piwik no script img

Streetart von BluEndlosmetamorphose

Der Künstler Blu macht öde Mauern zu Leinwänden und aus seinen Graffittis Stop-Motion-Kurzfilme. Sein Lieblingsthema: der Kreislauf des Lebens.

Das Blu-Wandbild in der Berliner Cuvrystraße. Bild: blogs.taz.de/streetart

Nein, das Bild, das Sie über diesem Text sehen, ist kein Guerilla-Marketing für Rolex-Uhren. Der italienische Streetart-Künstler Blu, der gerade wieder einen neuen Stop-Motion-Film gemacht hat, zeigt hier vielmehr, wie man öde Häuserwände als Leinwand benutzen kann - und will mit seinem großformatigen, kopflosen Krawattenträger mit Handfesseln aus goldenen Uhren wohl eher Kritik an der terminorientierten Konsumgesellschaft üben.

Das Wandgemälde, das seit November 2008 die Rückenansicht eines Gebäudes in der Cuvrystraße in Berlin-Kreuzberg ziert und über die Graffitti-Szene hinaus bekannt ist, ist nur eines der vielen Kunstwerke von Blu (übrigens ein Pseudonym), der schon in Zentral- und Südamerika, im Westjordanland, in England, Spanien, Osteuropa und Italien arbeitete.

2007 malte er auf die Mauer um Bethlehem, die das Westjordanland von Israel trennt, sein ganz eigenes Bild vom israelisch-palästinensischen Konflikt: Eine Figur, die versucht, die Mauer mit ihrem Finger niederzureißen. Seit 1999 dienen Blu die Mauern und Hauswände dabei nicht nur als größere Leinwand oder als (Projektions-)Fläche - sie verschmelzen immer mit dem Werk.

Noch deutlicher wird das in seinen Stop-Motion-Filmen, durch die er sich von Kollegen wie Banksy unterscheidet.

In den Kurzfilmen erweckt Blu seine Kunstwerke zum Leben: Da wirft ein Dinosaurier seinen Körper schlangengleich ab und schlüpft als kleinerer Dinosaurier daraus hervor, bis er von einem größeren gefressen wird, welcher wiederum von einem noch größeren gefressen wird. Krebse krabbeln über Mauern und laufen in Sand gemalt weiter Richtung Wasser. Mauern werden durchbrochen und bilden ein Gesicht mit Augen, die zwinkern, und einem Mund, der spricht. Oder zwei außerirdische Wesen, die nur aus Armen, Beinen und je einem Auge bestehen, verschlingen einander und bilden einen Kopf, dieser öffnet den Mund und heraus fallen Zähne, die auf dem Boden in Richtung Straße weglaufen.

Insgesamt sechzehn Videos gibt es mittlerweile von Blu, einige von ihnen sind Making-ofs seiner Wandbilder, andere Streetart-Animationen. Die meisten seiner Filme enden so, wie sie beginnen, zum Beispiel mit einem kleinen, gemalten Kreis, der eine Eizelle symbolisiert, und sind somit endlosschleifenkompatibel. Es geht immer um den Kreislauf des Lebens, die Evolution, Metamorphose, Weiterentwicklung und Bewegung. So bleibt das Werk von Blu wohl ewig aktuell. Schade ist nur, dass nach Blus Streetart-Animationen wenig von den Graffitis übrig bleibt - außer einem Video, das man im Internet anschauen kann. Die Filme von Blu sind auf www.blublu.org zu sehen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!