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Steigende Lohnkosten bei IT-HerstellungWenn China zu teuer wird

Noch lassen IT-Konzerne von HP bis Apple ihre Hardware zu günstigen Konditionen in China zusammenbauen. Doch die Lohnkosten steigen. Ärmere Regionen sind schon im Visier.

Selbstmordserie bei Arbeitern: Foxconn in Shenzhen. Bild: dpa

Seit mehreren Jahrzehnten ist China für die IT-Industrie die Fabrik der Welt: Statt im Heimatland zu produzieren, lassen große Markenhersteller von HP über Dell bis hin zu Sony und Apple auf der ganzen Erde passende Komponenten zusammentragen, die dann in den südchinesischen Provinzen zusammengeschraubt werden. So genannte "original equipment manufacturers" (OEMs) wie Foxconn, Pegatron, Compal oder Wistron, die im Westen kaum jemand kennt, betreiben riesige Produktionsstädten mit Hunderttausenden Mitarbeitern. Üblicherweise hört der Kunde von diesen Firmen nichts - höchstens das "Made in China" auf seiner teuren Technik macht ihn darauf aufmerksam. Erst wenn es zu Arbeiterunruhen und sonstigen Vorfällen kommt, geraten die OEMs auch hierzulande in die Schlagzeilen - wie zuletzt bei der Selbstmordserie bei Foxconn in Shenzhen, wo zehn Menschen den Tod fanden, die die äußerst stressigen Arbeitsbedingungen nicht mehr aushielten. Doch die Weltfabrik könnte auch aus einem anderen Grund bald wieder im Westen ins Schlaglicht rücken - deshalb nämlich, weil sich gerade eine kleine Revolution abspielt. Während über viele Jahre die chinesische Währung von der Regierung künstlich niedrig gehalten wurde und Lohnerhöhungen nur sehr zaghaft stattfanden, finden die OEMs derzeit viel schwerer neue Mitarbeiter als früher. Chinas Wachstum bedingt, dass die Ansprüche der Menschen steigen. So mussten die Firmen in den letzten Monaten im Schnitt 20 bis 30 Prozent drauflegen, um ihre Angestellten zu halten - seit 2005 stieg der Lohn bereits um 50 Prozent. Zwar sind die Gehälter noch immer niedrig - über 200 Dollar verdient fast niemand. Doch die OEMs, die mit höchst engen Margen haushalten, beginnen, Probleme zu bekommen. Im Westen spüren das nur die Billighersteller - bei Nobelanbietern wie Apple ist die Marge groß genug, um die verhältnismäßig geringen Lohnkosten auch in höherer Variante zu schlucken. Bei Foxconn hat man bereits damit begonnen, Teile seiner Fabriken von der reichen und wachstumsstarken südchinesischen Provinz in die ärmere Mitte des Landes zu verlagern. Dort sind die Löhne niedriger, weil man von dort aus bislang in den Süden aufbrach, um Arbeit zu finden. Die chinesische Regierung unterstützt die Wanderbewegung indes - sie will auch die ärmeren Regionen zum Wachsen bringen. Bei den großen Hardware-Konzernen denkt man indes über einen vollständigen Abzug aus dem "teuren" China nach. Regionen wie Vietnam, Bangladesch und sogar Afrika haben die Produktionsspezialisten bereits im Visier.

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7 Kommentare

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  • V
    Volkswirt

    Das ist doch ne super Nachricht. Dann können sich die Menschen in Afrika endlich aus ihrer Armut herausarbeiten. Verdient haben sie es und der Westen müsste diesen Kontinent nicht länger alimentieren.

     

    Deutschland verdankt seinen heutigen Wohlstand auch den niedrigen Löhnen aus dem 19.Jahrhundert (damals Billiglohnland im Vergleich zu Großbritannien). Die Chinesen investieren zudem massiv in Humankapital (Bildung. Damit werden sie langfristig auch hochwertigere Güter für höhere Löhne produzieren können.

  • T
    Theo

    versucht gegen den Druck der aufgrund wachsender Proteste (Gewerkschaftlich als auch NGO) gegen die Konzerne, und der „nicht“ regulierenden Regierung erhoben wird zu intervenieren. Doch das Kapital ist flexibel, es geht dort hin wo die Gewinnrate am Höchsten ist, die sozialen- und ökologischen- Standards am niedrigsten.

     

    Ein neuer Produktionsstandpunkt wird erschlossen, weitere Menschen beugen sich der Lohnarbeit. Neue, auch wenn schlecht bezahlte, potenzielle Kunden entstehen.

     

    Die Aneignung von Raum und Mensch geht weiter. Doch ist es auch gleich eine Endeignung, die der menschlichen Würde und die ihres Lebensraumes.

     

    Aber auch ich kann mich hier nicht freisprechen!

    DANKE FÜR DEN GÜNSTIGEN COMPUTER!!!!

  • A
    @asdfgh2091

    Hey asdfgh2091

     

    Denke doch mal bitte drüber nach was du da abschreibst Denn nur weil es "erst" 10 Selbstmorde bei Foxconn in diesem Jahr gab, heißt es ja nicht, dass sich keiner der dort arbeitet sich nicht zu Hause aus das Leben nimmt!

    Zahlen sollten niemanden davon abhalten selber einmal drüber nach zu denken was dort steht!

     

    Also für das Statistische Verständnis, sollte die These deiner schön Zitierten Quelle wahr sein, müsste Mensch nicht nur die Selbstmordrate der Arbeiter_innen von Foxconn WÄHREND DER ARBEEITSZEIT mit einbeziehen, sondern auch die der Menschen die bei Foxconn Arbeiten sich aber ZUHAUSE UMBRINGEN. Mit anderen Worten die untersuchten Merkmale sind einfach nicht die Gleichen. Sei denn, es würde sich keiner Zuhause das Leben nehmen, was ich sehr bezweifel.

     

    „The larger problem stems from the fact that most journalists have not been taught to critically examine statistics. They follow the herd which often means that they report numbers without providing readers a context for making sense of those numbers.“

     

    Bla bla....

  • HW
    Hans Wurst

    prima, die Karawanne zieht weiter, Apple, HP & Dell haben Durst...

    In Burkina Faso sind die Sozialkosten gering (=0) und die Löhne niedrig (1 Schale Hirse/Tag). Da kann man die Mrd. Gewinn von heute locker noch ein paar Jahre halten. Weiter so...

  • C
    cyctologie

    @: asdfgh2091

    die selbstmordrate bei france telecom entspricht auch dem landesdurchschnitt. das muss doch nix gutes heißen.

    die selbstmordrate in der ddr war donnersmarck nen film oder nen aufhänger für nen film wert.

    man sieht in diesem film, was alle wissen, dass man tief verzweifelt sein muss.

    im rückschluss sagt das etwas über china, über frankreich, über menschen und ihre lebensverhältnisse. man muss sehr ohnmächtig sein, wenn man selbstmord als einziges mittel sieht, wieder macht und kontrolle über sich selbst zu erlangen.

  • JH
    Jott Ha

    Solllte der streß im berufsalltag wirklich so hoch sein, müßte in deutschland auch so mancher angestellter dem suizid anheimfallen.

    Ist es an dem?

    Dieser frage sollte der autor des berichts mal nachgehen.

    Wen interessieren schon wirklich produktionsumstände in china?

  • A
    asdfgh2091

    Ich habe so ein leichtes Problem damit, dass urbane (oder in diesem Fall mediale) Legenden weitergetragen werden:

     

    Die Selbstmordrate bei Foxconn ist nicht höher als im Landesdurchschnitt (und damit wohl die Arbeit nicht unbedingt stressiger).

     

    Zitat:

    Working at Foxconn dramatically reduces people’s risk of suicide!

     

    Gibt es Statistiken über die Selbstmordrate bei alternativen Zeitungen?

     

    Quelle:

    http://www.zdnet.com/blog/foremski/media-gets-its-facts-wrong-working-at-foxconn-significantly-cuts-suicide-risk/1356