■ Standbild: Irgendwelche News?
„Chart Attack – Just The Best“, Sa., 10.40 Uhr, ZDF
Stars hautnah! Ungewöhnliche Interviews! Heiße Musik aus den Charts! Bemüht juvenil und reißerisch kündigt die Ansagerin des ZDF die neue Musiksendung „Chart Attack – Just The Best“ an.
Was mir der zuständige Redakteur als möglicherweise interessantes Popfeature aus einer Mannheimer Disco steckt – „Du weißt schon, Mannheim, die deutsche Drum & Bass-Hochburg“ –, entpuppt sich schnell als rührender öffentlich-rechtlicher Versuch, Bravo-TV ein paar fünf- bis fünfzehnjährige Zuschauer auszuspannen.
Mit etwas mehr Aufwand vielleicht: So scheute man keine Kosten, um so viele „Stars“ wie möglich live auftreten zu lassen, mit Vollplayback, versteht sich. Und auch keine Mühen, mit Kena Amoa einen smarten, jungen und unverbrauchten Moderator zu casten.
Gleich zu Beginn vermittelt der jedoch den Eindruck, als könne er mit sich und dem Sendeplatz am Samstag vormittag so recht nichts anfangen: Er möchte bloß „all das abfeiern, was in den Charts am besten ist“. Eine Sendung moderieren, „die euch morgens aus den Betten holt“. Mit Scooter und Snap, Blümchen und Creme 21, Beat System und Down Low. Mit der Creme der deutschen Popmusik also, die es zumindest nicht nötig hat, über ein Quotensystem die Charts zu toppen.
Auftritt folgt auf Auftritt, ohne erkennbare Dramaturgie. Die Top ten der deutschen Singlecharts gibt es, ein Video einer Boygroup aus Malaysia, das eines Newcomers (auch eine Boygroup). Und die ungewöhnlichen Interviews. Was läuft bei euch im Moment, gibt's irgendwelche News? Wie fühlt man sich als Popstar? Wie kommt man in Kaiserslautern auf O. J. Simpson? Das sind die Fragen, die Amoa seinen Stars zu stellen weiß. Mit heißer Nadel hat er die gestrickt. Schnell muß es obendrein gehen, ist ja schließlich Musikfernsehen.
Scooter ist schlagfertig und ironisch, Creme 21 sind völlig überrumpelt ob soviel Einfalt, und als die HipHopper aus Kaiserslautern Amoa ihre Lyrics erklären, weiß er überzuleiten: „Mord ist nichts Gutes, und wir sind wieder einen Schritt weiter in Chart Attack.“ Wirkt unfreiwillig komisch und manchmal auch peinlich, was Amoa hier vom Stapel läßt. Das reißen selbst die vielen Acts nicht heraus, die unsereins ja selten zu Gesicht bekommt. Gerrit Bartels
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