Streik der Gebäudereiniger: Jetzt wirds dreckig
Rund 200 Gebäudereiniger nehmen am ersten Streiktag teil. Die TU, das Rathaus Schöneberg und der BND bleiben ungeputzt. Die IG BAU bereitet sich auf einen langen "Zermürbungskampf" vor.
Die Versammlung ist gerade zu Ende, in kleinen Grüppchen stehen die Streikenden am Dienstagvormittag in ihrer orange-blauen Arbeitskluft im DGB-Haus zusammen. Die Stimmung ist ruhig. "Mein Chef hat mich heute gar nicht erst eingeteilt. Er wusste, dass ich streiken werde", sagt Christian S. Seit zwölf Jahren arbeite der 29-Jährige als Fensterreiniger. "Ich bekomme etwa 1.200 Euro netto im Monat", seine Frau arbeite in Teilzeit und bekomme rund 800 Euro. "Mit zwei Kindern ist das schon ganz schön knapp", sagt er.
Rund 200 Gebäudereiniger haben sich am frühen Morgen vor der Technischen Universität zum Streikauftakt versammelt. Von dort sind sie in das DGB-Haus gezogen, um das Streikgeld zu bekommen. Der Tarifvertrag der Gebäudereiniger ist im September ausgelaufen - die IG BAU will eine Erhöhung des Mindestlohns von derzeit 8,15 Euro brutto pro Stunde im Westen und 6,58 Euro im Osten um 8,7 Prozent. Die Arbeitgeber bieten 3 Prozent.
Christian S. ist überrascht, dass nur so wenige an dem Streik teilnehmen: "Aber das ist wohl die Streiktaktik, die Gewerkschaft muss wissen, was sie tut", sagt er. In seiner Firma arbeiten rund 1.200 Gebäudereiniger - von denen seien etwa 25 zu dem Streik gekommen. Schafft es die Gewerkschaft also nicht, besser zu mobilisieren? "Wir haben eine flexible Streiktaktik", sagt Mirko Hawighorst, der Streikleiter der IG BAU Berlin. "Wir wollen mit möglichst wenig Einsatz so viel wie möglich rausschlagen." Man richte sich auf einen langen Streik ein und setze "auf die Zermürbungstaktik". Deswegen seien nur gut 200 Gebäudereiniger am ersten Streiktag dabei: "Wir wollen so oft und an so vielen Orten wie möglich streiken", sagt er. Wo heute gestreikt wird, solle so lange wie möglich geheim gehalten werden, "damit die Firmen keine Leiharbeiter als Streikbrecher organisieren können". An der TU seien 15 russische Leiharbeiter aufgetaucht. "Die haben wir aber überzeugen können, auch zu streiken - sie werden ja trotzdem bezahlt", sagt Hawighorst. Neben der TU wurde auch im Rathaus Schöneberg, beim Bundesnachrichtendienst und zum Teil im Abgeordnetenhaus nicht geputzt.
Unterstützung bekamen die Reinigungskräfte von Mitgliedern des Berliner Bildungsstreiks. Am Dienstagmorgen um halb fünf seien etwa 50 von ihnen zum Streikauftakt vor der TU gekommen. "Wir wollen Studierende für die unsichtbare Arbeit der Reinigungskräfte sensibilisieren", meint Vanessa Ebenfeld, Studentin an der FU.
Im DGB-Haus wird es gegen Mittag leerer, viele der Streikenden haben am Vorabend noch gearbeitet. Andreas D., der seit 15 Jahren als Gebäudereiniger arbeitet, sitzt noch im Konferenzraum und erzählt von den Bedingungen bei seinem Arbeitgeber: "Seit Jahren begeht er Tarifverstöße. Er bezahlte zum Beispiel nur 24 statt 29 Urlaubstage, teilweise wurden Fahrtzeiten nicht bezahlt, er führt Arbeitszeitkonten, und außerdem behindert er die Wahl des Betriebsrats." Über die fehlenden Zahlungen hätten er und seine KollegInnen sich zunächst schriftlich bei der Geschäftsleitung beschwert, dann hätten sie vor einem halben Jahr Anwälte eingesetzt. "Da kam dann das Geld", sagt der 52-Jährige. Obwohl er freigestellt sei, sei er zu dem Streik gekommen: "Ich will aktiv daran teilhaben - das, was wir kriegen, ist wirklich zu wenig." FRAUKE BÖGER
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