Straßenschlachten in britischen Städten: Rechtsextreme wollen eingreifen
Die rechtsextreme "English Defence League" kündigt an, gegen die Randalierer vorgehen zu wollen. In Birmingham hat die Polizei Ermittlungen wegen Mordes eingeleitet.
LONDON/BERLIN rtr/dapd/afp | Nach den Straßenschlachten in mehreren britischen Städten in den vergangenen vier Nächten werden Forderungen nach einem härteren Durchgreifen der Polizei laut. Die rechtsextreme English Defense League (EDL) kündigte an, selbst Patrouillen laufen zu wollen.
In Birmingham leitete die Polizei Mordermittlungen ein, nachdem drei muslimische Männer von einem Auto überfahren worden waren. Ein Freund der Getöteten sagte der BBC, sie hätten zu einer Gruppe gehört, die ihr Wohngebiet vor den Randalierern habe schützen wollen. "Das Auto hat einen Schlenker direkt auf sie zu gemacht. Es war eiskalter Mord", sagte der Augenzeuge.
Der Chef der rechtsextremen English Defence League (EDL) kündigte an, die Gruppe wolle Mitglieder auf die Straßen schicken, um die Unruhen in mehreren britischen Städten zu ersticken. So sei geplant, dass in Luton - dem Sitz der Gruppe - aber auch in Manchester und anderen Orten bis zu 1.000 Mitglieder ausrücken sollten, sagte EDL-Führer Stephen Lennon der Nachrichtenagentur AP. Lennon sagte, er könne nicht garantieren, dass es keine gewaltsamen Auseinandersetzungen mit randalierenden Jugendlichen geben werde.
Einige Mitglieder würden bereits Patrouillen laufen, um Randalierer abzuschrecken, sagte Lennon. Hunderte weitere würden ihnen am Mittwoch folgen. "Wir werden die Unruhen stoppen, die Polizei ist dazu offensichtlich nicht in der Lage", sagte er. Die EDL war von dem geständigen norwegischen Attentäter Anders Behring Breivik in seinem Manifest als inspirierend beschrieben worden. Breivik hatte im vergangenen Monat bei zwei Anschlägen 77 Menschen getötet.
In London sind die Gefängnisse mittlerweile überfüllt, wurden doch allein in der Hauptstadt bisher 685 Menschen festgenommen. Gegen mehr als 100 mutmaßliche Randalierer in London wurde Anklage erhoben. Unter den Beschuldigten ist auch ein elfjähriges Kind.
Unterdessen wurden in London Forderungen nach einem robusteren Auftreten der Polizei laut. Der konservative Abgeordnete Patrick Mercer verlangte den Einsatz von Tränengas und Wasserwerfer gegen die Randalierer. "(Die Einsatzkräfte) sollten über diese Instrumente verfügen und sie einsetzen, wenn der Polizeichef es für angemessen hält", sagte Mercer. Der ebenfalls konservative Premierminister David Cameron wies diese Forderungen jedoch zurück.
In Deutschland ist alles besser, sagt Friedrich
Die Jugendkrawalle in Großbritannien haben Befürchtungen ausgelöst, dass es hierzulande zu ähnlichen Ausschreitungen kommen könnte. Die Deutsche Polizeigewerkschaft warnte am Mittwoch, "die Bedingungen, unter denen solche Gewaltorgien entstehen" seien in Deutschland "exakt die gleichen". Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sieht allerdings keinen Grund zur Sorge.
Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, warf der deutschen Politik im Sender n-tv vor, die nach seiner Ansicht auch in Deutschland bestehende Gefahr nicht sehen zu wollen: "Politiker sind ja geübte Realitätsverweigerer, die immer wieder von Gewaltausbrüchen auch in Deutschland überrascht werden. Von daher gibt es einen parteiübergreifenden Konsens, bestimmte gesellschaftliche Entwicklungen nicht zur Kenntnis zu nehmen."
In der Bild warnte Wendt, vor allem in Großstädten wie Hamburg und Berlin könnten "aus nichtigen Anlässen rasch derartige Brennpunkte entstehen, die nur schwer in den Griff zu bekommen sind". Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) sieht seine Stadt für den Fall von Ausschreitungen wie in Großbritannien jedoch gut gerüstet. Sollten "ähnliche Krawalle wie in englischen Städten" auftreten, könnte Berlin "in kürzester Zeit durch Unterstützung der Bereitschaftspolizeien der anderen Bundesländer und des Bundes eine hohe Polizeidichte erlangen", sagte Körting der Rheinischen Post.
Friedrich sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung, die soziale Integration in Deutschland sei in den vergangenen Jahren sehr gut vorangekommen. "Solche gesellschaftlichen Spannungen wie aktuell in England oder in anderen europäischen Ländern haben wir glücklicherweise derzeit nicht." In Deutschland sei es Konsens, dass Gewalt gegen unbeteiligte Menschen kein Mittel sei, um politische oder sonstige Ansichten durchzusetzen. "Diesen Konsens aufrechtzuerhalten und auf die Jugendlichen zu übertragen, bleibt die Erziehungsaufgabe unserer Gesellschaft, von allen Lehrern, Eltern und Vereinen", sagte der Innenminister.
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