ist: Denn gegenseitig bereichern wir unser Leben in dieser Gesellschaft durch diese nicht gewünschte aber wertvolle Erfahrung dieses bunten und nicht vorhersehbaren Lebens.

  • T
    T.V.

    Menschen lernen auch an den Fehlern anderer Menschen, Krankheiten sind solche Fehler. Will man also Menschen eine Chance nehmen zu lernen, indem man Erbkrankheiten angeblich eliminiert?

     

    Nicht nur daß dadurch vermutlich die Chance auf andere Krankheiten steigt, das ist der erste Schritt einer Entwicklung die Androiden schaffen will, denen man vorheuchelt sie seien Menschen.

  • N
    Normalo

    Wer seinerzeit "Gattaca" gesehen und gemerkt hat, dass dieser Film keine echte Fiktion sondern zu Ende gedachte Realität war, der wird sich nicht wundern:

     

    Was machbar ist, wird auch gemacht.

     

    Vielleicht nicht überall und vielleicht nicht von Allen. Aber sobald sich herausstellt, dass die Genselektion den Eltern die Angst vor Problemkindern nimmt, den Kindern das Fortkommen im Leben erleichtert und sich die Marktverhältnisse zulasten der natürlich gezeugten Exemplare entwickeln, wird der Trend unaufhaltsam. Wer sich heute nur mal die Frauen von Hollywood anschaut, sollte sich eigentlich klar sein, dass all das Geschwätz von Authentizität und wahrer, natürlicher Schönheit leider keine Butter aufs Brot bringt und deshalb in der realen Welt heiße Luft bleibt. Dasselbe wird mal für Individualität und die natürliche Bildung der eigenen Gene gelten.

  • EI
    Eugen Icke

    Die Frage ist: wollen wir eine Gesellschaft, in der nur gesunde Individuen leben. Wenn ja, dann geht kein Weg vorbei an dieser sanften Form der Eugenik.

     

    Aber die Frage ist für Eltern, die persönlich betroffen sind, natürlich viel wichtiger. Wollen wir auch ein krankes Kind? Diese Entscheidung gehört sicherlich zum Grundrecht der Selbstbestimmung, und niemand kann es Eltern verübeln, die nicht bereit sind ihr eigenes Leben der Pflege eines behinderten Kindes zu widmen.

     

    Andererseits ist aber auch die langfristige Entwicklung zu bedenken. Die Fortschritte in der Genetik werden es nach und nach ermöglichen immer mehr erbliche Defekte schon vor dem Austragen des Embryos zu identifizieren. Und wo ist hier die Grenze zu ziehen? Ein Kind, das an Trisomie21 leidet kann sicherlich als schwer behindert bezeichnet werden. Aber wie steht es mit Blutern? Wie mit Diabetes? Und wie mit einem allgemeinen Krebsrisiko?

     

    Diese Grenze zu ziehen bedeutet nichts anderes, als eine politische Entscheidung zu fällen, wann es sich um "unwertes" Leben handelt. Jedem Deutschen müssten da die Haare zu Berge stehen.

     

    Und wie weit die Möglichkeiten der Diagnostik gehen werden in sagen wir mal 10 oder 20 Jahren wagt niemand vorherzusagen.

     

    Letztendlich gibt es hier nur einen einzigen Weg, der sowohl den Wünschen der Bürger und den Möglichkeiten der Medizin gerecht wird als auch die Schwelle zur staatlichen Eugenik unangetastet lässt. Und dieser Weg ist die Freistellung der persönlichen Entscheidung. Man darf Eltern nicht vorschreiben, mit welchen Genen sie ihr Kind zur Welt bringen dürfen oder nicht. Ebensowenig darf man aber verbieten, die Möglichkeiten der modernen Medizin zu nutzen.

     

    In diesem Sinne sollte Präimplatationsdiagnostik erlaubt, aber nicht gesetzlich vorgeschrieben sein. Ausschlaggebend sollte in jedem Fall die (aufgeklärte) Entscheidung der Eltern sein. Dazu gehört auch das uneingeschränkte Recht auf Abtreibung, was ebenso zur Selbstbestimmung der Frau gehört, wie die Entscheidung ein krankes Kind dennoch auszutragen.

     

    Schließlich geht es hier darum, Leid zu verhindern. Und nicht eine genetisch optimale Gesellschaft zu schaffen.

  • V
    vantast

    Genselektion? Fängt schon bei der Auswahl der Frau/des Mannes an. Und der Familie, deshalb unbedingt die richtigen Eltern aussuchen.

  • TH
    Thorsten Haupts

    Eine völlig sinnlose Debatte. Die Technik ist da, ihre Anwendung verstösst nicht gegen Menschenrechte, sie trifft auf den verständlichen Wunsch besorgter Eltern. Ergo wird sie angewandt werden, was auch immer Weltuntergangspessimisten an Einwänden einfällt.

  • E
    EnzoAduro

    Wichtig ist nur das die Kasse es bezahlt. Dürfte sich langfristig lohnen. Bei einigen gesellschaftlich wichtigen dingen sollte man quoten setzen. Also sollte die Geschlechterselektion nur dann erlaubt sein wenn die Geburtsstatistik im Gleichgewicht bleibt. Warum sollte ein Paar das ein Mädchen will ein Jungen bekommen müssen??