Standbild: Moralpose
■ Berliner Platz: „Die Grünen – zerstört, zerrissen, überflüssig?“
(Berliner Platz: „Die Grünen – zerstört, zerrisen, überflüssig?“, Nordkette, 14.12., 20.15 Uhr). Rüdiger Landowsky ist Generalsekretär der Berliner CDU. Generalsmäßig hat er die Partei auch im Griff; ohne seine straffe Hand wäre sie im Antes-Sumpf kläglich abgesoffen und nicht als Betriebsunfall einiger schwarzer Schafe zu managen gewesen. Unter ihm gibt es keine Parteitagsdesaster; er ist hellwach, schlagfertig, metropoler als ein großer Teil seiner Parteifreunde – und eisekalt. Kurz, der richtige Mann, um dem auf dem letzten Grünen-Parteitag arg gebeutelten „Fundamental-Proletarier“ (Landowsky) Thomas Ebermann zu sagen, wie man das macht mit der Macht; grünen –mäßig, versteht sich.
Denn darum ging es beim Berliner Platz: Sind die Grünen zerstört, zerrissen, überflüssig? Solange es solche Leute wie Landowsky und seine mitgebrachte Strickjackenfraktion vom RCDS und von der Jungen Union gibt, allemal.
Innerparteiischer Streit als Tugend? – nicht beim General: das sei Politikersatz. Und eigentlich hat er nicht Unrecht, nur aus dem Munde dieses Weißwäschers und Unter-den-Tisch –Kehrers klingt es fast obszön. Hunderttausende Mark von nie zurückgezahlten Schmiergeldern für die CDU und diverse hochkriminelle Parteifreunde sind schließlich keine Befähigung für die Moralpose. Wenn wir nur streiten und darüber vergessen, was die CDU anrichtet, wäre es falsch, erwiderte Ebermann in seiner behäbigen, fast phlegmatischen Art: die Grünen seien „keine fantastische Partei“, aber angesichts von Biblis, von Remscheid und dem Verfassungsschutz „verzeihen uns die Wähler manches“. „Macht ist gesellschaftliche Macht“ von Bewegungen, und „nicht, als Hansel im Kabinett zu sitzen“ – genau darum ginge für ihn der Streit in den Grünen. Bei einer Spaltung wären die Fundamentalisten und Ökosozialisten parlamentarisch nicht überlebensfähig, machte sich Ebermann keine Illusionen über die Stärke seines Flügels: aber die Inhalte wären wichtig, nicht die Fünf-Prozent-Hürde.
Zu Ebermann kann man stehen wie man will, da gehörten ihm die Sympathien. Landowsky ist aus anderem Flanell; bei so wenig Wille zur Macht kann er nur lächeln, und die Backpfeifengesichter hinter ihm fletschen die Zähne. Wenn man Angst haben muß, dann vor solchen Nachwuchsmasken, die Politik als Beutejagd begreifen, und alle wollen sie so sein wie Landowsky. Wie sagte ein Zuschauer richtig: die CDU solle endlich ihr Verhältnis zur Gewalt klären, zur kriminellen Gewalt korrupter Politiker, zu ihrer Verantwortung für die strukturelle Gewalt von Tieffliegern, Polizeischlägern und AKW-Bauten.
Gerd Nowakowski
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