Statt Schulpolitik-Starre: McAbi? Wieso nicht!
Unternehmen wie Aldi, Tchibo und McDonalds bieten Weiterbildung an. Damit reagiert der Markt auf jene gesteigerten Bildungsnachfragen, welche die Kultusminister ignorieren.
Haben wir gelacht! Über "Dr. Cheeseburger" kringelt sich die SZ, und das professorale Portal tagesschau.de kalauert: "Ein Burger mit Cola und Abi, bitte!" Die beiden Intelligenzmedien stoßen sich daran, dass McDonalds nun zu jenen Unternehmen gehört, die Weiterbildungen anbieten, im Zweifel sogar das Abitur. Glücklicherweise findet dieser schröckliche Kulturverfall in Großbritannien statt. Man möchte sich gar nicht vorstellen, was hierzulande geschieht, wenn die Bastion "Allgemeine Hochschulreife" von der Wirtschaft geschleift oder schlimmer: einfach feindlich übernommen würde. Die Philologenchefs aller Bundesländer würden gemeinsam mit ihrem Primus Heinz-Peter Meidinger wahrscheinlich ihre Oberstudiendirektoren-Patente öffentlich verbrennen.
Dabei sollten sich all die Bildungsbürger ernsthaft auf McBildung vorbereiten. Bei Tchibo gibt es längst Nachhilfepakete der Schülerhilfe zu kaufen. Auch Aldi macht seit Anfang des Jahres Bildungsangebote. Ja, Qualifikationen, Wissen, Erkenntnis, seit je Lebenselixiere der Deutschen, gibt es jetzt neben Wein, Suppenwürfeln und Turnschuhen beim Supermarkt. Das Feindliche ist näher, als die Intelligenzija dachte. Der böse böse Markt bedroht unsere, ach!, so edle Bildung.
Kappes. Die Industrie tut das, was ihr Job ist, was sie immer schon gut konnte: Sie findet Marktlücken und macht sie, jawoll, zu Geld. Die Frage, ob das legitim oder der Untergang des Abendlandes wäre, ist falsch gestellt. Sie muss zunächst lauten: Gibt es eine Marktlücke? Wer hat sie geöffnet, wer hat seinen Job nicht getan? Und die Antwort ist auch ganz einfach: Es gibt eine enorm steigende Nachfrage nach Qualifikationen aller Art. Aber die Kultusministerkonferenz, jene Versammlung der Schulminister aller Länder, geriert sich als mittelalterliche Gralshüterin des Gutes "höhere Bildung". Längst hat sie sich in ein schnödes Kartell verwandelt. Sie beharrt auf ihrem Monopol und vergibt Bildung nur nach undurchschaubaren, unmodernen und hoch undemokratischen Regeln. Alle Versuche der Bürger, dagegen aufzubegehren, etwa bei Wahlen, Bildungsdemos oder Elternabenden sind erfolglos geblieben - also kommt nun ein geübter Preisbrecher und beginnt alte Traditionen zu knacken: der Discounter. Recht so!
Die Bildungspolitik ist so verlogen wie die hergestellte Öffentlichkeit darüber. Bildung ist angeblich ein Megathema, von jeder Plakatwand blubbern Ministerpräsidenten unhaltbare Wahlversprechen über die Bürger hinweg. Unterrichtsgarantie! Begabung! Einziger Rohstoff! Am Tag nach der Wahl dieselbe triste Realität wie immer: stinkende Schultoiletten. Entkräftete Lehrer, deren Nachwuchsrekrutierung zwischen den Länderministern seit sieben Jahren (!) streitig dauerberaten wird. Elternversammlungen in den Schulen werden rabiat abgebrochen, wenn die eigentlichen Chefs in der Schule lässig mit ihren Schlüsselbünden klimpern: die Hausmeister. Bildung - das ist etwas, über das prima Sonntagsreden gehalten werden, neuerdings sogar die ganze Woche, für das im Zweifel aber keiner verantwortlich ist: Die Bezirksschulrätin lacht richtig belustigt auf, als eine ratlose Mutter fragt, wie es um die Qualität des Unterrichts bestellt sei. "Dafür bin ich nicht zuständig!", sagt sie, die nie mehr Gewählte. Der Regierende Bürgermeister Berlins hat unlängst auf die Frage nach Lehrern in den Hauptschulen so lässig wie sinngemäß geantwortet: Ph, kann mich doch nicht um jede Kleinigkeit kümmern. Sonntagsabends aber darf er bei Anne Will ungestraft den Superduper-Bildungsreformer geben.
Der Staat und die Bildung, das ist in den Köpfen der Menschen eine so ungeheuer klebrige Symbiose, dass sie noch den gröbsten Skandal übersehen hilft. Was bitte, können McDonalds und Aldi eigentlich verkehrt machen, wenn das staatliche Schulwesen genau das produziert, was die linken und rechten Bildungsgurus immer nur der Wirtschaft ankreiden wollen: Ungerechtigkeit und Ungleichheit im Kompetenzerwerb. Frisörstochter bleibt Frisörin, Migrantenkind hat nix Chance, Arztsohn geht hundertpro auf die Uni. Das ist die eherne staatliche Aufstiegsregel.
Sie zu verändern wird viele wahnsinnig demokratische Schulkonferenzen kosten und tausende hyperkritische Fragen an eine teflonhafte Kultusministerschaft. Aber es wird sich wenig ändern - bis McDonalds nicht etwa nur hinter dem Tresen die Chance zum Abi anbietet. Nein, wenn es wirklich möglich ist, sich zum Double Chili Cheese einen Gutschein zum Abendkurs "Hochschulreife" zu kaufen. Erst dann wird sich die Betonschule ändern. Darauf eine Coke, denn es wird ein Fest.
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