Streit der Woche: Verspielen Quotengegner die Zukunft?
Die DAX-Unternehmen sind gegen eine Quote und wollen sich nur dazu verpflichten, den Anteil der Frauen im mittleren Management zu erhöhen. Ist die Zukunft damit verspielt?
Politische Forderungen nach einer verbindlichen, gesetzlichen Frauenquote verhallten ungehört. Stattdessen haben die 30 größten börsennotierten Konzerne ihre freiwilligen Selbstverpflichtungen vorgestellt. Die Dax-Unternehmen gehen dabei unterschiedlich weit: Die selbst gesteckten Ziele reichen von einem Frauenanteil von elf Prozent bei Volkswagen bis zu 35 Prozent bei Adidas. Manche Unternehmen wollen schon in knapp zwei Jahren soweit sein, andere erst in neun Jahren.
Diese Regeln gelten allerdings nur für das mittlere Management – eine Mogelpackung. Die Männerdomäne der unternehmensführenden Vorstände und ihrer Kontrollgremien, der Aufsichtsräte, fassen die Konzerne nicht an. Für diese obersten Chefetagen wollen sich die DAX-Unternehmen nicht auf Frauenanteile festlegen. Bei einem ersten "Quotengipfel" mit Politikern und Vertretern der DAX-Unternehmen im März ging es ausdrücklich auch um diese Spitzenposten.
In der CDU ist nun ein offener Streit zwischen den Spitzenfrauen Kristina Schröder und Ursula von der Leyen um die Frage einer Frauenquote entbrannt. Die Zuständigkeit liegt bei Bundesfamilienministerin Schröder (CDU). Sie lobte die Initiative der Konzerne. Kein Unternehmen sei unter der zehn-Prozent-Marke geblieben. Bereits im Vorfeld hatte sie eine Einheitsquote deutlich abgelehnt und stattdessen den Begriff Flexi-Quote in die Debatte gebracht.
Den ganzen Streit der Woche und viele weitere interessante Artikel lesen Sie in der aktuellen sonntaz vom 22./23. Oktober 2011 – ab Sonnabend an ihrem Kiosk oder am eKiosk auf taz.de. Die sonntaz kommt auch zu Ihnen nach Hause: per Wochenendabo. Und für Fans und Freunde: facebook.com/sonntaz.
Gegenwind bekommt sie von ihrer Vorgängerin im Familienministerium, der Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Sie fordert eine gesetzlich bindende Frauenquote von 30 Prozent in allen Großunternehmen bis 2018. Die Unternehmen würden bei der Frauenförderung ein "Schneckentempo" an den Tag legen, sagt von der Leyen.
Die Vize-Chefin der EU-Kommission und EU-Justizkommissarin Viviane Reding will den Frauenanteil in den Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen bis 2020 sogar auf 40 Prozent heben. "Im März 2012 werde ich Bilanz ziehen", sagte Reding. Bis dahin können die EU-Mitgliedsstaaten freiwillige Lösungen entwerfen. Für eine gesetzliche Quote haben sich bereits Frankreich, Spanien, Belgien und die Niederlande entschieden.
Das Modell einer freiwilligen Selbstverpflichtung ist nicht neu. 2001 gab es bereits ein Versprechen von Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft und der damaligen rot-grünen Bundesregierung, die Chancengleichheit von Männern und Frauen voranzubringen. Doch passiert ist seitdem nicht viel. Noch immer sind nur knapp vier Prozent aller DAX-Vorstände Frauen – und die GegnerInnen einer Frauenquote zahlreich.
Was meinen Sie: Verspielen QuotengegnerInnen die Zukunft?
Beziehen Sie Stellung! Die taz wählt unter den interessantesten Kommentaren einen aus und veröffentlicht ihn im Wochenendmagazin sonntaz. Der Kommentar sollte etwa 1.200 Zeichen umfassen und mit dem Namen und der Email-Adresse der Autorin oder des Autors versehen sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Scholz bezeichnet russischen Raketeneinsatz als „furchtbare Eskalation“