■ Standbild: Krimikrimskrams
„Tatort – Mord hinterm Deich“, So., 20.15 Uhr, ARD
Je weiter die Ermittlungen am Sonntag abend voranschritten, desto verständlicher wurde es, warum die Herren Kommissarkollegendarsteller Manfred Krug und Charles Brauer ein so betont geringes Interesse am „Mord hinterm Deich“ zeigten. Hatte der NDR doch bereits 1977 einen „Tatort“-Klassiker zum Thema „Reifeprüfung“ hingelegt, weswegen die Neuauflage des Schulmädchens-Sujets bloß als Whodunnit-Verwirrspiel daherkam. Bis da irgendeine ungelittene Gymnasiastin endlich erwürgt im Garten lag, hatte man als Zuschauer nicht nur ausreichend tatverdächtigt, sondern auch längst die mutmaßliche Verzweiflungstäterin erkannt.
So konnte man sich ganz den Routinetändeleien der „Tatort“-Kommissare widmen, deren Ermittlungen vor allem von der Gewißheit getragen schienen, daß sie so ziemlich jeden Mordfall innerhalb der veranschlagten Ausstrahlungsdauer zu lösen in der Lage sind. Wozu sich abmühen, wenn Indizien, Zeugenaussagen, Zufälle und Einfälle aus Drehbuchschreibers Kunstgriffkabinett der Gerechtigkeit auch Gerechtigkeit widerfährt.
Doch spielte derlei Aufklärungsgebaren letztlich gar keine Rolle, denn Krug und Brauer spielten ihre Rollen so beiläufig und pointiert zugleich, wie man es den beiden Mimen seit ihren peinlichen Ausflügen in die telekommunikative Werbewelt (Krug) und RTL-Ufologie (Brauer) gar nicht mehr zugetraut hätte.
Und als sie in der 76. Spielminute auch diesmal wieder zu Kinderkeyboard und Mundharmonika griffen, um im Büro den standard „But Not For Me“ zu Gehör zu bringen, da schien dieses beseelte Intermezzo Entschädigung genug für die 90 Minuten Krimikrimskrams drumherum. Christoph Schultheis
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