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Stille Post

Das hat uns der Teufel Jarmusch beschert! Dank Dead Man sind all die Western-Klischees, die vordem in akademischen Kreisen als reaktionär, chauvinistisch und verlogen gegeißelt wurden, nunmehr salonfähig. Wenn nicht gar saloonfähig. So widmete die hiesige Kunsthochschule ihren Jahresabschlußball diesmal in eine „Country & Western-Party“ um. Die „Badewanne“, Zentralort aller HfK-Geselligkeiten, bot sich dem Festgast heuer als Pappmaché-Saloon, darinnen all die nachgemachten Dead Men bzw. Women herumstiefelten. In Cowboyhut, Weste, Stiefel, Schnauzbart und Rock gewandet, auch überdimensionierte Schießgewehre durften nicht fehlen. Eine wahre Parade an Jammergestalten aus dem Jarmusch-Universum vergnügte sich da. Und gar nicht mal übel. Dochdoch. Hoffen wir dennoch, Modefilmer Jarmusch möge nicht das Muskel-und-Sandalen-Genre für sein nächstes Filmprojekt ins Auge fassen. Das könnte Folgen haben.

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James „Terminator“ Cameron hat sein auf grobe schwarz/weiß-Kontraste reduziertes Weltbild wieder mal zu Papier gebracht und neben allerhand grenzdebil-martialischen Pappkameraden auch noch ein wenig Gesellschaftskritik ins Drehbuch gepackt. Das kommt ab und an ganz gut neben all den Schießereien aus großkalibrigen Waffen und volltönenden Hieben in dumme Visagen. Camerons Ex-Frau Kathryn Bigelow durfte Regie führen in „Strange Days“. Die wahrhaftig ausgebrochen sind im L.A. der Silvesternacht vor der Jahrtausendwende. Alle Welt ist zum Feiern und Raufen auf der Straße, bloß die Psycho-Krüppel nicht, die sich ihre Orgasmen und Adrenalin-Stöße per CD-Rom, bzw. dessen Weiterentwicklung SQUID abholen. SQUID-Junkies setzen den SQUID-Helm auf, der Erlebnisse direkt ins Hirn einspeist. Feeling: Wie wennste schwebst. Virtual Reality, freigegeben ab 18, gewissermaßen. Nebenbei prangert Bigelow damit auch noch den bösen Voyeurismus an. Keine Frage: das wirkt abschreckend. Vor allem, wenn Juliette Lewis („Natural Born Killers“) dazu singt: „I can hardly wait!“ taz

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