Störzeile: Rettershaus e.h.
■ Endlich regiert einer, der nicht in einer Partei ist, die nicht im Parlament sitzt
Der Aufschwung kommt. Vier Jahre hat diese Stadt auf diesen Tag gewartet: Endlich rückt der Mann an die Spitze des Senats, dem diese Ehre qua Titel gebührt: Professor Doktor Rittershaus. Ehrenhalber zwar, aber egal. Wer nur einen popeligen „Dr.“vorzuweisen hat, wird bekanntlich abgewählt.
Das Volk will seinem Regierungschef per Schulterklopfen vertrauen können – und sei es nur für die paar Wochen, die dem parteilosen Rittershaus bleiben. Solange aber wird Geschwätzigkeit zur Tugend.
Erste lokale Impulse machten sich sofort bemerkbar, als der neue Senatschef gestern seinen Namen zum Programm erklären und sich in „Rettershaus“umtaufen ließ: Die Aktienkurse für Baggergut aus der Elbe stiegen, die Transrapid-Betreiber kreierten den neuen Schwebewaggon „Erhard“. Hamburgs Herrenausstatter berichteten vom besten Umsatztag: Ein rüstiger Mittsechziger habe zig Anzüge in Plastiktüten gestopft, „nur vom Feinsten“und „Jobs sichern“gerufen, denn er sei jetzt „erster Mann“. Nur von Blümchenkrawatten wollte er nichts wissen, obgleich sie dieser Tage Symbol des Erfolgs sind.
Ex-Statt-Partei-Spitze Jürgen Hunke darf sich derweil ein Loch in sein weit aufgerissenes Hemd freuen über Rettershaus' erste Regierungstat: Den aus der Bürgerschaft abgewählten Grauen wird das parlamentarische Überleben unabhängig von Wahlergebnissen gesetzlich garantiert. Enttäuschend dagegen die Reaktion einiger wortkarger Senatoren: Per Geschäftsordnung wollen sie die Redezeit pro Wortbeitrag auf nur 15 Minuten begrenzen. Heike Haarhoff
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