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StandbildBeinahe erträglich

■ "Einladung zu Schimpf", Sonntag, 20.15 Uhr, ARD

„Einladung zu Schimpf“, Sonntag, 20.15 Uhr, ARD

Während im Zweiten der buchstäblich unverbesserliche Kulenkampff wie gewohnt seinen Überziehungskredit ausreizte (wird ihm jetzt immer zur Warnung der Ton abgedreht, wenn er nicht spurt?), gab im Ersten ein Mann sein öffentlich- rechtliches Debüt, der zuvor bereits des öfteren mit dem Altmeister verglichen wurde. Und das nicht nur, weil beide von der Küste stammen und gern segeln.

Vom Naturell her scheinen sie ähnlich, sind schlagfertig, extemporieren gern, scherzen ungehemmt über sich selbst und nehmen die Spielregeln ihrer Shows nicht sonderlich ernst.

Zumindest galt dies auch für Schimpf, solange er bei RTL das beliebte Reisequiz „Ein Tag wie kein anderer“ moderierte. Nun, da er des deutschen Fernsehzuschauers Sternstunden am Samstagabend mit Beschlag belegte, wirkte Schimpf dagegen ungewohnt domestiziert, verwandelte sich die sonst an den Tag gelegte, sehr angenehme Unaufgeregtheit in ein zögerlich abwägendes Auftreten – bedauerlicherweise eben doch nur ein Stück weit Björn mit gebremstem Schimpf.

Die Show selbst ist das mittlerweile selbst schon vielfach variierte und über Kreuz gezüchtete hybride Konglomerat aus Carrells „Laß dich überraschen“- Konzept und der guten alten versteckten Kamera.

Da wurde ein Postbote beobachtet, ob er auch zu Hause das Briefgeheimnis wahrt.

Pfiffig natürlich die Idee, neben Schimpf gleich noch ein paar prominente KollegInnen in die abgezogenen Spielchen einzubeziehen – mit Carolin Reiber, Ingolf Lück und Kristiane Backer, mit Dirndlschmus, Schlager- Oldie, Chartspot und Ballettreigen wurde nun aber auch wirklich jede Altersschicht in aller Ausgewogenheit komplett abgefertigt und ordentlich bedient. Selbst die schwedische Sangeskünstlerin Bibi Johns durfte ihre Altschnulze „Junggesellen mußt du Fallen stellen“ zum Vortrag bringen.

Ohne daß gleich alles wieder in lärmendes Remmidemmi ausartet – ein paar kesse Sprüche zusätzlich, mehr Unbekümmertheit nach Art der SlapstickSzenen beim Besuch des Postboten aus Kiel, und die Show wäre beinahe erträglich. Harald Keller

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