Streetball in Deutschland: Der Härteste wirft sich nach Alcatraz
Die deutschen Top-Streetballer müssen sich am Freitag in Bamberg beweisen. Nur der Beste qualifiziert sich für das Weltfinale vor der Küste San Franciscos.
BAMBERG dpa | Ihr Ziel ist der Knast. Nicht irgendeiner, sondern Alcatraz. Dort, wo einst Profiverbrecher Al Capone festsaß. „Die Knastatmosphäre passt einfach zu uns“, urteilt Streetball-Ikone Paul Gudde. Kaum jemand hat sich in den vergangenen Jahren so sehr der Streetballszene in Deutschland verschrieben wie der Kölner.
Und niemand würde den basketballähnlichen Sport wohl selbst so knallhart in die Ecke der Kriminalität drängen - obwohl er mittendrin steckt. Auch wenn das natürlich in erster Linie ein Marketingschachzug ist. 32 Streetballer kämpfen beim Deutschland-Finale der „King of the Rock“-Events am Freitag in Bamberg um einen Startplatz beim Weltturnier im historischen Hochsicherheitstrakt Alcatraz.
Vor der Küste San Franciscos wird dann im Herbst der Streetball-Weltmeister gekürt. „Im Gefängnis hat von unseren Teilnehmern glaube ich keiner gesteckt“, sagt Gudde, „aber das Image ist gut. Beim Streetball geht es dreckig zu, man ist draußen, der Wind pfeift, nur einer gewinnt.“
Es ist der alte Kampf zwischen zwei Männern, einer gegen einen. Nur, dass es hier nicht um Leben und Tod geht, sondern um sportliche Ziele. Der Sieger von Bamberg darf nach Alcatraz und sich dort mit den besten Streetballern der Welt messen. Draußen auf dem alten Knasthof.
Billigvariante des Basketballs
„Da ist es im Herbst ziemlich kalt, da geht es rau zu“, weiß Gudde. Nur die Härtesten können bestehen. In Bamberg beginnt die Suche, dabei sind mehrere Amateurbasketballer aus der 2. und 3. Liga. Wer die Streetballszene verstehen will, muss sich über ihre Anfänge im Klaren werden.
Irgendwann in den achtiger Jahren entfaltete sich die Billig-Variante des Basketballsports vor allem in den US-Großstädten mehr und mehr. Jugendliche ohne viel Geld und Zukunft, dafür aber mit viel Zeit und Energie tobten sich draußen aus.
Ohne Kunststoffböden oder schönen Körben, dafür mit Betonböden und hässlichen Körben, denen man ansah, dass mit ihnen kein Geld zu erwirtschaften ist. In den Neunzigern schwappte die Streetball-Welle nach Europa. Inzwischen gibt es fast überall Streetball-Turniere.
Dazu gehören auch die „King of the Rock“-Turniere, veranstaltet vom Energy-Drink-Hersteller Red Bull, der seit Jahren verstärkt eigenwillige Projekte im Trendsportbereich unterstützt. Bei sieben Qualifikationsturnieren haben Gudde & Co. in den vergangenen Wochen die 32 Finalisten für Bamberg ausgesucht.
Der Unterlegene fliegt raus
Am Freitagabend wird nach einer K.o.-Runde der „härteste“ Streetballer Deutschlands ausgespielt. Passenderweise ganz kurz vor dem Basketball-Bundesliga-Playoffspiel der Brose Baskets Bamberg gegen die Telekom Baskets Bonn am Samstag. Fünf Minuten dauert eine Partie - der Unterlegene fliegt raus.
Und anschließend wird bei Hip-Hop-Beats gefeiert, mit übergroßen Mützen und übergroßen T-Shirts und überlangen Hosen. So, wie die Sreetball-Szene eben tickt. Mitorganisator Gudde (30) sagt, er habe inzwischen die halbe Welt bereist in seiner Mission, den Streetball noch bekannter zu machen.
„Man ist freier und kreativer als im Basketball“, sagt er. Und doch: „Die Szene ist völlig unorganisiert. Das macht den Charme aus, zeigt aber auch die Problematik.“ Aber Professionalisierung ist in Sicht, ein bisschen zumindest. Vergangenes Jahr war ein Knastgelände in Kassel Herberge des Deutschlandfinales.
Nun ist es die Alte Posthalle in Bamberg. Mit echten Tribünen, immerhin aber auch: mit einem Betonboden. Bei allem Erfolgsdenken wollen die Streetballer ihr alternatives Image dann doch nicht opfern.
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