: Stille Post Geflüstertes aus Kultur & Gesellschaft
Gemeinhin gilt das TV als Sedativ. Es gehört zum guten Ton zu bekennen, daß man vor dem Bildschirm mal wieder eingeschlafen ist. Menschen mit Schlafstörungen haben jetzt auch im Kino gute Chancen auf Heilung. „Eine Couch in New York“ bietet sich dafür an. Die Geschichte des frustrierten New Yorker Psychoanalytikers, der sein upper class-Appartment gegen die feuchte Mansarde einer Pariser Tänzerin tauscht, ist so konsequent uninspiriert, daß man schließlich während der entsetzlich papiernen Dialoge zwischen William Hurt (der sich hier unter Wert verkaufen muß) und Juliette Binoche eindämmert. Daß die beiden sich auch noch ineinander verlieben, glaubt kein Mensch. Regisseurin Chantal Akerman, bitte drehen Sie keine „romantischen Komödien“ mehr! „Eine Couch in New York“ ist nicht kino-, sondern apothekenpflichtig – als homöopathisches Schlafmittel.
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Mark Scheibe brachte das Publikum im Kino 46 zum Singen. Kurzerhand teilte er die Gäste in zwei Hälften und ließ sie „Schubidubidu“ intonieren. Setzte sich ans Piano und schüttelte Töne aus dem Ärmel. Nach dem freundlichen warming up betrat Jürgen Alberts die Bühne, um das Geschenk vorzustellen, das er sich zu seinem 50. Geburstag gemacht hatte. „Der große Schlaf des J.B. Cool“ hieß das, und das Cover des neuesten Alberts-Roman ziert ein verfremdetes Foto Humphrey Bogarts, hinter dem wissend – Jürgen Alberts hervorlugt. Nett, wie sich Alberts und Scheibe die Bälle zuspielten und die Lesung durch Piano-Tüpfel auflockerten. Denn man mußte schon ein Freund des Plagiats sein (so der Untertitel des Krimis) und ein Freund von Chandler-Stoffen, um dem neuen Alberts viel abgewinnen zu können.
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Eine Empfehlung wert ist „emfol“. Die gleichnamige Installation der Nürnberger Künstlerin Leni Hoffmann ist bis zum 5.10. im Künstlerhaus (Am Deich 68) zu sehen. Wer „emfol“ sieht, ist erst mal irritiert. Man sieht sich mit einer schlicht verputzten Mauer konfrontiert, die das Zimmer wellenförmig teilt. Ihr Funktion eröffnet sich erst, wenn man nicht betreten davor stehen bleibt, sondern dem Drang nachgibt, sich abzuwenden. Die Sicht wird nach außen gelenkt, dem Publikum bleibt die Wahl der Fensterfronten und verschiedener Ausblicke auf einen manipulierten Außenraum: auf der einen Seite verwundern Knetkugeln auf Garagendächern, auf der anderen verstellt ein weiteres Mäuerchen die Landschaft. Das Experiment der Raumverfremdung soll neue Blicke öffnen. Im Gedächtnis bleibt nur der Blick auf eine karge Nachbarschaft mit Accessoires. Allemal mehr als eine Couch in New York, taz
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