■ Standbild: Korrekt, aber steril
„Glaube, Liebe, Hoffnung“, Sonntag, 23 Uhr, ARD
Soll der Dokumentarfilm beobachten, oder soll er Nachhilfestunden in deutscher Geschichte inszenieren? Andreas Voigt erteilt in seiner Langzeitbeobachtung „Glaube, Liebe, Hoffnung“ eine unfreiwillige Antwort. Das ist schade, denn der Film beginnt nicht uninteressant. Voigt hat Glatzen, Arbeitslose und Baulöwen in Leipzig beobachtet. Sogar ein wonnig in die Kamera grinsender Dr. Jürgen Schneider bekommt einen flüchtigen Gastauftritt.
Den Hauptteil des Films bestimmen Fragesituationen. Dirk sitzt wegen Landfriedensbruch im Gefängnis und redet über seine berufliche Zukunft: „Wenn ich zur Bundeswehr gehe, kann ich auch zur Kur fahren.“ Die meiste Zeit über sitzen diese jungen Skinheads jedoch vor der Kamera wie bei einem Verhör. Das Gespräch stockt, muß durch Nachfragen immer wieder angekurbelt werden und erhält dadurch einen pädagogisierenden Unterton. „Kannst du das mal näher beschreiben?“ fragt Voigt seine Gesprächspartner gut ein dutzendmal, „woher kommt das mit der Gewalt?“ Dieses Zum-reden- Bringen führt die Gesprächspartner eher vor, als daß wir etwas über ihre inneren Antriebe erführen.
In einer der Kernszenen singt ein junger Skin ein selbstgedichtetes Nazi-Lied und leugnet den Völkermord an den Juden. Herr Voigt widerspricht empört und startet eine Diskussion. Leider setzt er sich dabei nicht selbst mit vor die Kamera, um auch seine Reaktion auf jenen Skin zu dokumentieren. Man spürt förmlich, wie Herrn Voigt das Bonengel-Trauma („Beruf Neonazi“) in den Knochen steckt. So erfahren wir mehr über die standardisiert korrekte Weise, mit dem Thema umzugehen, als über den eigentlichen Gegenstand. Manfred Riepe
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