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Streit der WocheSind Ratingagenturen überbewertet?

Seit der Eurokrise zählen Ratingagenturen zu den ausgemachten Buhmännern in Europa. Überbringen sie nur die schlechten Nachrichten oder verursachen sie diese selbst?

Portugisen demonstrieren dagegen, dass ihre Staatsanleihen nur noch Ramsch-Status haben. Bild: Hugo Correia/reuters

Wenn ich jemandem Geld gebe, wie sicher kann ich mir dann sein, dass er mir die geliehene Summe plus Zinsen am vereinbarten Tag zurückzahlt? Eine simple Fragestellung, die den amerikanischen Finanzanalysten John Moody vor etwas mehr als hundert Jahren dazu brachte, die weltweit erste Ratingagentur zu gründen. Der Bedarf nach einem unabhängigen Unternehmen, das die Kreditwürdigkeit von Firmen und Staaten objektiv bewerten konnte, schien groß zu sein, denn schon wenige Jahre nach der Gründung überwachte Moody's bereits so gut wie alle Anleihen, die auf dem amerikanischen Markt verfügbar waren. Heute steht seine Firma mit ihrer Dienstleistung im Ranking der größten Buhmänner ganz weit oben.

Denn Moody's ist eine von nur drei Ratingagenturen, deren Stimme Gewicht hat. Wenn Moody's, Standard & Poor's oder Fitch Ratings sagen: "Vorsicht, der Kreditwürdigkeit dieses Landes kann man nicht mehr trauen" , dann schießen die Zinsen für die Staatsanleihen des Landes schnell in die Höhe und es kann sich noch schwerer aus der eigenen Verschuldung befreien.

Im Juni ging es Griechenland so, im Juli dann Portugal und Irland. "CCC" oder "Ba1" nennen die Agenturen ihre Ratings, "Ramsch-Niveau" fasst es die Presse etwas greifbarer zusammen und die Ratings der Agenturen drohen zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung zu werden.

Was Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, Ökonomen und Ratingagenturen zur sonntaz-Frage sagen, lesen Sie in der nächsten sonntaz vom 22./23. Juli 2011 – ab Sonnabend zusammen mit der taz an ihrem Kiosk oder am eKiosk auf taz.de. Die sonntaz kommt auch zu Ihnen nach Hause: per Wochenendabo. Und für Fans und Freunde: facebook.com/sonntaz.

Kritik lässt da nicht lange auf sich warten. "Europa darf sich nicht von drei US-Privatunternehmen kaputt machen lassen", sagte die EU-Justizkommissarin Viviane Reding der Welt und forderte die G20-Staaten auf, das Agenturen-Kartell zu zerschlagen. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier sagte der Wirtschaftswoche, Ratingagenturen seien "ein ernst zu nehmendes Problem für die Stabilität von Staaten". Sie seien nur dem Profit verpflichtet und trieben notleidende Länder systematisch in die Pleite.

Die Ratingagenturen selbst hingegen sehen das naturgemäß anders. Torsten Hinrichs, Deutschland-Chef von Standard & Poor's, sagte der taz in einem Interview: "Nicht wir sind schuld an den wirtschaftlichen Problemen. Die Versäumnisse hat die Politik in den jeweiligen Ländern zu verantworten."

Was meinen Sie? Wird den Ratingagenturen zu Recht vorgeworfen, sie trägen eine Mitschuld an der Eurokrise oder verhält man sich mit solcher Kritik wie ein König, der den Sendboten köpfen lassen will, nur weil er ihm eine schlechte Nachricht überbringt? Anders gefragt: Sind Ratingagenturen überbewertet?

Beziehen Sie Stellung! Die taz wählt einen kurzen, prägnanten Beitrag aus und veröffentlicht ihn im Wochenendmagazin sonntaz, das der gedruckten Ausgabe am Samstag beiliegt. Der Kommentar sollte für diesen Zweck 600 bis 700 Anschläge umfassen und mit Email-Adresse und Klarnamen des Autors versehen sein.

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13 Kommentare

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  • DA
    Der Analogist

    Die amerikanischen Rating-Agenturen wehren sich dagegen, bewertet zu werden? Da niemand gerne bewertet wird, sollte Europa jetzt 2-3 eigene Bewertungsfirmen aufbauen. Wenn schon, denn schon.

  • FF
    Franz Fuchs

    Ja, Ratingagenturen sind überbewertet. Aber das ist nicht die Schuld von Moody's & Co., sondern die von uns allen. Wir sind in zunehmendem Maße unfähig, die komplexen Sachverhalte in der Wirtschaft und deren Auswirkungen auf die Politik zu durchschauen. Aus diesem Grunde verlassen wir uns lieber auf ein relativ sinnfreies Akronym in der Form von AAA bis CCC, dessen tatsächliche Bedeutung wir aber ebenfalls nicht verstehen können. Durch die vereinfachte Darstellung als Buchstabenkombination wird uns suggeriert, wir könnten die Komplexität der Wirtschaft ohne Qualitätsverlust herunterrechnen. Das ist leider nicht der Fall. Die Welt bleibt sehr komplex und einfache Lösungen bzw. Meinungsäußerungen werden ihr nie und nimmer gerecht. Wir sollten vielmehr an unseren wirtschaftlichen Grundkenntnissen feilen.

  • TF
    Tobias Fertsch

    Auf jeden Fall sind Rating-Agenturen überbewertet. Wann waren die Agenturen denn (wenn überhaupt) wichtig? Als Welt noch "größer" war und Informationen wesentlich träger vermittelt wurden. Heutzutage im "Informationszeitalter", wo Informationen quasi in Echtzeit vermittelt werden, erwarte ich einfach von einer Regierung oder einem Investmentbanker, dass er seine Expertise anhand von selbst aggregierten Informationen abgibt und nicht anhand einer Rating-Agentur. Das hat auch etwas mit "Unternehmerischem Risiko" zu tun.

  • SB
    S. Busch

    Ratingagenturen sind nicht per se ein Problem. Aber in ihrer jetzigen Funktionsweise sind sie ein Teil davon. Da an den Finanzmärkten wie auch an der Börse Erwartungen über zukünftige Entwicklungen eine zentrale Rolle spielen, sind es die Ratingagenturen die durch ihre Einschätzung den Stein der „sich selbst erfüllenden Prophezeiung“ ins Rollen bringen. Zu klären ist, ob die ausgesprochenen Einschätzungen objektiv sind oder worin der Nutzen für die privatwirtschaftlichen nach Gewinn strebenden Ratingagenturen liegt. Im Bereich der Unternehmensbewertungen ist der Interessenkonflikt von Auftraggeber/-nehmer offensichtlich. Dass an den Finanzmärkten u.a. mit Staatsanleihen viel Geld „verdient“ werden kann auch...

  • LR
    Lennart Riechers

    Das einzige Argument das für die Ratingagenturen spricht, dass die Ratingagenturen nur der Bote einer unbequemen Nachricht seien, ist so hanebüchen das es nur aus der Feder ihrer selbst stammen kann. Tatsächlich gibt es jedoch mindestens 4 Argumente die gegen diese These sprechen. Erstens muss man sich fragen was überhaupt der Zweck einer solchen Agentur wäre wenn sie nur auf Überschuldung hinweist. Das Griechenland & Co pleite sind wissen wir auch ohne Ratings, hinter Ratingagenturen muss also mehr als die alleinige Botschaft stecken. Zweitens muss man sich überlegen vor welchen ökonomischen und politischen Hintergründen die Ratings gefällt werden, wer bezahlt die Agenturen? Bei den großen 3 ironischerweise diejenigen welche die Anleihen ausgeben und am Markt platzieren. Die die bewertet werden bezahlen die Ratingagenturen! Vor diesem Hintergrund ist es auch nicht verwunderlich das z.B. Lehman Brothers am Tag vor der Pleite noch Bestnoten bekam, war doch die Bank einer der Hauptakteure im Anleihengeschäft. Drittens die politischen Hintergründe. Hier gilt anscheinend: Man kackt sich nicht ins eigene Nest! So liegt die Staatsverschuldung der USA wesentlich höher als die der Eurozone, und auch in den USA gibt es einzelne Staaten die Bankrott sind, z.B. Kalifornien. Trotz alledem erhalten die USA von allen 3 amerikanischen Ratingagenturen nach wie vor Bestnoten, während die EU Staaten bei jeder Kleinigkeit herabgestuft werden. Viertens sind die Ratings der Ratingagenturen selbsterfüllende Prophezeiungen. Ist ein Land einmal abgewertet verschärfen sich der Zins und Schuldendruck immens, die Wahrscheinlichkeit das es seine Schulden abbezahlt sinkt also weiter womit die nächste Herabstufung droht. Eine Spirale aus der nichtmehr zu entkommen ist, allein das Rating selbst sorgt dafür das ein Land den enstprechenden Weg einnimmt.

    Nun sollte jeder Verstehen worum es sich bei Ratingagenturen handelt, nicht um umschuldige Richter welche nur objektiv bewerten, sondern knallharte Finanzmarktakteure mit ihren ganz eigenen Interressen ud Spielregeln!

  • I
    ilmtalkelly

    Die Frage sollte lauten, können wir den rating- agenturen trauen. Auch wenn sie sich "nur" als Überbringer darstellen, so könnte die Botschaft schlicht falsch oder von anderem Interesse sein.

    Hat ein Land wirtsch. Probleme, werden sie durch

    durch ein Rating synergetisch verstärkt, sodaß das

    Land an den Abgrund geraten kann. Hier werden Länder

    gehandelt wie Ware und die Ratingagenturen sind die Analysten dieses apokalyptischen Schauspiels.

    Es stellt sich gar nicht die Frage, ob Moody´s recht

    hat oder nicht, nur die Gefahr der Manipulation reicht aus, sie für inkompetent zu erklären.

    Ratingagenturen können und sollten nicht eine ordentliche Kontrollbehörde der EU ersetzen.

  • WB
    Wolfgang Bieber

    Die Kreditwürdigkeit von Irland und Portugal ist herabgestuft worden – und alle rufen plötzlich nach einer europäischen Ratingagentur als Antwort auf die Krise. Welch ein Trugschluss! Gute Ratings einer Euro-Agentur sollten nicht über die miserable Wirtschaftsentwicklung hinwegtäuschen:

    http://bit.ly/pwJ7bR

  • O
    Opportunity

    Zitat(taz):"Der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier sagte der Wirtschaftswoche, Ratingagenturen seien "ein ernst zu nehmendes Problem für die Stabilität von Staaten". Sie seien nur dem Profit verpflichtet und trieben notleidende Länder systematisch in die Pleite."

     

    Stimmt. Das selbe gilt aber für fast alle multinationalen Konzerne, Banken und nicht zuletzt eben genau jene Lobbies, die hierzulande und überall in der "zivilisierten" Welt die Politik maßgeblich bestimmen.

     

    Nur ein Umdenken, weg von Profit, hin zu echter Nachhaltigkeit (nicht nur als Werbeslogan) kann daran etwas ändern. Aber solange Profit das Maß aller Dinge bleibt, werden auch Ratingagenturen ihr Gewicht in die Waagschale werfen. Das liegt in der natur der Sache.

     

    Darum: aufgewacht! Wehrt euch! Wählt links! Vernetzt euch und geht auf die Straße! Die Lobbies vertreten nicht unsere Interessen! Und darum können auch die großen, etablierten Parteien nicht unsere Interessen vertreten!

  • DA
    Der Analogist

    Die amerikanischen Rating-Agenturen wehren sich dagegen, bewertet zu werden? Da niemand gerne bewertet wird, sollte Europa jetzt 2-3 eigene Bewertungsfirmen aufbauen. Wenn schon, denn schon.

  • FF
    Franz Fuchs

    Ja, Ratingagenturen sind überbewertet. Aber das ist nicht die Schuld von Moody's & Co., sondern die von uns allen. Wir sind in zunehmendem Maße unfähig, die komplexen Sachverhalte in der Wirtschaft und deren Auswirkungen auf die Politik zu durchschauen. Aus diesem Grunde verlassen wir uns lieber auf ein relativ sinnfreies Akronym in der Form von AAA bis CCC, dessen tatsächliche Bedeutung wir aber ebenfalls nicht verstehen können. Durch die vereinfachte Darstellung als Buchstabenkombination wird uns suggeriert, wir könnten die Komplexität der Wirtschaft ohne Qualitätsverlust herunterrechnen. Das ist leider nicht der Fall. Die Welt bleibt sehr komplex und einfache Lösungen bzw. Meinungsäußerungen werden ihr nie und nimmer gerecht. Wir sollten vielmehr an unseren wirtschaftlichen Grundkenntnissen feilen.

  • TF
    Tobias Fertsch

    Auf jeden Fall sind Rating-Agenturen überbewertet. Wann waren die Agenturen denn (wenn überhaupt) wichtig? Als Welt noch "größer" war und Informationen wesentlich träger vermittelt wurden. Heutzutage im "Informationszeitalter", wo Informationen quasi in Echtzeit vermittelt werden, erwarte ich einfach von einer Regierung oder einem Investmentbanker, dass er seine Expertise anhand von selbst aggregierten Informationen abgibt und nicht anhand einer Rating-Agentur. Das hat auch etwas mit "Unternehmerischem Risiko" zu tun.

  • SB
    S. Busch

    Ratingagenturen sind nicht per se ein Problem. Aber in ihrer jetzigen Funktionsweise sind sie ein Teil davon. Da an den Finanzmärkten wie auch an der Börse Erwartungen über zukünftige Entwicklungen eine zentrale Rolle spielen, sind es die Ratingagenturen die durch ihre Einschätzung den Stein der „sich selbst erfüllenden Prophezeiung“ ins Rollen bringen. Zu klären ist, ob die ausgesprochenen Einschätzungen objektiv sind oder worin der Nutzen für die privatwirtschaftlichen nach Gewinn strebenden Ratingagenturen liegt. Im Bereich der Unternehmensbewertungen ist der Interessenkonflikt von Auftraggeber/-nehmer offensichtlich. Dass an den Finanzmärkten u.a. mit Staatsanleihen viel Geld „verdient“ werden kann auch...

  • LR
    Lennart Riechers

    Das einzige Argument das für die Ratingagenturen spricht, dass die Ratingagenturen nur der Bote einer unbequemen Nachricht seien, ist so hanebüchen das es nur aus der Feder ihrer selbst stammen kann. Tatsächlich gibt es jedoch mindestens 4 Argumente die gegen diese These sprechen. Erstens muss man sich fragen was überhaupt der Zweck einer solchen Agentur wäre wenn sie nur auf Überschuldung hinweist. Das Griechenland & Co pleite sind wissen wir auch ohne Ratings, hinter Ratingagenturen muss also mehr als die alleinige Botschaft stecken. Zweitens muss man sich überlegen vor welchen ökonomischen und politischen Hintergründen die Ratings gefällt werden, wer bezahlt die Agenturen? Bei den großen 3 ironischerweise diejenigen welche die Anleihen ausgeben und am Markt platzieren. Die die bewertet werden bezahlen die Ratingagenturen! Vor diesem Hintergrund ist es auch nicht verwunderlich das z.B. Lehman Brothers am Tag vor der Pleite noch Bestnoten bekam, war doch die Bank einer der Hauptakteure im Anleihengeschäft. Drittens die politischen Hintergründe. Hier gilt anscheinend: Man kackt sich nicht ins eigene Nest! So liegt die Staatsverschuldung der USA wesentlich höher als die der Eurozone, und auch in den USA gibt es einzelne Staaten die Bankrott sind, z.B. Kalifornien. Trotz alledem erhalten die USA von allen 3 amerikanischen Ratingagenturen nach wie vor Bestnoten, während die EU Staaten bei jeder Kleinigkeit herabgestuft werden. Viertens sind die Ratings der Ratingagenturen selbsterfüllende Prophezeiungen. Ist ein Land einmal abgewertet verschärfen sich der Zins und Schuldendruck immens, die Wahrscheinlichkeit das es seine Schulden abbezahlt sinkt also weiter womit die nächste Herabstufung droht. Eine Spirale aus der nichtmehr zu entkommen ist, allein das Rating selbst sorgt dafür das ein Land den enstprechenden Weg einnimmt.

    Nun sollte jeder Verstehen worum es sich bei Ratingagenturen handelt, nicht um umschuldige Richter welche nur objektiv bewerten, sondern knallharte Finanzmarktakteure mit ihren ganz eigenen Interressen ud Spielregeln!