Standbild: Hafenrundfahrt
■ "Das Traumschiff"
„Das Traumschiff“. Montag, 19.30 Uhr, ZDF.
Der Pott, mit dem das ZDF vor Jahren seinen Rang als erster Unterhaltungssender begründete, erlitt am zweiten Feiertag mittelschweren Schiffbruch: Das „Traumschiff“, soviel läßt sich nach der ersten neuen Folge behaupten, weist soviel Soap, soviel Glanz und soviel Weltentrücktheit auf wie Dieter-Thomas Heck zu seinen schlechtesten Autoverkäuferzeiten nicht.
Was darf man von einer Serie erwarten, die nie vorgab, Dokumentarisches aus den Drecklöchern der Erde präsentieren zu wollen? Klare Sache: Versöhnung als Prinzip, ein Kapitän in und mit weißer Weste, eine Stewardess, die allzeit lächelt und schlichtet, und ein Steward, der für jedes einsame Herz ein Lächeln übrig hat.
Und sind denn kalte Büffets, die unter Leckereien sich nur so biegen, sind strahlende Nachtbeleuchtungen am Außenschiff nicht ebenso wichtig wie schauspielerische Berühmtheiten? Soviel zum Profil einer TV-Geschichte, die deswegen in den achtziger Jahren zum Megaerfolg wurde, weil sie des Spießers Traum – Schiffsreise gleich Luxus gleich Traumurlaub – ernstnahm und kein Stück ironisierte.
Das ZDF schickte uns nun statt dessen auf eine Reise, die sich zum Luxuslinertourismus verhält wie eine Hafenrundfahrt zum Motorbootrennen. Die Geschichte? Ein Witz. Der Kahn, die „MS Berlin“, hat kurz vor Dubai Maschinenschaden, in der Tat. Kapitän (mimentechnisch abgetakelt: Hein Weiss) dunkel- verzweifelt, Maschinist (unerträglich: Gerd Olschewski) schrill-jammernd, Stewardess (Marthe Keller: eine Schnepfe) im Krankenbett – und die Gäste nicht der Rede wert. Keine Prominenz an Bord. Keine Helga Beimer und auch kein Heinz Reinecke.
Nur die in letzter Zeit unvermeidliche Hannelore Elsner stöckelte mal wieder auf die Planken – in einer Karikatur einer feministisch angehauchten Kapitänin. Selbst der kostenlose Tourismuskitsch, die PR in Sachen Weltenbummlertum, blieb fad. Kurzum: Anderthalb vertane Weihnachtsstunden, nicht mehr und nicht weniger.
Wo Sascha Hehn blieb, der frühere Softpornodarsteller in der Rolle des kongenialen Traumschiffstewards? Der hat sich auf dem zweiten Bildungsweg sinnigerweise zum Gynäkologen gemausert und kam gleich nach dem „Traumschiff“ als „Frauenarzt Dr. Markus Merthin“. Jan Feddersen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen