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Streit der Woche"Ein Verwaltungsakt, kein Wunder"

Wenn etwas Übersinnlich erscheint, sei das lediglich ein Anlass weiterzuforschen, sagt der Fernseh-Physiker Harald Lesch. Ein Bischof dagegen verteidigt die Kirche.

Am 1. Mai soll Papst Johannes Paul II. selig gesprochen werden. Bild: reuters

Berlin taz | Dass Papst Johannes Paul II. nach seinem Tod eine Nonne von der Parkinsonkrankheit geheilt hat, hält der Theologe Gotthold Hasenhüttl für "höchst fraglich". "Diese mythische Wundervorstellung ist theologisch falsch und abzulehnen", schreibt der ehemalige Priester, der aus der Kirche ausgetreten ist, im aktuellen Streit der Woche der sonntaz.

Papst Johannes Paul II. habe sämtliche innerkirchliche Erneuerungen unterdrückt und dadurch eine kirchlich-machtpolitische Manipulation unterstützt, so Hasenhüttls Vorwürfe. Johannes Paul II. soll am 1. Mai vom Vatikan selig gesprochen werden, weil er die Frau geheilt habe.

Auch der Astrophysiker und Fernsehmoderator Harald Lesch sieht die Seligsprechung des Papstes skeptisch. Er halte sie nicht für ein Wunder, sondern "vielmehr für einen bloßen Verwaltungsakt der katholischen Kirche". In der Naturwissenschaft würden übernatürliche Ereignisse "grundsätzlich ausgeschlossen". Wenn es Forschungsergebnisse gäbe, die man als Physiker nicht verstehe, sei das lediglich Anlass dafür, weiterzuforschen.

Bild: taz

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Die katholische Kirche sieht das naturgemäß anders. "Die kirchlichen Kriterien für die Anerkennung von Heilungen als Wunder sind klar und übersichtlich", schreibt der Bischof von Würzburg Friedhelm Hofmann der sonntaz. Wer Wundern nicht traue, könne sich im Marienwallfahrtsort Lourdes selbst überzeugen – dort werde jede Heilung dokumentiert und sei öffentlich zugänglich.

An die kleineren Wunder im Alltag glaubt Lutz Nehk, Pfarrer an der Katholischen Schule Liebfrauen in Berlin-Charlottenburg – und verweist auf Katja Ebstein, die mit ihrem Schlager "Wunder gibt es immer wieder" beim Grand Prix 1970 immerhin den dritten Platz erreicht hat. Was die größeren Wunder angehe, da könne sich ein Theologe entspannt zurücklehnen: "Eine Heilung als Wunder zu erklären ist nicht seine Sache, sondern die der Mediziner."

Aiman Mazyeks Antwort fällt kritischer aus. Zwar meint der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Gott sei der Schöpfer des Kosmos und könne damit auch über ihn walten – im Koran ist diese Eigenschaften mit den Worten "Kun fa ja kun" umschrieben: "Er (Gott) spricht: Sei und so ist es!" Allerdings lägen Wunder vorangegangener Propheten, wie Jesus' Fähigkeit kranke Menschen zu heilen, in der Vergangenheit. "Diese Art von Wunder hat keinen Wiederholungscharakter."

Im Streit der Woche der aktuellen sonntaz diskutieren außerdem Bernhard Wunderlich, Physiker und Rapper der Gruppe Blumentopf, der Vorsitzende des Deutschen Astrologenverbandes Christoph Schubert-Weller und taz.de-Leser Peter Neuhaus.

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9 Kommentare

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  • B
    Ben

    @eva

    auch die Kirche ist ein Verteidiger der Atomkraft, auch sie hat geholfen uns dahinzubringen wo wir sind. Das wäre doch ein Wunder wenn es zu strahlen aufhören würde, nur mal so ne Idee für die nächste Seeligsprechung.

  • TD
    tyler durden

    Theologie [eigentlich ein Oxymoron an sich] geht auch nur nach Regeln und Konventionen vor die sie sich selbst, wenn auch teilweise vor längerer Zeit, gesetzt hat - die Theologen und gläubigen mögen das natürlich anders sehen.

    Selbstverständlich normieren und schränken diese Regeln deren Arbeitsweise und -Bereich ein.

    Die Theologen haben genauso keinen Plan von nichts und können das was Physiker nicht erfassen können eben auch nicht erfassen, auch wenn sie gegenteiliges behaupten mögen. Hier im konkreten Fall meinen sie eine Wissenschaftlich bis dato unerklärte Heilung dem toten Paul zuschreiben zu müssen - woher kommt das? wie ist das legitmiert? Hätte es nicht auch der tote Karl sein können? Wenn das transzendente per definition den Menschlichen Verstand übersteigt, ja dann haben da auch die ganzen Popen und auch die normalen Gläubigen ebensowenig eine Chance wie ein Naturwissenschaftler.

    Übrigens hat die Physik den Anspruch die Gesetze eben Herauszufinden und nicht sie der Welt überzustülpen, dass das eine enorme, möglicherweise unmögliche Aufgabe ist ist eine Sache, bei allen möglichen Dingen von vorneherein *Wunder* zu rufen und sie als unerklärbar hinzustellen eine andere, eine relativ dumme, weil sich eben oft genug rausgestellt hat dass man doch ettliches erklären kann, wenn man hartnäckig dran arbeitet.

  • JR
    Josef Riga

    Es gibt kein Leben ohne Wunder -

    so einfach ist das, und so schwer!

  • V
    vic

    Des Papstes posthum gewirktes Wunder werden wir hier doch wohl nicht ernsthaft diskutieren wollen.

    Dieses, wie alle anderen Wunder, ist ein Phänomen, das -leider recht viele- Schäfchen gerne als Beweis für Gottes Wirken sehen wollen. Dürfen sie gerne meinetwegen. Doch muss das in der taz geschehen?

  • E
    eva

    In der Tat, Ritchie!

     

    Was soll ein Physiker über Wunder sagen? Noch dazu, wo es allenfalls um ein medizinisches Wunder geht?

    Physiker als Hobbyphilosophen meinen inzwischen offenbar alles besser zu wissen!

     

    Vielleicht sollte ich mir als Theologe demnächst mal ein abschließendes Urteil über aktuelle Diskussionen in der physikalischen Forschung erlauben und dann auch noch erwarten, dass die TAZ das abdruckt -?

     

    Viele Physiker meinen inzwischen anscheinend, das einzige, was man studiert haben muss, um überall mitzureden, sei Physik. Wohin sie uns mit ihrer weisheit gebracht haben, sieht man in Fukushima.

  • DR
    Der Ritchie

    Die Sichtweise eines Physikers (Harald Lesch) in den Artikel aufzunehmen, erscheint mir befremdlich. Eine Wissenschaft geht nach Regeln vor, die sie selbst aufgestellt hat, nach Konventionen also, die den Arbeitsbereich und die Arbeitsweise einschränken, sie normieren. Die Welt wie sie ist muß sich aber dieser Norm nicht unterwerfen. Da die Forscher immer die Unwissenderen sind (und deshalb Veranlassung sehen, zu forschen), sind sie nicht in der Lage, Ereignisse, die ausserhalb ihrer selbst gezogenen Grenzen stattfinden, vollkommen zu erfassen. Dass sie dennoch angeregt fühlen, nach physikalischen Erklärungen zu suchen, wie es im Text heißt, mag ehrenhaft sein, impliziert aber gleichzeitig den Anspruch, dass sich alle Geschehnisse nach den Gesetzen der Physik zu verhalten haben, also in der eingeschränkten Welt einer Wissenschaft erklärt und wiederholt werden können. Ereignisse, mit denen dies nicht möglich ist, werden dann entweder abgelehnt, auf Eis gelegt oder "ewig" erforscht, nicht aber ohne Erklärung als eben nur außerhalb dieser wissenschaft liegend anerkannt.

    So sehr ich auch über den "Voodoozauber" der katholischen Kirche den Kopf schütteln kann, die vorzugsweise Leichen, die bekanntlich keinen Beweis für das Gegenteil mehr erbringen können, Wunder und eine ungeahnte Aktivität (geschickterweise nach dem Ableben platziert) nachsagt, so sehr hätte ich mir in dem Artikel einfach bessere Argumente gewünscht.

  • H
    Hansi

    Warum werden immer nur Krankheiten wie Parkinson durch Wunderheiler und Päpste geheilt? Warum wurde noch nie ein Arm- oder Beinamputierter geheilt, nichtmal von Super-Jesus?

     

    Vielleicht, weil bei Parkinson eine Fehldiagnose viel wahrscheinlicher ist als bei fehlenden Gliedmaßen? Und somit das vermeintliche Wunder tatsächlich nur die Abwesenheit der Krankheit von Anfang an darstellt?

     

    Siehe auch die nette Webpage http://whywontgodhealamputees.com/, die schlußfolgert, daß Gott imaginär ist und somit weder Parkinson noch Amputierte heilt.

  • JR
    Jan Reyberg

    Selig oder Heilig gesprochen zu werden bedeutet lediglich, dass die Kirche meint, dass man nicht in der Hölle gelandet ist/landet, sondern im Himmel. Ob für solche Aussagen die Stellung zu kirchenploitischen Fragen relevant ist, würde ich mal ausschließen.

     

    Deshalb ist es unsinnig die Seligsprechung wegen Meinungen der Person zu kritisieren. Das ist so wie wenn man kritisiert, dass jemand Sportler des Jahres wird, weil derjeige Steuern hinterzogen hat.

     

    Sicherlch gibt es auch irgendwelche Seligen und Heiligen, die zu bestimmten Positionen strikt gegensätzliche Meinungen vertreten haben. Dieser Widerspruch kann aber durchaus irrelevant für die Frage nach dem Eingehen in das Himmelreich sein.

  • B
    bomboclaat

    moin,

     

    oje oje, da treffen zwei Welten aufeinander und beide sprechen über etwas, aber nicht von etwas.- Heilung durch Handauflegen oder einfach als energie übertragung ist einfach, Auch die Heilung wenn der Heilende schon verstorben ist , ist möglich. Dennoch in diesem falle hab ich schon meine Zweifel, denn so wie Gott funktionert wie die Kirche es sagt, ist das nicht möglich, und jeder der in der Lage ist zu heilen wird kleingemacht obwohl Gott durch ihn wirkt,-- Was ist Gott denn überhaupt? Die Wissenschaft kann dies schon erklären, es gibt verschiedene Frequenzen wie das weiße Rauschen, und eben eine oder auch verschiedene Frequenzen sind Gott, damit wir ein verständnis dafür bekommen, wurde dies ja in Geschichten usw. erklärt damit wir verstehen wie eben GOTT wirkt, Was Religionen machen ist eine ander Sache. Nun, nennen wir diesen Begriff " Gott " in höhere Macht, dies passt eher. Die HM ist ja selbst nicht in der Lage sich auf dem Planeten zu manifistieren, deshalb rennt sie uns hinterher und möchte uns so viel gutes geben, wir sind aber meist von einem kranken teil des Egos gestört, deshalb lehnen viel dies ab, öffnet sich jemand dem aber so ist es einfaches, persönlich zu wachsen, und meist geschieht dies, ( so wird es auch in vielen Büchern geschrieben durch einen anderen Menschen) somit , wenn derjenige an sich arbeitet, kommt der Punkt wo dieser angschlossen ist an dieser Energie und da kommen alle die mit verbunden sind HM am nächsten und dürfen wirken, so ist es auch mit denjenigen die verstorben sind und auch noch wirken.

    Gott ist doch eine bezeichnung wie Auto nur welches fahre ich denn, und dann ist es immer noch ein Avatar der höchsten spirituellen Energie. Was ist Reiki denn, es gibt soviele Namen, dafür, und viele von uns haben dies in uns nur ist es zum teil verschüttet. und kann aber auch wieder erweckt werden.

    Somit einen guten Tag und Sonne im Herzen

    euer Bomboclaat

     

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