Streik der Lokführer: Drei Viertel der Privatzüge fahren nicht
Die Lokführergewerkschaft GDL bestreikt die privaten Konkurrenten der Bahn. Diese reagieren zum Teil mit Aussperrungen und dem Einsatz von Streikbrechern.
BERLIN taz | Mit einem 47-Stunden-Streik will die Lokführergewerkschaft GDL die privaten Konkurrenten der Deutschen Bahn zu Verhandlungen über einen einheitlichen Tarifvertrag zwingen. Am ersten Streiktag des noch bis Samstagfrüh um 2 Uhr dauernden Ausstands fielen nach Gewerkschaftsangaben rund drei Viertel der Züge bei den betroffenen Bahnen aus.
Mit dem französischen Verkehrsunternehmen Keolis erklärte sich unterdessen die erste große Privatbahn zu Verhandlungen bereitet und entging damit dem Streik. Keolis unterbreitete ein Angebot für einen mit einem Rahmentarifvertrag verknüpften Haustarifvertrag. Damit würde eine Kernforderung der GDL erfüllt, die für alle 26.000 Lokführer einheitliche Löhne will- und das auf dem Niveau der Deutschen Bahn. Die privaten Konkurrenten zahlen derzeit bis zu 30 Prozent weniger. Keolis sei der "Vorreiter für eine friedliche Lösung", freute sich der nordrhein-westfälische GDL-Bezirksvize Olaf Schulz-Arimond.
Von Ausfällen betroffen waren hingegen die meisten anderen privaten Bahnlinien, vor allem im Osten sowie in Niedersachsen, Hessen und Baden-Württemberg. Ruhig blieb es dagegen in Nordrhein-Westfalen. Hier betreibt Keolis unter dem Markennamen "eurobahn" von Hamm aus mehrere Nahverkehrslinien. Die zweite große Privatbahn in NRW, Abellio, konnte ebenfalls einen regulären Fahrplan anbieten. Man habe "Ersatzmaßnahmen vorgenommen", erklärte das Unternehmen.
Die GDL wirft Abellio vor, Büropersonal in den Zügen einzusetzen und Streikbrecher mit Prämien zu ködern. Wegen dieser Einschüchterungsmaßnahmen hätten sich nur drei Lokomotivführer im Ausstand befunden, sagte Schulz-Arimond.
Das Unternehmen weist die Anschuldigungen zurück: Man habe die Dienstpläne so umgestaltet, dass GDL-Lokführer nicht arbeiten mussten, sagte Geschäftsführer Ronald Lünser. "Mit Sicherheit" sei auch kein Büropersonal in die Züge abkommandiert worden. Zwar habe man bei den letzten Streikaufrufen im Februar und März für ein Aufrechterhalten des Zugverkehrs "im Einvernehmen mit dem Betriebsrat Sonderzahlungen für alle Mitarbeiter ausgelobt", beim aktuellen Streik sei dies jedoch nicht der Fall.
Auch das überregional tätige Bahnunternehmen Veolia zeigte sich nicht gerade zimperlich im Umgang mit streikwilligen Lokführern: Es sperrte diese für vier Tage aus.
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