Start des Online-Wahlkampfs: Die SPD wär so gern wie Barack
Um Frank-Walter Steinmeier ins Kanzleramt zu hieven, setzt die SPD aufs Internet. Mit einer komplett überarbeiteten Website startet die Partei am Donnerstag ihren Online-Wahlkampf.
BERLIN taz Was wäre dieser Barack Obama ohne das Internet gewesen? Ein guter Redner. Klar. Ein nett anzusehender Jungpolitiker. Keine Frage. Und auf seine politischen Ideen hätte er auch ohne Google kommen können. Allerdings: Wäre der Barack offline geblieben, hätte niemand so richtig gewusst, wie gut er aussieht, wie gut er redet und was er inhaltlich drauf hat. Das mag ein wenig übertrieben klingen, schließlich gibt es ja auch noch das Fernsehen. Aber es ist schon bezeichnend, dass sein Kampagnen-Manager David Plouffe das Internet zu seinem wichtigsten Wahlkampf-Instrument machte.
Nun verhält es sich mit Frank-Walter Steinmeier, dem Kanzlerkandidaten der SPD, ein wenig wie mit Barack Obama. Er ist vielen Deutschen zwar schon seit ein paar Jahren bekannt, weil er als Außenminister ständig um die Welt reist. Aber gerade wegen seines Amtes hat er es schwer, eigenständig zu agieren, sich ein klares Profil zu zulegen und die Wähler so zu überzeugen, dass auch er ihr Kanzler sein kann.
Zudem ist Steinmeier ein wenig in Zeitdruck, denn im September ist Bundestagswahl, und die will er mit seiner Partei gewinnen. Deswegen startet die SPD am heutigen Donnerstag, Punkt 13 Uhr, ihren Internetwahlkampf. Oberster Koordinator ist SPD-Bundesgeschäftsführer Kajo Wasserhövel. Und der hat Großes vor, seitdem er sich selbst in den USA ein Bild von den Präsidentschaftsmachern verschaffte. "Die Online-Kampagne wird das Herzstück unseres Wahlkampfs", sagt Wasserhövel.
Der erste Schritt ist, den Internetauftritt der SPD, der bislang einen Charme wie ausgeschnittene und aufgeklebte Zeitungsartikel verbreitete, rundum zu erneuern und der Seite ein wenig Obama-Feeling zu verleihen. Statt des weitgehend strukturlosen Kastensystems, fällt der Blick des Besuchers von www.spd.de künftig auf eine zentrale "Multi-Content-Box", an die sich eine einfach zu bedienende Navigationsleiste anschließt. Über sie sind Informationsseiten und Diskussionsforen ebenso zu erreichen, wie das Tor zum Parteieintritt. Die Hintergrundfarbe ist jetzt blau statt rot-weiß, auffällig ist auch der neue Spenden-Button, das SPD-Logo in der Ecke ist drei- statt zweidimensional. "Die SPD ist eben eine Partei mit Ecken und Kanten", begründet Wasserhövel den neuen Look. Ebenfalls neu ist der Slogan: "Anpacken. Für unser Land."
So richtig Obama-mäßig kommt die Website am unteren Bildschirmrand daher: Verweise zu Youtube und Flickr sind schon vorhanden, Links zu Facebook und Twitter sollen folgen. Zu jenen sozialen Netzwerken also, mit denen auch Obama so erfolgreich um Wählerschichten warb, die mit vermeintlich veralteten Medien wie Zeitung und Fernsehen nicht mehr allzu viel anfangen können. "Wir verstehen uns als Schnittstelle zu allen Bereichen der Meinungsbildung im Netz", sagt Wahlkämpfer Wasserhövel. "Wir wollen Leute zum Mitmachen anregen."
Freilich nur so weit, wie das in einer straff organisierten Partei möglich ist. Ein Parteiprogramm könne natürlich nicht per Massenpetition entstehen, so der Vertraute von SPD-Chef Franz Müntefering. Aber Filmchen gucken, Fragen stellen und kleine Wahlkampfteams organisieren ginge schon. Mitmach-Herzstück ist die Community meinespd.net, an einer separaten Kampagnenplattform wird noch gearbeitet. Ein Email-Netz soll auch aufgebaut werden, allerdings weniger aggressiv als das Obamas Kampagne verfolgte. Interessierte hatten es schwer, auf dessen Hauptseite zu gelangen, ohne vorher ihre Email-Adresse anzugeben.
Apropos Hauptseite: Auch der persönliche Internetauftritt von Frank-Walter Steinmeier soll ganz und gar neu gestaltet werden. Allerdings werden sich Interessierte noch ein paar Wochen gedulden müssen.
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