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Stille Örtchen

Früher wurde er zärtlich „Mitternachtsvase“ oder „Thron“ genannt, aber auch als „Seichkachel“ oder „Kammerscherbe“ bezeichnet: der Nachttopf. Als „unersetzlichen treuen Begleiter der Menschen durch zwei Jahrtausende“ bezeichnet ihn heute liebevoll der Münchner Jurist Manfred Klauda, seit 13 Jahren passionierter Sammler der einst dringend benötigten Gefäße. Für sein „Erstes Nachttopf-Museum der Welt“ in München trug er mehr als 2.000 Exemplare zusammen. Die Besucher erfahren allerlei Wissenswertes über die nützlichen Pötte. Da sind zum Beispiel die bunten Schüsseln aus dem 19. Jahrhundert, die ehemals Stammtischbrüdern in Bayern gehörten und mit poetischen Sprüchen wie „Kanonendonner ist unser Gruß“ oder „Drückt dich Kummer und Leid, setz dich auf mich, dann wirst du befreit“ verziert sind. Weil jeder der fröhlichen Zecher seinen eigenen Nachttopf in der Wirtsstube deponiert hatte, waren die Behälter auch mit dem Namen des Benutzers gekennzeichnet. „Eigentlich ist das Wort ,stilles Örtchen‘ irreführend“, weiß Klauda, „denn bis etwa 1850 wurde die Notdurft ganz selbstverständlich vor den Augen aller Anwesenden, also auch im Gasthaus verrichtet. Man nahm die Nahrung zusammen auf und hat sich auch zusammen davon befreit.“ Dieser schöne alte Brauch ist leider längst Geschichte, ebenso wie die Rokokotöpfe, in deren Böden Spiegel eingelassen waren. „Das war zu einer Epoche, in der alles Pikant- Erotische Hochkonjunktur hatte“, erzählt der stolze Museumsdirektor, „alles, auch die Notdurft, sollte Spaß machen.“

Heutzutage ist es mit dem Spaß natürlich längst vorbei, im Gegenteil, es gibt immer wieder Ärger bei der persönlichen Sitzung. So streiten sich gerade die beiden Kammern des Parlaments im US-Staat Texas darüber, wie hoch die Anzahl der öffentlichen Toiletten für Frauen sein soll. Das Repräsentantenhaus will doppelt so viele Damen- wie Herrenklos. Der Senat dagegen fordert dreimal so viele Toiletten für Frauen wie für Männer. Hintergrund des Streits ist der Fall einer Texanerin, die festgenommen worden war, weil sie in einer Konzerthalle die Herrentoilette benutzt hatte. Sie war jedoch später freigesprochen worden, als sie ihr „Vergehen“ mit der zu langen Warteschlange vor der Damentoilette begründete.

Vielleicht sollten die Texaner mal in München ins Museum gehen. Da fällt ihnen möglicherweise eine äußerst kostengünstige Lösung ihres Problems ein. Karl Wegmann

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