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Archiv-Artikel

Stimmabgabe

Erhöret sie: Zum dritten Mal veranstaltet der Bremer Jazzer Uli Beckerhoff ein Fest der VokalistInnen

Sonnica Yepes rettet den Tangovor seinenKlischees

Noch vor ein paar Jahren war Uli Beckerhoff nach eigener Aussage nicht besonders an Vokalmusik interessiert. Doch dann bekam er für ein Musikprojket im Künstlerhaus am Deich carte blanche und wollte einfach mal etwas für ihn ganz Neues ausprobieren.

So entstand die Formation „La Voce“ mit drei VocalistInnen aus drei Ländern, deren verschiedene Temperamente, Musik- und Gesangsstile Beckerhoff zusammen mit dem Bassisten Hartmut Kracht zu einer lyrisch, lebensfrohen Mischung vereinte. Das Projekt war unerwartet erfolgreich und aus ihm entstand die Idee zum „Stimmenfestival Unerhört“, das an diesem Wochenende schon zum dritten Mal im Schauspielhaus stattfindet.

Im Grunde ist auch das Festival nach dem Prinzip „La Voce“ aufgebaut: Jeder Stimmkünstler kommt aus einem anderen Land und singt in einem anderen Genre, nur treten sie hier nicht zusammen, sondern nacheinander mit den eigenen Formationen auf. Oder aber auch solo – etwa wie Anna Lindblom aus Schweden, die das kleine Festival am Samstag um 20 Uhr eröffnet. Sie ist eine experimentelle Performerin, die traditionelle skandinavische Songs mit Elektronik und Stimmeffekten verfremdet, und so etwas wie die Antwort des alten Europas auf Laurie Anderson gibt.

Als einziger Jazzvokalist des Programms wird dannach Norbert Gottschalk Eigenkompositionen, Jazzstandards und Popsongs interpretieren. Er gehört zu der Schule derer, die ihre Stimme wie ein Instrument einsetzen und mit ihr virtuose Improvisationen entwickeln. Begleitet wird er von Frank Haunschild (Gitarre), Gunnar Plümer (Bass) und – Uli Beckerhoff. Das ist ihm selber eher unangenehm, aber die Bremer wollen nun mal ihren einzigen Jazzstar auf seiner Trompete hören.

Am Sonntag ab 20 Uhr singt Ghalia Benali aus Tunesien mit tief-rauchiger Stimme Lieder aus nordafrikanisch-arabischen Traditionen, etwa dem der Sufi,und die Spanierin Sonnica Yepes versucht mit ihrem Sextett „Un Tango mas“ die Musik dieses Tanzes vor ihren Klischees zu retten.

Dazu interpretiert sie mit ihrer „rauchig-verhangenen, dann wieder herb-klaren Sopranstimme“ – so ein Kritiker – in eigenwilligen Bearbeitungen sowohl Klassiker von Carlos Gardel wie auch Originalarrangements des Tangokönigs Astor Piazolla.

Wilfried Hippen

Schauspielhaus, Samstag und Sonntag, jeweils 20 Uhr