■ Standbild: Streifen Sightseeing
„Achtung, Klappe! Kinder als Reporter“, ARD, Do., 15.03 Uhr
„Wer wie was? Wieso, weshalb, warum?“ tönt irgendwann der bekannte Sesam-Song, doch das hat die Reporterin Heide Nullmeyer nicht so richtig auf die Reihe gekriegt. Unter ihrer Obhut gerät der Kinderkreuzzug durch Radio Bremen zur pittoresken Mischung aus Nikolaustag und Dauerwerbesendung. PR-Überraschungen gibt es sackweise. „Wußtet ihr eigentlich, daß Radio Bremen vier Programme hat?“ verrät erfreut der elfjährige Janis, der bald darauf im Weserstadion wenigstens deutlich sein Lampenfieber zeigt. Beim Promi-Interview auf dem Rasen schwenkt er mitten in der eigenen Frage schon das Mikro zum Fußballer. Der checkt sofort die Lage und dribbelt die Antwort zurück: „Nein, du nervst nicht – das ist sicher für 'ne gute Sache.“ Janis ist so happy, daß er glatt vergißt, sich ein Autogramm geben zu lassen. Faktenmäßig fällt der Ausflug dürftig aus. Zufällig erfährt man, daß das Techno-Team des Senders nur 30 Meter Strippen verlegen muß, weil hier schon alles verkabelt ist. Aha.
Am zweiten Drehtag ist die „beliebte Sendung ,Bremer Wochenend‘“ dran, wo es um ein pädagogisch wertvolles Thema gehen sollte – den TV-Konsum der Kids. Statt O-Tönen Bilder vom Kinder-Reportertrio, wie es andächtig staunend um das tolle Regiepult mit den vielen Reglern und Schaltern herumsteht, neben den lieben Moderatoren Karl-Heinz und Monika. Gruftig beginnt der dritte Tag im Schallarchiv, wo die Junioren ein Reportage-Tape von anno 1946 hören: „Die Schulspeisung“. Für die Kinder irgendwie weit weg, aber reizvoll. Spannend wurde es, als Janis „kritische Fragen“ an den Programmdirektor ankündigte. Und das bei Radio Bremen, einem der letzten Reservate progressiven Rundfunks. Doch was hören wir? Allem Gerede von Chancengleichheit zum Trotz hat sich schon wieder Janis das Mikro erobert, und der Direx erklärt ihm freundlich, er sei dafür zuständig, „daß jeden Tag etwas gesendet wird“, und „Berichte sollten nicht unfair sein“.
An einer Stelle war gar Janis sympathisch. Da sah er vom Ausguck eines Kranes herab aufs RB-Reich: „Die Eingangshalle haben wir nicht im Bild – aber das ist auch egal.“ Da schimmerte noch etwas von unbefangener Neugier durch, die der Rest des höchst bieder abgefilmten Sightseeing-Streifens vermissen ließ. Dieter Deul
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