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Archiv-Artikel

taz-Adventskalender (8): die schicke Muckibude Strampeln, schwimmen, schwitzen

Stehen Sie auf fade Schokotäfelchen? Wir auch nicht. Die Türen des taz-Adventskalenders verbergen anderes: geheime Schätze und wilde Tiere. Sex and Crime. Letzte Dinge. Bis Weihnachten öffnen wir täglich eine Tür – auf einem Kalender namens Berlin.

Wer durch die einfache Glastür des „Elixia“ am Ostkreuz will, muss 19 Euro berappen (selbst wer in Begleitung eines Clubmitglieds kommt, muss für die Tageskarte immer noch 15 Euro hinlegen). Wellness ist eben nicht billig – auch nicht in der Aktiv-Variante eines Fitness-Klubs, in dem breitere Bevölkerungsschichten einen Hauch von Luxus atmen.

Das Motto ist eindeutig: Immer muss ich an alles denken, jetzt denk ich mal an mich, heißt es sinngemäß auf einem Werbeflyer, der junge Mütter ansprechen soll. Die können ihre Kleinen im Club-Kindergarten abgeben, während sie das Standardprogramm durchziehen: strampeln, schwimmen, saunen. Geboten wird vor allem: viel Platz. Umkleiden, Geräte- und Saunaräume sind so großzügig ausgelegt, dass sie sogar dann eine relaxte Atmosphäre ausstrahlen, wenn viele Besucher da sind. Und: Im Vergleich zu manch schmuddeliger Muckibude ist alles sehr sauber, auch wenn es auf dem Männerklo nach Urin riecht.

An diesem frühen Winternachmittag ist allerdings noch nicht viel los. Auf Step-Geräten und Standfahrrädern rackern sich nur wenige Besucher ein paar Kalorien herunter, stur den Blick auf die Fernsehbildschirme oder die Schwimmhalle gerichtet, die sich hinter einer Glaswand befindet. Auch die Bodybuilding-Geräte sind noch wenig besucht. Geräte gibt es anscheinend für jede Muskelfaser des Körpers, die man straffen oder aufbauen kann: Wade, innerer Oberschenkel, äußerer Oberschenkel, Nacken. Wem die langen Beschreibungen an den Geräten zu kompliziert sind, fragt die Trainer.

„Kennen Sie eine Übung für den oberen Brustmuskel?“, fragt ein Besucher die durchtrainierte Übungsleiterin, die gerade aus einem MTV-Video gehüpft sein könnte. „Negatives Bankdrücken“, so ihre kurze Antwort. Als der Mann nicht gleich kapiert, führt sie ihn freundlich zum Gerät: Der Obere-Brustmuskel-Trainierer legt sich auf eine schräge Bank, auf der die Beine nach oben und der Kopf nach unten zeigen. In dieser Haltung muss er eine gerade Stange mehrfach mit beiden Armen von der Brust nach oben drücken. Dass der schmale Mann keine Gewichte auflegt, weil die Stange schwer genug zu sein scheint, lässt die beiden muskelbepackten Männer an den Nachbargeräten nicht in triumphierendes Gelächter ausbrechen – sehr sportlich.

Sportlich geht es auch im Schwimmbereich zu. Einer zieht seine Bahnen superschnell mit Flossen, eine andere schwimmt eher gemütlich dem Ende eines abwechslungsreichen Sportnachmittags entgegen. Danach in die Sauna: Es gibt eine normale, eine Dampf- und eine Wohlfühlsauna. In der Letzteren ist es nicht ganz so heiß, außerdem wechselt öfter das Licht. Leider kommt man aus dem Saunabereich nicht an die frische Luft.

Bei den Kunden scheint das Fitness-Center anzukommen. „Wenn ich mein Kind ins Bett gebracht habe, kann ich nach 21 Uhr noch schwimmen gehen“, sagt ein junger Arzt aus Friedrichshain. „In der Schwimmhalle gibt es immer freie Bahnen“, ergänzt eine Studentin. Und eine Angestellte meint: „Die Atmosphäre hier ist entspannt.“ Das Ganze hat seinen Preis: Für 84 Euro im Monat kann man das Studio während der gesamten Öffnungszeiten nutzen. Billiger wird es, wenn man sich vertraglich länger bindet oder nur tagsüber kommen will. RICHARD ROTHER

Morgen: Elefantenhaus-Tor