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Steckbrief Galicien

Die Fischerorte Muxia, Corme und Finisterre an der „Todesküste“ sind seit dem Tankerunglück der Prestige bekannter denn je; in die Geschichte traten sie im 9. Jhdt., durch die wundersame Entdeckung des Apostelgrabes. Das nahe gelegene Santiago de Compostela war als Pilgerziel bald schon so bedeutend wie Rom und Jerusalem. Galiciens Nordwesten galt den Pilgern auf dem Jakobsweg als äußerster Rand der Erdenscheibe, die scharfkantigen Riffe an der Küste waren das Schicksal zahlreicher Boote. Weißgetünchte Kreuze an den nördlichen Rías, die jetzt von schmierigem, schwarzen Öl überzogen sind, zeugen davon.

Galicien ist mit 29.500 Quadratkilometern eine der größeren Regionen Spaniens. Ancares und O Courel heißen die schönsten Naturregionen im Landesinnern, wo Wölfe und Wildpferde leben, die einmal im Jahr zu einem Rodeo ins Tal getrieben werden. Hauptstadt ist Santiago de Compostela, benannt nach dem Apostel Jakob. Seine Gebeine liegen angeblich in einem Silberschrein der himmelsstürmenden Kathedrale und sind Ziel vieler Wallfahrten. Allerdings argwöhnte schon Luther seinerzeit, die Knochen könnten wohl eher von einem Straßenköter stammen: „man weisz nit ob Jakob oder ein todter hund da ligt.“ In der Region mit ihren vier Provinzen Lugo, Ourense, A Coruña und Pontevedra leben fast 2,78 Millionen Menschen. Haupteinnahmequelle sind neben dem (Pilger-)Tourismus nicht mehr nur Fischkonserven und Mais, sondern längst auch Hightech und Mode. Die Marke Zara etwa, die frech-frische Kreation aus Spanien, stammt von Amancio Ortega, einem millionenschweren Galicier, der unter Franco als Laufjunge Hemden durch A Coruña trug. Inzwischen beschäftigt der Mann an die 25.000 Arbeiter.

Regierungssitz ist Santiago. Hier tagt die Xunta, eine Regierung, die schon seit 1985 von Manuel Fraga geführt wird, einst Minister unter Franco und Chef der konservativen Volkspartei, die im ländlichen Galicien so erfolgreich ist wie die CSU in Bayern. Die Galicier haben wie die Basken und Katalanen eine eigene Sprache, das Galego. Einer der besten Schriftsteller ist Manuel Rivas. Sein Buch „Der Bleistift des Zimmermanns“ (Suhrkamp) macht Galicien zur literarischen Schaubühne des Spanischen Bürgerkriegs.

SEBASTIAN BÜSCHER

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