Standbild: Zu viel Lamprecht
■ "Tatort"
„Tatort“ (SFB), Sonntag, 20.15 Uhr, ARD
Vom Regisseur Matti Geschonneck konnten wir erst kürzlich in B1 den Film „Moebius“ (1991) bewundern, in welchem die Schwäche einer etwas drögen Erzählweise durch gezieltes product placement (Morgenpost und eine Zigarettenmarke) künstlerisch wieder aufgewogen wurde. Von der zuständigen Produktionsfirma könnte man annehmen, daß sie chronische Angst vorm Verhungern hat; der SFB- Redakteur Otto scheint indessen auf solcherart erwirtschaftete Nebeneinkünfte nicht angewiesen zu sein. Der neue SFB-„Tatort“ wurde gemeinsam von Geschonneck und seinem Hauptdarsteller Günter Lamprecht geschrieben.
Die gute Nachricht vorweg: Kommissar Markowitz geht nach der nächsten Folge in den Ruhestand. Grund dafür sind die veränderten Produktionsbedingungen: Die SFB-„Tatorte“ sollen künftig von Fremdfirmen betreut werden, von 33 Drehtagen geht man auf 30 herunter. Geschonneck und sein Kameramann Beyer sind wohl bereits bei einer Hamburger Produktionsfirma untergekommen.
Doch zurück zu diesem „Tatort“. Hier wurde eine Schwäche manifest, die sich bereits in den vorausgegangenen Arbeiten von Lamprecht/Geschonneck angedeutet hatte: Wenn ein Schauspieler selbst sein Drehbuch schreibt, kennt er nur eine Hauptperson, die anderen sind Stichwortlieferanten. Markowitz kommt in ziemlich jeder Einstellung vor, meist in groß, kein Zentimeter seines unrasierten Gesichts bleibt unausgeleuchtet, und der ganze Film wird quasi zum Ein-Personen-Stück. Die Handlung beginnt etwa nach 20 Minuten. Markowitz rollt einen abgeschlossenen Fall wieder auf, der Selbstmord eines Clowns war Mord. Die Spur führt zu einer Firma, die heimlich eine Naziorganisation betreibt und mit russischen Waffen schiebt. Markowitz deckt alles allein auf, nicht nur die Gegenspieler bleiben mickrig, auch die Kollegen und Vorgesetzten, die den großen Ermittler nur bewundern und loben dürfen. Ganz besonders undankbar war die Rolle des Assistenten Alfred Pohl (Hans Nitschke), der fortwährend dramaturgisch überflüssige Befehle ausführen mußte („Mach los! Gib Gas! Fahr rechts herum!“).
Fazit: Der Film hatte zu viele Längen, die der Eitelkeit des hauptdarstellenden Autoren geschuldet sind. Und: Eine anständige Gesinnung macht noch keinen guten Film. Roswitha Seidel
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