piwik no script img

Streit der Woche„Es gibt keine Alternative“

Barack Obama könne die Macht der Lobbys nicht brechen, sagt Stefan Krug von Greenpeace. Andere hoffen dennoch auf ihn.

Kann man noch auf Obama hoffen? Oder muss man? Bild: ap

Dass Barack Obama „dem Kreuzzug der Republikaner gegen Umweltschutz fast nichts entgegensetzte, offenbart die Schwäche des Präsidenten“, kritisiert Stefan Krug von Greenpeace in einem Gastbeitrag für die Sonntaz. Krug weist darauf hin, dass die USA unter Obama wie gehabt international bindende Klima- und Umweltabkommen blockieren.

„Obama kann die Blockade des Zwei-Parteien-Systems und die Macht der Lobbys nicht brechen“, schreibt Krug. Sein Fazit: „Hoffen sollte man nicht auf ihn, sondern auf mutige, kreative Pioniere in den Bundesstaaten, die den ökologischen Umbau anpacken.“

Michael Hüther, Leiter des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft Köln, ist dagegen von Obamas Weg überzeugt. „Aus Obama ist – bei allen Schwächen – ein Staatsmann geworden, der nicht mehr von Hoffnung spricht, sondern von Verantwortung.“ Die sollte er im Falle seiner Wiederwahl auf jeden Fall Ernst nehmen.

„Ich bin nicht enttäuscht worden“, sagt der ehemalige Guantánamo-Häftling Murat Kurnaz, der mehr als vier Jahre lang ohne Anklage festgehalten wurde, „denn ich war von Anfang an skeptisch, ob er Guantánamo wirklich schließt.“ Am Grundsatz, Menschen rechtlos zu stellen, habe Präsident Obama nichts ändern wollen. Kurnaz: „Genausowenig geht er gegen die Verantwortlichen für Folter vor. Das ist schade, aber wahr.“

Bild: taz
sonntaz

Den kompletten Streit der Woche und viele spannende Texte lesen Sie in der sonntaz vom 15./16. September 2012. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und für Fans und Freunde: facebook.com/sonntaz.

Gleiche Logik eines globalen Krieges

Monika Hauser, Gründerin der Frauenrechtsorganisation medica mondiale und Trägerin des Alternativen Friedens-Nobelpreises 2008, prangert Obamas Einsatz von Drohnen an: „Die Liquidierung von Terroristen durch ferngesteuerte Drohnen ist unvereinbar mit dem Status des Friedens-Nobelpreisträgers.“ In der Außenpolitik habe er die Fehler seines Vorgängers nicht korrigiert. Die Menschenrechtsverletzungen von Seiten der CIA in Afghanistan findet sie „unerträglich“. Trotz dieser Kritik, spricht sie sich für Obama aus: „Wir können nicht anders, als auf Obama zu hoffen. Es gibt keine Alternative.“

Auch Maja Liebing, Amerikaexpertin von Amnesty International in Deutschland, geht Obamas Vorgehen gegen Menschenrechtsverletzungen nicht weit genug. Zwar verzichte er nunmehr darauf, vom „war on terror“ zu sprechen, wie es sein Vorgänger George W. Bush tat. Aber die von ihm angeordnete Ausweitung des Drohnenkrieges folge der gleichen Logik eines globalen Krieges, kritisiert sie. „Weil die Drohnen auch dort fliegen, wo man völkerrechtlich nicht von einem Krieg sprechen kann, handelt es sich um Hinrichtungen ohne Gerichtsverfahren.“

Die amerikanischstämmige Cafébetreiberin Cynthia Barcomi kritisiert: „Er konnte sich oft nicht durchsetzen, ihm fehlte Erfahrung in Washington.“ Aber sie sehe das wie Bill Clinton: Kein Mensch hätte all die Probleme lösen können, die anstanden. Ihr Fazit: „Und Obama hat viel gelernt, er setzt sich mit den Themen auseinander. Wir brauchen ihn.“

Die sonntaz-Frage Kann man noch auf Obama hoffen" diskutieren außerdem Avi Primor, Präsident der Israelischen Gesellschaft für Außenpolitik, Christiane Lemke, Politikprofessorin an der New York University und Uwe Roos, psychologischer Berater und taz.de User – in der sonntaz vom 15./16. September. Die sonntaz gibt es auch im Wochenendabo.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

5 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • T
    T.V.

    "alternativlos" hat echt das Zeug zum Unwort des Jahrhunderts. Es gibt immernoch mehr als zwei Parteien in den USA.

  • R
    Renegade

    Bei allem Respekt für politische Umstände im Zwei-Parteien-System und dem "schweren Erbe" der Finanzkrise - in zahlreichen Punkten hat Obama einfach nicht den Willen gezeigt, den Kurs seines Vorgängers zu ändern, sondern eher das Gegenteil, ihn noch härter fortzusetzen.

     

    Hätte er nicht gewollt, hätte er das NDAA nicht unterzeichnen müssen, oder den PATRIOT-Act verlängern, oder sich eine persönliche Kill List anlegen, die neben zahlreichen Zivilisten (selbst wo alle männlichen Opfer im kampffähigen Alter pauschal Terroristen sind) das Leben kosteten, u.A. auch einem amerikanischen Teenager.

     

    Und die ach so schreckliche Wirtschaftskrise... hm, wenn sie so ein großes Problem ist, vielleicht hätte Obama dann mal die führenden Kopfe in Sachen Wirtschaft in Washington austauschen sollen, anstatt die Leute, unter deren Aufsicht die Krise mit sorgfältiger Inkompetenz geschaffen wurde, weiterubeschäftigen.

     

    Und nehmen wir die Whistleblower. Bradly Manning wird immer noch unter äußerst fragwürdigen Umständen festgehalten. Obwohl Obama mal irgendwann meinte, dass man Whistleblower unterstützen sollte, hat er wohl seinen Kurs geändert und brüstet sich nun damit, sie so hart verfolgt zu haben wie keine Administration sonst. Abgesehen von denen, die dem Staat helfen, die kriegen auch mal $100mio Belohnung.

     

    Oh, oder damals, als er so lustig von seinen Drogenerfahrungen erzählte. Schade, dass er, wenn das so witzig ist, nicht mal den War on Drugs beenden möchte, der tausende Leben gekostet hat und Millionen von Menschen kriminalisiert und ins Gefängnis bringt für etwas, dass der Präsident anscheinend selbst ganz ok findet.

     

    Obama ist karrierefixiert und ohne Moral. Wenn er jetzt nicht mehr von Hoffnung, sondern Verantwortung spricht, so nur, weil er alle Hoffnung enttäuscht hat, keinen Wandel brachte oder bringen wird, und weil seine "Verantwortung" wunderbar die Herrschaft des Staatsapparats über diverse Bereiche des Lebens der Bürger beschreibt.

     

    Stop whitewashing.

     

    Ach ja, für ihn zu wählen, weil es "alternativlos" ist... wirklich? Es gibt immer eine Alternative, und wenn man sich nicht zum Komplizen eines Verbrechers wie Obama (oder wie es Romney sicher werden würde) machen möchte, sollte man diese nutzen. "Alternativlos" ist ein Weg zur Diktatur, denn es gibt ja dann nur noch eine Option, die jeder normale Mensch unterstützen muss...

  • A
    aujau

    Das amerikanische Satireblatt Onion hat geschrieben: Schwarzer hat den beschissensten Job der USA. Aber er ist bis dato anscheinend der einzige, der ihn einigermaßen im Sinne der Vernunft machen kann.

    Mitt Romney oder die anderen durchgeknallten Evangelikalen Börsenkurseleser sind keine Alternative.

  • G
    Gerda

    Barack Obama hat um den Friedensnobelpreis nicht gebeten. Diese Auszeichnung war mit der Hoffnung verbunden, die USA selbst und die anderen Staaten, die ebenso abscheuliche Kriege führen, auf mehr Frieden durch mehr "Verständigung im Dialog" einzustimmen. Diese Hoffnung hat sich in den letzten vier Jahren nicht erfüllt. Konnte sich nicht erfüllen! Angesichts der republikanischen Haß-Blockade vom ersten Tag an nach Vereidigung dieses Präsidenten war das Scheitern vorprogrammiert.

     

    Hinzu kommt, daß die USA im Frühjahr 2008 von der Macht der Finanzmärkte in der "Wall Street" überrollt wurde. Dieser "Finanz-Tsunami" rollte dann auch gen Europa und verursachte gleichstarke Verwüstungen unter den europäischen Staaten. Die drei "Rating-Agenturen" wurden bekannt und gaben zusätzlich die Richtung vor. Politisches Handeln äußerte sich in kläglichen Zuckungen gegenüber dieser Macht, wurde mit fletschenden Zähnen verhöhnt.

     

    Diese geballte Macht diktiert immer noch allem politischen Handeln finanzielle und strukturelle Bedingungen, sowohl in den USA als auch in Europa. Europa soll gezwungen werden, die nach dem 2. Weltkrieg aufgebaute "europäische Identität" aufzugeben!

     

    Mitt Romney ist der Interessenvertreter der Macht der Finanzmärkte. Barack Obama ist das nicht!

  • HS
    Hans Siekmann

    " die Macht der Lobbys brechen " -

    das ist der Weg, der letztlich die Lobby stärkt.

    Einzelne erreichen, an den Einzelnen appellieren, das zu verändern was sie ändern können, das geht. Es geht langsam, dafür aber auch kontinuierlich möglich.

    Darauf hinzuweisen, dass wir alle Eins sind, das wir uns selbst weh tun wenn wir anderen weh tun, das ist Realität.