■ Standbild: Blaue Augen
„Machtspiele: Daimler- Benz“, Sonntag, 22.40 Uhr, ZDF
Im Büro raucht er Kette – ein Mann unter Dampf. Entlassungen? Einzelfälle kennt er genug. Daß ihm die Rendite am wichtigsten ist, „schockiert noch manchen in Deutschland“. Großaufnahme Jürgen Schrempp: blaue Augen, stechender Blick. Die Linke in der Tasche, die Rechte gestikuliert, der Vorstandsvorsitzende der Daimler-Benz AG spricht zu uns aus dem Fernsehgerät.
Wir sind nicht in der Daimler- PR-Zentrale, sondern mitten in einer ZDF-Reportage. Wolfgang Herles porträtiert in der neuen Reihe „Machtspiele“ die Großen der Wirtschaft. Aber keine Kontroverse über den umstrittenen Manager, sondern: klassische Musik, das sich drehende Firmensymbol über der Konzernzentrale, ein Kameraschwenk über die Produktpalette... Immerhin kommen auch Schrempps Kritiker zu Wort. Am Anfang werden einige unzufriedene Konzernangestellte eingeblendet, sie sagen inkompetent „Scheiße“, dann wieder Schnitt auf Schrempp, den „geradlinigen Mann“. Völlig distanzlos nähert sich Herles dem Subjekt seiner Reportage: „Einer, der das Schmieröl an seinen Händen noch nicht vergessen hat ...“ Extremst (Schrempps Lieblingswort) unkritisch auch die Nachfragen des Journalisten Herles: „Jetzt nehm ich mal ein Bild ... Sie sind ein Cowboy“, (Schrempp lacht) „der extrem schnell zieht.“
Die Konzernpartnerin Martine Dornier-Tiefenthaler: „Eigentlich ist er ein unpolitischer Mensch. Das kann er sich als Manager auch leisten.“ Herles Reportage nimmt sich das gleiche Recht heraus. Journalisten, die kritisch berichten, „bekommen einen Platz weit hinten auf der Warteliste“, flachsen Schrempp und Mercedes-Chef Helmut Werner in die Kamera. Herles hat sich einen Platz in der ersten Reihe redlich verdient. „Übrigens, zum ersten Mal darf ein Kamerateam dabeisein“, freut sich Herles, als er eine Sitzung der Konzernspitze filmen darf. Doch die Herren wollen sich nicht wirklich in die Karten sehen lassen: Dreißig Sekunden später werden die Fernsehleute herauskomplimentiert. Herles Fazit über den Mann, der Tausende entlassen hat: „Der Prototyp einer neuen Managergeneration. Einer, den man braucht, wie man Chirurgen braucht. Einer eben, der Blut sehen kann.“ Musik, Abspann. Seit wann darf das ZDF am Sonntag Werbespots senden? Stefan Kuzmany
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