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StandbildGrobgeschnitzt

■ "Tatort"

„Tatort“, So., 20.15 Uhr

Der Unterschied zwischen US- amerikanischen und deutschen TV-Krimis aber besteht darin: Hierzulande verlangt der gestrenge Kommissar am Tatort ruppig nach der überfälligen kriminaltechnischen Untersuchung; drüben sind die Weißkittel längst bei der Arbeit, wenn der hochmögende Untersuchungsbeamte verkatert die Szene betritt. Auch sonst wählt Kommissar Franz Markowitz nicht gerade die moderate Tonlage, wenn er seinen MitarbeiterInnen Direktiven entgegenbellt. Namentlich die bemitleidenswerte Beate Berger wird permanent gedekkelt und kommt über den Rang einer Komparsin nie hinaus. Dabei markiert der ungnädig berlinernde Schrippen- Columbo doch sonst gern den guten Menschen von der Spree und moralisiert noch, wo andere längst die üblichen Verdächtigen in der Mangel hätten. Vorbildlich nutzt er den ÖPNV, bewahrt den Hund der Ermordeten vor dem Tierheim und rüffelt jugendliche Kollegen in Uniform, die durchaus vorschriftsgemäß ihre Dienstwaffe zücken, während Markowitz selbst mit latenter Todessehnsucht in eine gefährliche Situation marschiert. Markowitz, dessen Charakter von Darsteller Günter Lamprecht wesentlich mitbestimmt wurde, ist eine schnurrige Figur und durchaus eine Bereicherung für das „Tatort“-Ensemble. Sein diesmaliger Fall war vom Konstrukt her einwandfrei und weitaus besser inszeniert als der Vorgänger. Dennoch: Auch hier gab es diese für deutsche Fernsehspiele scheint's typischen Schlampereien und Fehltritte: Ein öliges Videothekarpärchen hat natürlich kotigsten Dreck am Stecken; ein Hausmeister knetet angesichts der Obrigkeit verlegen seine Mütze, Hotelangestellte sind generell muffelig, spanische Polizisten beschäftigen sich im Dienst vorrangig mit ihrer Lektüre. Rhetorische Frage: Müssen denn die Nebenrollen immer so lieblos, gleichsam mit dem gröbsten Eisen geschnitzt werden? Herr Dittmeyer

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