Steve-Jobs-Puppe aus China: Von den Toten auferstanden
Eine chinesische Firma bringt Anfang Februar eine detailgetreue Steve-Jobs-Figur auf den Markt. Apple will gegen die Produktion rechtlich vorgehen. Kult oder Kitsch?
SHANGHAI taz/afp | Die chinesische Firma In Icons plant Anfang Februar eine Puppe mit dem Aussehen des verstorbenen Apple-Gründers Steve Jobs auf den Markt zu bringen und will diese nicht als Spielzeug verstanden wissen. "Wir machen die Figuren für Apple-Fans, die Jobs wirklich bewundern und traurig über seinen Tod sind", sagte nach Angaben der Nachrichtenagentur afp ein Vertreter der in Hongkong ansässigen Firma DiD Corp.
Wer also seinen Traueraltar mit einer 30 Zentimeter großen Steve-Jobs Gottheit aufpimpen möchte, der kann das für satte 99 US-Dollar tun. Der Miniatur-Gottheit fehlt es kaum an Details: Sie trägt die für Jobs typische Nickelbrille und einen gestutzten Vollbart.
Die haselnussbraunen Augen blicken den Betrachter entschlossen an und seine Lippen scheinen im nächsten Moment die drei Wörter mit Kultstatus auszusprechen: "One more thing." Das ist noch nicht der Gipfel an "Jobsigkeit": Es können dazu Sneaker, blaue Jeans und der legendäre schwarze Rollkragenpullover bestellt werden.
Auch enthält die Puppe drei Handpaare, die die Steve Jobs typischen Gesten nachahmen. Darunter die Klassiker wie die zusammengefalteten Hände oder die Zeigegeste. Ein realistischer Mini-Plastik-Steve-Jobs: Fragt sich allerdings, wer so eine Figur braucht. Kinder oder gar Erwachsene? Kinder nicht!
Wer in der Steve-Jobs-Puppe eine Unterhaltung für seine lieben Kleinen sieht, wird sogleich von der Firma gemaßregelt: "Unser Ziel ist es, ein Sammlerstück zu schaffen, kein Spielzeug. Daher achten wir bei Design und Herstellung sehr auf jedes kleinste Detail", sagte der Firmenvertreter laut afp. Dem Verbraucher vorzuschreiben, wie er die Figur verwenden soll, hat einen üblen Beigeschmack. Als sei die Figur durch das Spielen entweiht und man hätte Blasphemie ausgeübt.
Was sagt Apple dazu?
Apple ist vom Totenkult der chinesischen Firma wenig begeistert und geht gewohnt rigoros vor. Nach Angaben der britischen Zeitung The Telegraph hat Apple In Icon aufgefordert, eine Unterlassungserklärung zu unterschreiben. Die Puppe sei geschmacklos. Außerdem stelle jedes Spielzeug, das eine Ähnlichkeit mit dem Logo der Firma habe oder Steve Jobs Namen oder Aussehen benutze, eine kriminelle Handlung dar.
Dabei beruft sich Apple auf das kalifornische Recht, den "California Celebrities Rights Act". Es besagt, dass Name, Abbild, Stimme und Unterschrift einer Person bis zu 70 Jahren nach dem Tod nicht ohne ihre Zustimmung von anderen verwendet werden dürfen. Zumindest in den USA wäre somit dem Verkauf der Puppe ein Riegel vorgeschoben.
Bevor aber Steve Jobs-Anbeter in völlige Lethargie fallen und versucht sind Kerzen und Rosen wieder einzupacken: Vermutlich wird der Verkauf der Puppe von Apple nicht verhindert werden können. Der Hersteller verzichtet bewusst auf die Verwendung von Apple-Logos. Damit greift das Markenschutzgesetz nicht und die Plastik-Jobs dürfen die Welt erblicken.
Im Übrigen glaubt der Chef von In Icons, Tandy Cheung, nicht an einen Erfolg Apples: "Steve Jobs ist kein Produkt. Ich glaube nicht, dass Apple auf ihn ein Copyright hat," sagte er dem US Fernsehsender ABC.
Inwiefern die Actionfigur zum Totenkult Steve Jobs beiträgt, bleibt offen. Spätestens wenn die Ehrung einer Persönlichkeit in Merchandising-Artikel wie Tassen, T-Shirts oder Puppen übergreift, scheint es mit der Totenhuldigung dahin zu sein. Bestes Beispiel dafür ist das Gesicht von Ernesto Che Guevara, der einem in etlichen Ramschläden unter die Finger kommt und eher belächelt wird.
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