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■ StandbildVorbildcharakter

„Cody – Schmutzige Geschäfte“, Di., 20.15 Uhr, RTL2

Medizinische und also triftige Gründe machten es notwendig, zeitweilig den Platz im Ausguck zu verlassen. Bedauerlich, denn der erste Beitrag der australischen TV-Filmreihe um die Figur des rauhbeinigen Kriminalbeamten Cody setzte mit hohem Tempo ein und fesselte in einem Maße, daß selbst ein bis zwei doch recht verfängliche Wendungen noch halbwegs hinnehmbar erschienen.

Die Titelfigur ist unserem Schimanski nicht unverwandt, wenig beliebt bei den biederen Kollegen, wohl aber bei seiner Vorgesetzten. Dienstvorschriften wischt er kurzerhand beiseite, wenn es der Wahrheitsfindung dient. Im Übereifer verpfuscht er schon mal eine Aktion und riskiert im direkten Umgang mit Gesetzesbrechern wiederholt sein körperliches Wohlbefinden. Drei Wochen Arbeitsunfähigkeit hätte er sich bescheinigen lassen können, mochte aber die blutig geschlagene Nase nicht mehr von der einmal aufgenommenen Spur lassen.

Bereits die ersten fünf der insgesamt neunzig Minuten entwickelten mehr Dynamik als manch gleichgeartetes deutsches Produkt in seiner vollen Laufzeit, und selbst hinlänglich ausgeschlachteten Situationen vermochten die beiden Regisseure noch ein wenig Reiz abzugewinnen. Australische Serien und Filmreihen, in letzter Zeit häufiger in den Programmen zu sehen, können im Vergleich mit amerikanischen Produktionen durchaus bestehen. Dies hat Gründe: In den siebziger Jahren half die australische Regierung dem nationalen Filmwesen auf die Sprünge, förderte Außenseiterfilme und gewährte Investitionsanreize für Großproduktionen. Das trug Früchte und brachte Talente hervor, deren einige – Bruce Beresford, Jane Campion, Phillip Noyce, die beiden George Millers – heute auf Hollywood- Niveau arbeiten. Eine florierende Filmszene aber kommt auch dem Fernsehen zugute; Regisseure wie Phillip Noyce oder Autoren wie Bob Ellis haben in Australien nennenswerte Beiträge geleistet. Möglich, daß sich, da der deutsche Film wieder floriert, hierzulande demnächst eine ähnliche Entwicklung ereignet. Vorerst aber wird, wie jüngst in der Pro7-Zeitschrift Cine Chart wieder einmal nachzulesen war, die Entwicklung und Auswahl von TV-Stoffen noch mit eng geschnittenen Schablonen betrieben. Kein Wunder, daß daraus oftmals pure Langeweile resultiert. Harald Keller

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