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StörzeileGanz normal

■ Wie der Fernsehsender RTL den investigativen Journalismus vorantreibt

Geradezu vorbildlich hat sich RTL einem brisanten Thema genähert. Nachdem in diesem Sommer bereits sechs Menschen in schleswig-holsteinischen Gewässern ertrunken sind, täuschte der Fernsehsender am Mittwoch einen Badeunfall vor, um zu testen, wie flott die Retter vor Ort sind. Ein Mitarbeiter trieb vor Grömitz in der Ostsee, schrie um Hilfe und ließ sich hin und wieder unter Wasser sinken.

Gute Idee. Das nächste Mal, wenn ein Bilderschänder entweicht, nähern wir uns probeweise den Gemälden der Kunsthalle mit irrem Blick und einem Fläschchen klarer Flüssigkeit in der Hand. Und wenn wieder eine Handgranate in der Disco hochgeht, stecken wir uns Küchenmesser in den Hosenbund und begehren Einlass in die Tanztempel der Stadt. Wir lungern mit Tonfas am Hauptbahnhof herum und flanieren mit den Schlagstöcken an der Hüfte vor den BGS-Beamten auf und ab. Und unsere Fotografen lauern im Gebüsch. So einfach ist in-vestigativer Journalismus. Und so cool. Die einzigen, die ein wenig stinkig reagieren werden, sind die Beobachteten. Aber das macht nichts.

Denn RTL hat es nicht nur vorgemacht, sondern auch glänzend gerechtfertigt: „Das ist unsere ganz normale journalistische Vorgehensweise“, beteuerte Sprecher Markus Jodel und lügt, so steht zu befürchten, damit keineswegs. Die Polizei sah den Vorfall eher pragmatisch: „Wir waren vergebens, aber nicht umsonst unterwegs“, sagte ein Polizeisprecher, „die Rechnung geht an den Sender.“

Eberhard Spohd

Siehe Meldung Seite 22

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