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Stanislaw Tillich soll Ministerpräsident werdenSachsens Mann für alle Fälle

Er gilt als verborgen zäh, Generalist und dem Humor zugeneigt. Sachsens Finanzminister Stanislaw Tillich soll Nachfolger von Ministerpräsident Milbradt werden.

Der alte und der neue: Noch-Regierungschef Milbradt und Nachfolger Tillich Bild: dpa

DRESDEN taz In Sachsen hätte Stanislaw Tillich immer auch als Minister für gute Laune durchgehen können. Er ist ein Typ, der gern Witze macht, einer, dem Politik tatsächlich Spaß zu machen scheint. Er gilt deshalb als populär, auch wenn er nicht zu den bekanntesten Politikern des Freistaates zählt. Aber das ändert sich nun. Stanislaw Tillich soll neuer sächsischer Ministerpräsident werden.

Verbissener Ernst ist ebenso wenig seine Sache wie großes Pathos. Tillich lässt sich irgendwo zwischen dem brillanten Kanzleramtschef Thomas de Maizière und dem hausbackenen Kultusminister Steffen Flath einordnen - die beiden waren ebenfalls im Gespräch für die Milbradt-Nachfolge. Ein politisches Leichtgewicht ist er dennoch nicht. Milbradt hat Recht, wenn er seinen potenziellen Nachfolger einen "kraftvollen und erfahrenen Politiker" nennt. Nicht große Auftritte rechtfertigen diese Einschätzung, sondern verborgene Zähigkeit. Als im Dezember der Verkauf der Sachsen-LB an die Landesbank Baden-Württemberg nochmals auf der Kippe stand, muss Finanzminister Tillich mit slawischer Sturheit noch das Beste für den Freistaat ausgehandelt haben.

Slawische Sturheit? Wie sein Vorname verraten mag, gehört der designierte sächsische Ministerpräsident der slawischen Minderheit der Sorben an. Also katholisch, also CDU, also verwurzelt in traditionellen regionalen Netzwerken, lässt sich daraus schlussfolgern. In die damalige Block-CDU der DDR trat Tillich schon 1987 ein.

Mit Provinzialität ist diese Herkunft aber nicht gleichzusetzen. Denn seine politische Nachwendekarriere begann 1991 als Beobachter im Europäischen Parlament, in das er 1994 als Abgeordneter einzog und in dessen Haushaltausschuss er stellvertretender Vorsitzender wurde. Diese Erfahrungen schienen Kurt Biedenkopf geeignet, Tillich 1999 zum Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten zu ernennen. Als solcher bewährte er sich wohl, denn Biedenkopf-Nachfolger und -Intimfeind Milbradt behielt ihn im Kabinett und machte ihn 2002 zum Chef der Staatskanzlei.

Nach der Landtagswahl 2004 war das Amt des Umwelt- und Landwirtschaftsministers vakant. Als Generalist und Mann für alle Fälle erwies sich Tillich endgültig, als er im September 2007 die Nachfolge des wegen der Landesbank-Affäre zurückgetretenen Finanzministers Horst Metz antrat. In seiner Vita fehlte nun nur noch das Amt des Ministerpräsidenten.

Wenige Tage nach seinem 49. Geburtstag ist es nun fast soweit. Auf einem Treffen sächsischer CDU-Spitzen am Sonntag soll ihn Milbradt selbst als Nachfolger vorgeschlagen haben, berichtet Tillich, und zwar auch gleich als CDU-Landesvorsitzenden.

In einem ersten Statement gibt er sich ganz sozial. "Mein Ziel ist es, dass alle Menschen vom wirtschaftlichen Aufschwung profitieren", erklärte er gestern. Doch der Diplomingenieur für Konstruktion und Getriebetechnik wird gut beraten sein, sich auch an sein Studium zu erinnern. Denn im Gebtriebe der Milbradt-Administration knirschte es des öfteren bedenklich.

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3 Kommentare

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  • MW
    Martin Wirth

    Sehr geehrter Herr Bartsch,

    ich mich über Ihren Artikel gefreut. Trotzdem, etwas gefällt mir an ihm nicht: Sie kolportieren das Gerücht, alle Sorben seien katholisch und CDU-Wähler. Wir evangelischen (selbst bin ich parteilos) sind zwar zu einer Minderheit unter den Sorben geworden, aber noch gibt es uns. Es ist eine leidvolle Erfahrung, dass wir Sorben ständig und immer wieder jedem Politiker, Parlamentarier, Journalisten u. a. erklären und beweisen müssen, dass die Sorben ein eigenes Volk sind mit vielen Facetten, wie das deutsche Volk. Gott sei Dank, Herr Tillich kennt unsere Situation aus eigener Erfahrung.

    Martin Wirth, Bautzen

  • MW
    Martin Wirth

    Sehr geehrter Herr Bartsch,

    ich mich über Ihren Artikel gefreut. Trotzdem, etwas gefällt mir an ihm nicht: Sie kolportieren das Gerücht, alle Sorben seien katholisch und CDU-Wähler. Wir evangelischen (selbst bin ich parteilos) sind zwar zu einer Minderheit unter den Sorben geworden, aber noch gibt es uns. Es ist eine leidvolle Erfahrung, dass wir Sorben ständig und immer wieder jedem Politiker, Parlamentarier, Journalisten u. a. erklären und beweisen müssen, dass die Sorben ein eigenes Volk sind mit vielen Facetten, wie das deutsche Volk. Gott sei Dank, Herr Tillich kennt unsere Situation aus eigener Erfahrung.

    Martin Wirth, Bautzen

  • MW
    Martin Wirth

    Sehr geehrter Herr Bartsch,

    ich mich über Ihren Artikel gefreut. Trotzdem, etwas gefällt mir an ihm nicht: Sie kolportieren das Gerücht, alle Sorben seien katholisch und CDU-Wähler. Wir evangelischen (selbst bin ich parteilos) sind zwar zu einer Minderheit unter den Sorben geworden, aber noch gibt es uns. Es ist eine leidvolle Erfahrung, dass wir Sorben ständig und immer wieder jedem Politiker, Parlamentarier, Journalisten u. a. erklären und beweisen müssen, dass die Sorben ein eigenes Volk sind mit vielen Facetten, wie das deutsche Volk. Gott sei Dank, Herr Tillich kennt unsere Situation aus eigener Erfahrung.

    Martin Wirth, Bautzen