Standbild: Im Gedächtnis geblieben
■ "Zeitpunkt" mit Moderatin Maria Gresz
„Zeitpunkt“ mit Moderatorin Maria Gresz, Mittwoch, 21.20 Uhr, Vox
In der Programmzeitschrift ist „Zeitpunkt“ spartanisch mit dem Wörtchen „Politmagazin“ überschrieben. Die Moderatorin Maria Gresz kommt von „Spiegel TV“, und ihr atemloser Sprachduktus erinnert noch ein wenig an Austs Katastrophen-Dauerorgasmus. Die Schöne trägt ihre Haare nun streng zurückgesteckt und schaut tough in die Kamera: Staatsanwälte und Moderatorinnen küßt man nicht.
Unterschiede zu „Spiegel TV“ fallen jedoch sogleich ins Auge. Hinter der demonstrativen Geradlinigkeit von „Zeitpunkt“ steht mehr als das Bemühen, Informationen ins Land zu streuen wie Knallfrösche. Angenehm fällt der Wille zur Analyse im Beitrag über Gesundheitsminister Seehofer auf. Seehofers skandalöse Pläne aus der Vergangenheit schienen über seinen aktuellen Blutskandal in Vergessenheit zu geraten: Bereits 1987 forderte er eine Art Aids-KZ; heute hat er nichts dagegen, wenn die Debatte um Kontrollen von Blutkonserven in eine Dikussion über die Meldepflicht von HIV-Infizierten umkippt. Diesen Zusammenhang herzustellen ist zwar keine investigative Sensation, doch zuweilen ist Naheliegendes interessanter als eine Blütenlese der Katastrophen (obwohl Seehofer gewiß auch eine Katastrophe ist). „Zeitpunkt“ fungierte hier sehr sympathisch als mediales Gedächtnis.
Die nachfolgenden Beiträge über den Arbeitskampf in der Stahlindustrie oder die in Italien gemeuchelten Zugvögel waren durchschnittlich solides Handwerk, boten keinen Grund zum Meckern. „Zeitpunkt“ ist zwar nicht so zackig wie „Zack“, aber vom Ton her immer noch angenehm frech und nicht so schulmeisterlich-gediegen wie viele Politmagazine der Öffentlich-Rechtlichen. Manfred Riepe
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