Strafverfahren wegen Verunglimpfung: Der beleidigte Präsident
Bundespräsident Wulff löst ein Staatsschutz-Verfahren wegen eines Foto-Kommentars auf Facebook aus. Ihn zu "verunglimpfen" ist ein eigener Straftatbestand.
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BERLIN taz/dapd | Der 45-jährige Zittauer Jörg Domsgen muss sich vor der Staatsschutzkammer des Landgerichts Dresden verantworten, weil Bundespräsident Christian Wulff sich durch einen Facebook-Kommentar beleidigt fühlt. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Verunglimpfung des Bundespräsidenten und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Die Beleidigung des Staatsoberhaupts steht gesondert unter Strafe - mit bis zu fünf Jahren Haft. Sie wird nur auf Antrag des Präsidenten verfolgt.
Domsgen hatte ein Foto kommentiert, das Wulff und seine Frau Bettina beim Winken während der Amtseinführung zeigt. Auf dem Foto streckt Bettina Wulff den rechten Arm heraus - wie beim Hitlergruß. Domsgen kommentierte: "fehlt eigentlich nur noch das Schiffchen auf dem Kopf der Dame und schon haben wir fast ein Blitzmädel im Afrikaeinsatz - hübsch - wenn dieser Herr daneben nicht wäre".
Als Blitzmädels wurden im Zweiten Weltkrieg Wehrmachtshelferinnen bezeichnet. Hunderttausende Frauen und auch Mädchen waren in den letzten Kriegsmonaten im Militäreinsatz, auch in besetzten Gebieten. Sie leisteten Hilfsdienste, wurden aber auch an Flugzeugabwehrkanonen ausgebildet und eingesetzt. Die Bezeichnung "Blitzmädel" ist abgeleitet von dem Blitz-Symbol der Fernmeldetruppen.
Laut Domsgen folgte eine Anzeige aus Hannover bei der Staatsanwaltschaft - die wiederum beim Bundespräsidialamt das Okay für die Ermittlungen holte. Das Bild kursierte Ende des Jahres 2010 durch das Internet.
Domsgens Anwalt betrachtet das als Satire, "Vielleicht war das eine verunglückte Formulierung, aber keine Beleidigung". Domsgen nennt sich selbst "streng konservativ" - und gehört zu einer kleinen Rechtsaußen-Partei aus Zittau.
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