■ Störzeile: Der Traum der Werber
Wahlkämpfers Traum: Die Gegengerade applaudiert. Im Wilhelm-Koch-Stadion, nur einen Steinwurf von den aus Funk und Fernsehen bekannten Häusern der Hafenstraße entfernt, ertönen ungewohnte Sprechchöre. „Hacki, Hacki“ wird skandiert, die Einwechslung des Terriers von der Kurt-Schumacher-Allee gefordert, um die schon mit Spielführer „Voschi“ besetzte Rechtsaußenposition der Equipe in den stark verwaschenen roten Trikots noch weiter zu stärken. Derweil laufen sich an der Seitenlinie Spieler des Spiels um den dritten Platz warm – gelb gegen grün.
Politiker so populär wie Fußballstars. Ein Traum, den die Werbeagentur träumte, die Hamburgs Passanten mit dem sinnigen Werbeslogan „Stell Dir vor, es ist Wahl, und jeder geht hin“ allerorts belästigt. Adrette Mädels, lustige rote Luftballons und eine autonom angehauchte Gegengerade, die einen Button mit besagtem Werbesprüchlein spazierenträgt.
Offenbar unvorstellbar für die Verantwortlichen des FC St. Pauli, die ihre Pappenheimer im Stadion besser kennen. Schüchtern nur wurden beim Heimspiel am Sonnabend gegen Chemnitz an den Eingängen fern der Gegengeraden Aufkleber und Buttons verteilt, die sich langsam auf dem Asphalt festtraten. So schüchtern, daß es kaum jemand merkte, der zu St. Pauli ging. Zumal auf die adretten Damen und die Luftballons völlig verzichtet wurde – was der HSV bei dessen erstem Heimspiel am Wochenende kaum tun dürfte.
Aber im Präsidium des Kiez-Clubs hat doch das Realitätsempfinden gesiegt bei der Veranstaltung: „Stell Dir vor, es ist Wahl, und sie kommt ausgerechnet zu Dir.“ Kai Rehländer
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