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Streit der Woche Informationsfreiheitsgesetz"Der Staat darf niemanden verraten"

Mehr Transparenz stärke das Vertrauen in die Verwaltung, findet Datenschützer Peter Schaar. Zu viel Transparenz könne gefährlich sein, hält CDU-Politiker Kauder dagegen.

Pssst! Bild: photocase

Für Peter Schaar, Bundesbeauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit ist Transparenz in einer demokratischen Gesellschaft von großer Bedeutung. „Sie ermöglicht eine aktive Mitgestaltung und stärkt das Vertrauen in die Verwaltung“, schreibt Schaar in der sonntaz.

Der Staat sollte sich über die Schulter schauen lassen, fordert auch der ehemalige Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag Sebastian Edathy. Mit dem Zugang zu amtlichen Informationen, würde jedem Bürger die Möglichkeit geboten, ein Stück Souveränität selbst auszuüben, sagt der SPD-Politiker taz.de. „Annahmen wonach der Handlungsspielraum der Regierung eingeschränkt würde, sind unrichtig“, sagt Edathy. Vielmehr könne durch die aktive Beschäftigung mit der Rolle der Verwaltung politisches Engagement geweckt werden.

Seit 2006 soll das Informationsfreiheitsgesetz Bürgerinnen und Bürgern amtliche Informationen zugänglich machen. Zahlreiche Ausnahmen und Barrieren machen es jedoch schwer, gewünschte Einsicht in die Datenbanken zu erlangen. Anfragen werden mit Verweis auf Urheberrecht, hohen Verwaltungsaufwand und Sicherheitsfragen abgeblockt. Die Kritik, sie würden mit der Veröffentlichen geheimer Dokumente zum Krieg in Afghanistan auch die Sicherheit gefährden, mussten sich jüngst auch die Internet-Plattform Wikileaks gefallen lassen.

Die Server von Wikileaks stehen in Schweden. Einen Grund dafür sieht der schwedische Kommunikationswissenschaftler und Blogger Christopher Kullenberg im dortigen Pressefreiheitsgesetz – dem ältesten der Welt. „Transparenz macht Institutionen öffentlich überprüfbar“, sagt Kullenberg im Streit der Woche in der sonntaz. „Mit dem ständigen Wissen im Hinterkopf, dass er für seine Handlungen zur Verantwortung gezogen werden kann, handelt der Staat auch dementsprechend.“ Auf diesem Weg könne Demokratie zu jeder Zeit praktiziert werden, sagt der schwedische Blogger.

Den gesamten Streit der Woche finden Sie in der aktuellen sonntaz vom 21. / 22. August - ab Samstag mit der taz am Kiosk oder direkt in ihrem Briefkasten.

„Würde der Staat uns alles verraten, wäre das eine Katastrophe“, findet hingegen CDU-Politiker Siegfried Kauder. Gerade bei Fragen der inneren und äußeren Sicherheit sei Diskretion und Geheimhaltung oberstes Gebot, schreibt der Leiter des Rechtsausschusses des Bundestags im sonntaz-Streit. „Sonst würden SoldatInnen und PolizistInnen gefährdet werden. Der Staat muss informieren, er darf darf aber nichts und niemanden verraten.“

In Niedersachsen wurde das Informationsfreiheitsgesetz noch nicht eingeführt. „Denn die angestrebte Transparenz ist bereits nach geltendem Recht gewährleistet“, schreibt der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann in der sonntaz. Schünemann verweist auch auf zusätzlichen Kosten, die durch die Gesetzeseinführung entstehen würden.

Im Streit der Woche äußerten sich auch Bundestagsvizepräsidentin und Vorstandsmitglied der Linksfraktion Petra Pau, Simon Rogers, Netz-Redakteur bei „Guardian“, die Bremer Bürgermeisterin und Grünen-Politikerin Karoline Linnert, der Sprecher der Bundeswehr Oberstleutnant Dietmar Birkeneder sowie taz.de-Leserin Heike Popp.

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10 Kommentare

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  • MK
    Mathias Klausemann

    uwe schünemann - CDU - gegen transparenz ... eh klar ...

  • S
    soso

    Die Freigabe von amtlichen Informationen ist nicht nur eine Frage der Demokratie, sondern auch der Finanzen und daher der Legitimierung: Wozu bezahlt der Steuerzahler Ämter, Verwaltung und, unter anderem, die Bundeswehr, wenn er/sie keinen Zugang zu den Informationen hat, die er/sie schließlich mit zu verantworten hat?? Wenn es schon nicht möglich ist, selbst mitzuentscheiden, wozu die gezahlten Steuern verwendet werden (dann sähe unser Staat um einiges abgespeckter aus...), sollte es wenigstens möglich sein, einzusehen, was mensch da mitfinanziert hat! Immerhin tragen alle BürgerInnen die Verantwortung für politische Entscheidungen nicht nur durch die Wahl politischer Parteien, sondern auch durch die Finanzierung staatlicher Projekte! Dem geschröpften Bürger jetzt auch noch die Einsicht in diese Informationen zu verweigern, ist einfach nur frech!!

  • A
    alcibiades

    Doch, der Staat muss uns erzählen und begründen, was er alles vom eingesammelten Geld aller anstellt. Vor allem rechtzeitig, damit teuren Dünnbrettbohrerprojekten wie Mediaspree in Berlin, dieser blöden Brücke in Dresden und Stuttgart21 rechtzeitig widersprochen werden kann. Das ist ein logischer Weg raus aus dem Obrigkeitsstaat.

    Und solche Schmocks wie der Herr Kauder dürfen natürlich weiter über ihre Gefährdungsphantasien schwadronieren, das ist ja ihr demokratiches Recht. Wir müssen ihm ja nicht zuhören. Wir sind dann nämlich dabei, über unsere Allmende zu diskutieren und haben somit Wichtigeres zu tun.

  • R
    Rod

    In den deutschen Behörden laufen sehr krumme Dinge. Nicht umsonst ist eine Karrikatur sehr passend, in welcher der Bundesadler eine Banane in den Klauen trägt.

     

    Nur wer was zu verbergen hat, muss sich verstecken. Wenn deutsche Behörden es ihren Bürgern so schwer machen Einsicht in Akten und Schriftverkehr zu erlangen, dann haben die bestimmt eine Menge Dreck am Stecken.

     

    Wenn der Bürger gläsern sein soll, dann müssen die Behörden mit dem selben Beispiel vorangehen.

     

    Wie in Schweden gehört alles ins Internet.

  • N
    Nobbie

    Entweder Demokratie oder nicht! Wenn Staaten andere Staaten mit der Begründung überfallen, sie wollten die Demokratie einführen, sollten diese Heilsbringer mal überlegen, was es heißt, den Gedanken der Demokratie konsequent umzusetzen!

     

    Wie kann ein Staat, der vom Volk regiert wird, sich die Dreistigkeit erlauben, etwas vor dem Volke geheim zu halten? Jaja, ihr habt schon recht, wären die Namen und Aktionspläne sämtlicher Polizisten und Soldaten bekannt, wären diese einer tödlichen Gefahr ausgesetzt. Wir sehen also - es besteht eine Diskrepanz zwischen den Idealen der Demokratie und deren Umsetzung. Genau wie der Kommunismus im Prinzip ein guter Ansatz war, aber völlig an der Realität gescheitert ist, sollte man aufpassen, dass unsere Demokratie nicht den selben Weg nimmt und aus der Geheimhaltung von ein paar Polizistennamen die Geheimhaltung des Verbleibs unliebsamer Regierungskritiker wird.

  • T
    Tom

    Wie Recht doch die CDU hat: In Duisburg wurde ja grade mit aller Macht verhindert, Informationen zur Loveparade herauszugeben. Schliesslich könnten diese für den OB gefährlich sein.

     

    Dann wurde ja grade der öffentliche Sprecher von Wikileaks in Schweden (vom Staat) unter falschen Vergewaltigungsverdacht gestellt. Auch hier ist wichtig, dass - ganz im Sinne der CDU - niemand vom Staat verraten wird.

     

    Liebe CDU, wie viel scheinheiliger kann man denn als Partei der schwarzen Koffer noch sein?

     

    Gebt uns unsere Daten zurück!

  • TS
    Thea Schäfer

    Es wäre extrem gefährlich den Bürgern und Bürgerinnen zu viel Internes zu verraten. Dann würde wohl herauskommen wieviel Geld für absoluten Schwachsinn ausgegeben wird. Könnte sein, dass die sich dann endlich aufraffen ihre Mistforken schnappen und zu den Parlamenten ziehen. Nun gut, es herrscht ja nicht mal Offenheit gegenüber der Politik. Infos die Verwaltungen nicht mal ihren Chefs zur Verfügung stellen darf das Volk schon garnicht wissen.

    Dass hier jetzt die Kostenfrage gestellt wird wundert aber schon. Ansonsten hat man die Kohle doch auch dafür raus mehr Infos übers Volk zu erhalten...

  • GS
    Guido Strack

    Informationen die notwendig sind, um Rechtsverstöße nachzuweisen, sollten keinerlei Geheimhaltung mehr unterliegen. Alle Daten von öffentlichen Einrichtungen oder mit öffentlichen Geldern geförderten Organisationen und Vorhaben, sollten ab einem Stichtag grundsätzlich öffentlich sind, außer wenn sie die Privatsphäre der BürgerInnen oder legitime Sicherheitsinteressen des Staates betreffen. Öffentliche Daten sollten unentgeltlich jedermann in standardisierter elektronischer Form zugänglich gemacht werden. Staatliche Geheimhaltung sollte stets Ausnahme, begründungs- und dokumentationspflichtig (hinsichtlich Umfang und Dauer) sein und der Überprüfung einer unabhängigen Stelle unterliegen.

  • T
    Transparenzfan

    Zu viel Transparenz könne gefährlich sein, hält CDU-Politiker Kauder dagegen.

    Für die Politiker ja, besonders wenn sie auf der Steuer-CD registriert sind. Wann veröffentlicht Wikileaks endlich die Namen unserer ehrenwerten Politschmarotzer?

  • M
    mischko

    wer soll diese transparenz denn leisten und wie weit soll sie gehen? ich vertraue da lieber auf gute recherchen von guten journalisten. eine gewisse transparenz existiert doch bereits auf den jeweiligen webseiten der jeweiligen ämter und ministerien. nicht zu vergessen: der alljährliche verfassungsschutzbericht! und!

    es kann doch auch spannend sein , ein buch z.b. eines bnd aussteigers zu lesen.

    es wird noch spannende diskussionen zu diesem thema geben müssen, um herauszufinden wieviel transparenz des staates (auch die bürger ) gut ist und an welchem punkt es in`s voyeuristische abgleitet.