Straftaten von Rechtsradikalen: „Auf die Springerstiefel treten“

Neonazis begehen auch viele „normale“ Straftaten. NRWs Innenminister will rechtsextremen Handtaschenräubern mit größerer Härte begegnen.

Kein schöner Anblick Bild: dpa

BERLIN taz | Rechtsradikale sind nicht nur für ihre politischen Feinde und für Migranten gefährlich. Das ergab eine neue Auswertung der Kriminalstatistik von Nordrhein-Westfalen. „Heute verprügelt ein Neonazi einen Ausländer, morgen stiehlt er einer alten Frau die Handtasche“, fasst SPD-Innenminister Ralf Jäger die Untersuchung zusammen.

Ende 2011 hatte Jäger einen Acht-Punkte-Plan gegen Rechtsextremismus verkündet. Dazu gehörte gleich als erster Punkt eine Neugestaltung der Kriminalstatistik. Dabei sollten alle Taten von Rechtsextremisten, auch allgemeine Straftaten, gesondert ausgewiesen werden. Jetzt liegt das Ergebnis für das erste Halbjahr 2012 vor. Danach haben Rechtsextremisten 1.517 politisch motivierte Straftaten begangen, davon rund 1.200 Propagandadelikte.

Hinzu kommen aber noch 616 Delikte der Allgemeinkriminalität, wie Diebstahl und Betrug. Besonders deutlich wird die Gefährlichkeit, wenn man nur die Gewaltdelikte betrachtet: Neben 88 politisch motivierten Taten, überwiegend Körperverletzungen, stehen deutlich mehr unpolitische Taten, nämlich 145. „So bekommen wir ein klareres Bild vom Bedrohungspotenzial der Neonazis“, so Jäger. „Das ist die Voraussetzung, dass wir gegen die braunen Kriminellen schlagkräftiger werden.“

Zu Jägers Vorgaben gehört, dass alle Taten von Rechtsextremisten zunächst vom Staatsschutz bearbeitet werden, auch der Handtaschenraub. Dies soll sicherstellen, dass politische Motive, etwa bei Schlägereien, nicht übersehen werden. Doch will Jäger auch die definitiv unpolitischen Delikte nutzen, um den Neonazis „auf die Springerstiefel zu treten.“

Die Gesinnung des Täters

Der Staatsschutz solle die Justiz auch bei nicht rechtsradikal motivierten Delikten über die Gesinnung des Täters und andere anhängige Verfahren aufklären. So erhofft sich Jäger, dass bei rechten Straftätern weniger Verfahren eingestellt, häufiger Haftbefehle ausgestellt werden und Untersuchungshaft angeordnet wird. Auch härtere Strafen bei allgemeiner Kriminalität hält Jäger für notwendig.

Das Strafgesetzbuch sieht zwar vor, dass bei der Strafzumessung „die Gesinnung, die aus der Tat spricht“, zu berücksichtigen ist, ebenso „die Beweggründe und die Ziele des Täters“. Deshalb können politisch motivierte Nazi-Taten auch besonders hart bestraft werden. Beim Handtaschenraub des Nazi-Täters kann allerdings dessen Gesinnung laut Gesetz kaum berücksichtigt werden.

Christian Friehoff, der NRW-Landesgeschäftsführer des Deutschen Richterbunds, kommentiert die Politik des Innenministers ganz diplomatisch: „Die Richterschaft des Landes NRW ist gefestigt genug, jeden Fall einzeln zu beurteilen und nicht nach politischen Vorgaben zu entscheiden.“

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