Star des Tages : Caster Semenya
Als „tickende Zeitbombe“ (Sunday Times) und als Läuferin in einem „ethischen Minenfeld“ (Daily Mail) wurde Caster Semenya im Vorfeld der Olympischen Spiele bezeichnet. Krasser als die Debatte um korrekte Schreibweisen, die die Bandbreite der Geschlechter und der Geschlechteridentitäten abbilden will, verläuft die Debatte um möglicherweise Intersexuelle wie die 800-Meter-Läuferin aus Südafrika.
Aufgrund ihres kantigen Äußeren und ihrer Leistung bei der WM in Berlin 2009 musste sich Semenya einem – vor allem sie – beschämenden Geschlechtstest unterziehen. Ergebnis: unklar. Der Bericht wurde nie veröffentlicht. Zu Recht! Einzig publik wurde, dass sich die Athletin einer Hormontherapie unterziehen musste, weil ihr Testosteronwert erhöht war.
Dass nun von Spiegel Online bis ARD behauptet wird, Semenya habe keine Gebärmutter, keine Eierstöcke und außerdem nach innen gewendete Hoden, ist unseriös: Selbst wenn es publizistisch gut gemeint ist und um Akzeptanz von Intersexuellen wirbt. Die einzige Quelle, auf die diese Information zurückgeht, ist ein Bericht des Daily Telegraph, der 2009 behauptet hatte, den unveröffentlichten Befund des Geschlechtests zu kennen.
Kommentatoren und Zuschauer zweifeln nun daran, ob es gerecht ist, dass Frauen wie Semenya bei den Frauen mitlaufen dürfen. Die Frage, was eine Frau zur Frau macht, ob dafür primäre Geschlechtsmerkmale entscheidend sind, lässt sich aber vielleicht nicht klären. Warum auch?
Ob die Einteilung in zwei Geschlechter überhaupt noch zeitgemäß ist, ist eigentlich schon nicht mal mehr eine Frage. Die Debatte, dass diese Einteilung überholt ist, ist voll im Gange. Warum sonst hätten TV-Serien wie „Orange is the New Black“, die von unterschiedlichen Geschlechtsidentitäten erzählt, einen so großen Erfolg bei Fernsehzuschauern, die ja eigentlich eher als konservativ gelten?
Sicher, der Sport, in dem es vor allem um definierte Muskelmasse geht, ist die schwerste zu schleifende Bastion, wenn es um die Definition von Geschlecht geht. Semenya geht in der Nacht zum Sonntag im 800-Meter-Finale als Favoritin an den Start. Mehr braucht man nicht zu wissen. Doris Akrap
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