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Steffen Grimberg Flimmern und RauschenVerlag bleibt Verlag, Sender bleibt Sender

Das ideale Hotelzimmer für alle Medien­journalist*nnen gibt’s im Bed and Breakfast in Eastbourne am Ärmelkanal. Ins Fußende des Bettes war ein Fernseher integriert, der mit kleinem Showeffekt hochfuhr. That’s entertainment! Also habe ich doch noch eine Folge „Gentleman Jack“ geschaut, die zu den besten britischen Serien des Jahres gehört. Es geht um das reale Leben und Lieben der 1789 geborenen Anne Lister, die mit ihrer Partnerin LGBT-Geschichte schrieb. Eine Serie über außergewöhnliche Frauen, aber ganz anders als die eher piefigen fiktionalen Fernsehfrauen hierzulande: „Lotte am Bauhaus“, „Margarete Steiff“ oder „Ottilie von Faber-Castell“. Über den viel zu zögerlichen Umgang mit Diversität im deutschen Fernsehen hat ja Grimme-Preis-Chefin Lucia Eskes (taz vom 20. 12.) schon alles gesagt.

Aber es war nicht alles schlecht. 2019 dürfte immerhin als das Jahr in die deutsche Fernsehgeschichte eingehen, in dem auch hiesige TV-Gewaltige die Existenz der Streamingdienste nicht mehr ignorieren konnten. Ein für die intelligentesten und avantgardistischsten „Tatorte“ im ARD-Reich zuständiger Redakteur formulierte es neulich so: „Da gibt es Leute, die arbeiten lieber für 1.000 Euro am Tag bei einer Netflix-Produktion, obwohl sie bei uns 5.000 verdienen würden.“ Bevor das jetzt zu Überinterpretationen führt: Nein, das bedeutet nicht, dass Ulrich Tukur als Kommissar im Hessen-“Tatort“ aufhört.

Aber die Zeiten ändern sich, und das setzt ja oft ungeahnte Kreativität frei. Oder macht bei den öffentlich-rechtlichen Sendern immerhin möglich, dass sie ihre innovativen Kreativen endlich mal ernst nehmen. Zum Beispiel haben sie Florian Hager, Programmchef des Jugendangebots funk, zu einer Art Programmdirektor für die ARD-Mediathek gemacht. Wenn sie den Stall jetzt auch aufgeräumt kriegen und man – wie beim BBC iPlayer – tatsächlich findet, wonach man sucht …

Das gute alte kapitalistische Motto „Konkurrenz belebt das Geschäft“ scheint beim Fernsehen also zu funktionieren.

Bei der Presse sieht es leider immer noch anders aus. Ihre „Medienhäuser“ mögen dieser Tage zwar vielleicht so heißen, in Wirklichkeit sind es aber immer noch: Verlage. Und denken auch weiter so. Sie freuen sich wie Bolle, dass 2020 endlich auch auf E-Paper und Apps der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent fällig und damit eine ihrer nicht ganz frischen Forderungen erfüllt wird. Außerdem gibt es demnächst Kohle vom Staat. Für den immer teurer werdenden Vertrieb, also das ganz dingliche Liefern der guten alten gedruckten Zeitung an ihre Abonnent*nnen, wird es ab sofort auch Zuschüsse geben. Dabei gäbe es eine viel wichtigere Forderung: bestimmte journalistische Angebote als gemeinnützig anzuerkennen. Doch so eine Forderung kam den Verlagen 2019 nicht über die Lippen.

Steffen Grimberg bringt hier jede Woche Unordnung in die aufgeräumte Medienwelt.

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