Standbild: Edel sei der Mensch,...
■ Freitagnacht, Berliner Talk-Show mit Lea Rosh über Aussteiger
(Freitagnacht, Berliner Talk-Show mit Lea Rosh, Nordkette, Freitag, 2.Dezember, 22 Uhr) Oberlehrerin Laurien durfte zufrieden sein mit der Runde. Da war aus den Aussteigern doch noch was geworden. Jeder auf seine Weise bestätigte damit, was Berlins Schulsenatorin schon immer meint; hier darf jeder machen, was er will. Rupert Neudeck darf Menschen retten mit der Cap Anamur (“Immer dann, wenn man auf die Zuständigen wartet, passiert nichts“), der Ex –Oberregierungsrat (“Der freie Fall kann auch ein Flug werden“) Beikirchner kann sich als Sänger präsentieren, der Ex-Bundestagsabgeordnete Lattmann, befreit vom Bundeswehrgefühl des Fraktionszwangs, macht Friedensarbeit (“Einzelne können an einzelnen Punkten sehr viel erreichen“). Selbst Frau Edel, Grenzgängerin in DDR und BRD, der alles zu hartherzig ist, hat's zum Leierkasten gebracht. Dem Staat auf der Tasche liegen? – Mit uns nicht.
Man muß nur machen, war Konzertveranstalter Schwenkows Erfolgkonzept, und Mutter Laurien nickte. Nur mit dem Ex –Manager Pestalozzi (“Ich bin kein Aussteiger, ich bin rausgeschmissen worden“) war sie nicht zufrieden. „Ich mache so nicht mit, ich kämpfe gegen diese Gesellschaft“, erklärte der Anarchist der späten Gnade. Pfui Teufel. Daß die Politik kein einziges Problem lösen könne, schmetterte Frau Laurien ab: Haarspray ohne Ozon-Killer und Katalysator, ist das nichts? Auch die grünen Realos seien nicht besser, giftete Pestalozzi und nötigte Cohn-Bendit (“Ich bin ein Yuppie“) zum Geständnis, warum er eigentlich dabei saß: „Ich bin aus dem Anarchismus ausgestiegen.“ – „Die Analyse verändert nichts, nur 'trial and error'“, weiß Cohn-Bendit, und: „Man braucht einen langsamen Anlauf“ zur Veränderung. Da war Frau Laurien wieder froh; das mit den kleinen Schritten hatte sie doch auch schon gesagt. Nur ein ausgestiegener Schauspieler, der ziemlich fertig war und zwischendurch eindöste, wachte dabei auf und gellte durch den Saal: „Verlogener Kerl!“
Um dieses Land kann es nicht schlecht stehen, solange wir so gute Menschen haben. Die Nürnberger Bundesanstalt für Arbeit sollte den Streifen ins Motivationstraining für Arbeitslose aufnehmen. Dann sang der Ex-Beamte noch ein Lied mit dem Refrain: „Es steigen immer nur die Falschen aus, es bleiben immer nur die Falschen drin.“ Wie meint der das?
gn
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
