Standbild: TV-Reisen bildet
■ "Grandhotels"
Grandhotels (3. Teil), So., 19.30 Uhr, ZDF
„Dann schließen sich die Türen im Hotel. Doppeltüren fallen hinter jedem Menschen ins Schloß und lassen ihn allein mit sich und seinen Geheimnissen.“ Vicky Baum hatte mit „Menschen im Hotel“ diese Geheimnisse gelüftet, und Gabriele M. Walther hat für den Vierteiler „Grandhotels“ ein wenig bei ihr abgekupfert. Schließlich lebt der Mythos der großen Hotels dieser Welt vom Gerede über die Leute, die 4.000 DM für eine Übernachtung mit Butler und Rolls-Royce aufbringen können. Soviel kostet jedenfalls die Marco-Polo-Flucht im „Peninsula“ in Hongkong, über das Michael Wulfes berichtete. Eine britische Lady vor silbern aufgetafeltem Frühstücksei erinnerte sich an Gestalten aus der Kolonialzeit, wie das Callgirl („früher sagte man Kurtisane“), das „Araberin, aber sehr hübsch war“ und sich in Couture-Kleidern bezahlen ließ.
Der belletristische Klatsch befriedigte die Sensationslust. Alles andere war Journalismus, der nicht nur Vergangenheit und Gegenwart der Nobelherberge, sondern auch Hongkongs aufblätterte. Einspielungen aus Wochenschauen und Hollywoodfilmen, alte Fotos und neue Reportagebilder, vor allem aber die Gespräche mit den Managern von Hotel und Stadt zeigten die Besonderheiten der Kronkolonie, das betriebsame Zusammenspiel von britischen Besatzern, einheimischen Aufsteigern, Spionen und Einwanderern aus Shanghai, Bagdad und der Schweiz. An einem Platz, an dem der Preis für den Quadratmeter Boden 22.000 DM beträgt, leben sie seit Jahrzehnten von der Hoffnung, den großen Reibach zu machen, egal ob die Japaner die Stadt okkupiert oder chinesische Rotarmisten hinter den Grenzen Stellung bezogen hatten und egal, ob der Vertrag zwischen China und Großbritannien 1997 auslaufen wird.
Der zwiespältigen Faszination ihres Gegenstandes wollten sich Sprecher und Verfasser der Kommentare gar nicht erst entziehen. Und so mischte sich in die Bewunderung für die perfekte Organisation des Hotels ihr amüsierter Widerwille gegen den Geschäftsgeist, der solch ein Unternehmen an solch einem Ort regieren muß; scharf resümiert in der Schlußaufnahme von der Mercedes-Präsentation in der Hotellobby, wobei die Autoimporteure Orffs „Carmina Burana“ erschallen ließen. 45 Minuten nur dauerte dieser Rundumschlag. Dennoch blieb der Eindruck, daß man selbst vor Ort im „Peninsula“ war. Claudia Wahjudi
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