Standbild: Mainz, wie es sinkt und lacht
■ Neue Witzshow: "Gaudimax", Dienstag, 21.05 Uhr, ARD
Einen herzlichen Gruß nach Mainz, wie es singt und lacht“, sonderte der neue Mr. Frohsinn, Gerd Rubenbauer, am Ende seines ersten ARD- weiten Witzewettstreits ab. Was war das? Ein kollegialer Gruß unter selbstlosen Kämpfern für die öffentlich-rechtliche Heiterkeit? Oder etwa ein hinterfotziger Seitenhieb, daß die Mainzelmännchen nach nur zwei Ausgaben ihrer hauseigenen Kalauer-Parade „Deutschland lacht“ ein Einsehen hatten? Sollte Rubenbauer wirklich „sinkt“ statt „singt“ gemeint haben? Schlitzohr, dieses.
Gleichwohl, beim ZDF wird man sich gefreut haben, weil ihm das Erste kampflos die öffentlich-rechtliche Führungsposition zuschob. Mit einer bodenlos dämlichen Veranstaltung, die die Mainzer erstaunlich reaktionsschnell aus dem Programm geschmissen hatten, stellt nun die ARD 30 Minuten lang ihre Kompetenz in Sachen Infantil-TV unter Beweis.
Da Programmverantwortliche immer gern auf sachliche Kritik pochen und ab einem gewissen Grad an Debilität die Deskription nunmal die einzig mögliche Form der Kritik ist, der erste bundesweite „Gaudimax“ im einzelnen. In einem Studio, dessen Dekoration verdächtig nach Kindertagesstätte aussah, saßen Menschen auf Stühlen. Als Rubenbauer die Arena betrat, gab's den ersten donnernden Applaus. Wahrscheinlich für sein Outfit aus dem Musterkoffer telegener Lässigkeit: Bluejeans unten, schwarzes Jeanshemd oben, dazu eine eminent bunte Krawatte und die Haare ordentlich gescheitelt. Dann kamen — ein Hoch dem Eurovisionsgedanken — drei Kandidaten (aus der Schweiz, Österreich und der BRD) und nahmen auf Höckerchen Platz. Applaus.
Die Kandidaten mußten/durften/ sollten (oder was auch immer Menschen dazu treibt) Witze (Witze!) erzählen. Vier Disziplinen wurden vorgegeben: Lust (!), Urlaub, Technik und Lieblingswitz. Über die Qualität der bärigen Schmonzetten hatte das Studiopublikum per Handzeichen (Klatschen) und „Lachometer“ genanntem Phonmesser zu entscheiden. Tagessiegerin wurde Claudia aus Österreich. Die höchste Einzelwertung errang Georg mit einem Witz über Schuhe mit Nähten und Bömmelchen. Da es dabei unterschwellig um Anal- und Oralverkehr ging, gab's dafür 85 Punkte. Echt geil! Aber was man innerhalb der ARD wahrscheinlich für einen Beweis für Toleranz hält, dürfte nicht einmal mehr die betagten Teilnehmer an christlichen Kaffeefahrten in jene Stimmung versetzen, in der man ihnen problemlos eine Rheumadecke andrehen könnte.
Während derartige Trauerspiele bei RTL (dort präsentierte man fast zeitgleich zukunftsweisend den ersten TV-Mord außerhalb der Nachrichten) mit Sicherheit vor Jahren aus dem Programm geflogen wären, sinnt man in der ersten Reihe wahrscheinlich darüber nach, wie sich „Tutti Frutti“ fürs Nachtprogramm covern ließe. Reinhard Lüke
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