■ Standbild: Richtig sortiert
Ausweglos, Fr., 20.40 Uhr, arte
Ein Leuchter aus Straß, ein Schwenk über eine antike Uhr, es kann losgehen. Ein deutscher Fernsehkrimi. Auch die beiden Figuren gehen für die angestammten Freitagabend-Sehgewohnheiten in Ordnung: Ein Nadelstreif, ein Muselmann, rasch dechiffriert: Es geht ums internationale Verbrechen. Aber keine Sorge: Damit wir uns schön auf den Spannungsaufbau konzentrieren und nicht etwa anfangen, rassistisch zu denken, wird uns bald noch ein blitzanständiger Mann Allahs vorgeführt.
Zur Spannung. Gegen den feinen Verbrecheralltag setzt der Film sogleich ein gerüttelt Maß an Angestelltentristesse ein. Scheidungskind, Beziehungskitsch, abgeschrägte Regalwand von Ikea. Da Geldwäsche thrillermäßig keine Stiche macht (wenngleich böse, weil Drogen, weil Kinder tot), müssen sich die organisierten Herren nun bald die Finger richtig schmutzig machen. Da entführen sie also den 13jährigen Kristof, der doch sein Scheidungswaisenschicksal schon so wacker nimmt. Warum? Auch das ist uns bald entdeckt, als Papa auf der Sohnessuche die Polizeimarke zückt.
Vater Hauptkommissar soll den Herren einen verdeckten Ermittler ans Messer liefern, welches sie einstweilen am blonden Haupthaar seines Sohns wetzen. Soweit sind Regisseur Sigi Rothermund und seine Hauptfigur hübsch schnell bei der Sache. Für Reflexionen bleibt in ihren trüb beleuchteten Polizeifluren und zwischen den von Dealern und Nutten gesäumten Straßen Kreuzbergs kein Platz. Melancholische Schwenks sind Rothermunds Sache nicht. Wenn es sich zuspitzt, kommt eine hohe Synthesizerlinie; schickt man sich zur Verfolgung an, hält man Percussions bereit. Soweit wir es überblicken können, ist das alles ganz ordentlich gemacht. Auch der Plot endet nach dem typischen Schema. Erst viele Knarren, dann viel Verzeihen, dessen Gefühlspotential wiederum nicht ausgeschöpft wird.
Ganz am Schluß zieht der zerschlagene Hauptkommissar Heincke auf der Intensivstation die Decke über seiner toten Freundin weg, wie um nachzugucken, ob am Ende auch alle Leichen richtig sortiert sind. Eine gut, eine schlecht ... Wir wollen gar nicht meckern, wir fühlen uns wohl in dieser urdeutschen TV-Ästhetik. Nur manchmal haben wir an die Franzosen denken müssen, die das bei arte ja mitgucken müssen. Werden sich wohl mal wieder gelangweilt haben bei uns. Lutz Meier
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