piwik no script img

■ StandbildPfeiffer in New York

„Chaos City“, Montag, 0.20 Uhr, Pro 7

Wann ist es bei uns endlich so wie in Amerika? Zuerst führen uns die Amis mit „Air Force One“ demütigend vor, wie ungeeignet unser Kanzler als Vorlage für einen Actionfilm geeignet wäre. Damit können wir leben. Aber jetzt imitieren sie auch noch den einzigen Popstar unserer Politkultur, Reiner Pfeiffer. Hätten hiesige Fernsehschaffende auch nur einen Funken Gespür, dann gäbe es über Uwe Barschels Mann für schmutzige Tricks schon längst eine Sitcom.

Die Amis waren wieder mal schneller, und seit Montag läuft auf Pro 7 der US-Import „Chaos City“. Hauptperson ist Michael Flaherty, PR-Berater des New Yorker Bürgermeisters, und seine Aufgabe ist es, seinen Boß, einen Trottel, um die Fettnäpfchen zu navigieren. In Amerika heißen solche Menschen „Spin Doctors“, dementsprechend heißt die Serie im Original „Spin City“, aber dafür sind deutsche Zuschauer natürlich zu doof.

Michael J. Fox, der die Hauptrolle in Spin bzw. Chaos City hat, sieht mit seinen 36 Jahren und drei Kindern immer noch so aus wie der kapitalistische Teenager aus der 80er-Produktion „Family Ties“. Geschäftig rennt er im Büro des Bürgermeisters umher, immer einen pragmatisch-politischen Spruch auf den Lippen.

Gerade hat der Chef im Fernsehen auf die Frage, ob er eine Homo-Parade besuchen würde, mit den denkwürdigen Worten „Sind Sie besoffen?“ geantwortet. Ungläubiges Entsetzen bei den PR-Schergen. Michael J. Fox blickt sekundenlang resigniert ins Leere, eine Kunst, die nur wenige Schauspieler beherrschen, ohne den Zuschauer damit in die Fänge eines Konkurrenzsenders zu treiben. Dann die Idee: wir brauchen einen schwulen Mitarbeiter des Bürgermeisters, um seine Toleranz zu beweisen. Flugs wird der Bürobursche zum Homo umbefohlen. Und wer die Wahrheit sagt, zahlt einen Zehner in die Kaffeekasse.

Zwischendurch muß sich Mike noch mit seiner Freundin herumschlagen, aber das ist langweilig – in der übernächsten Staffel scheidet sie folgerichtig auch aus. Schwelgen wir lieber in den Möglichkeiten einer deutschen Umsetzung: „Pfeiffer, rufen Sie da mal an und sagen Sie, er hat Aids.“ Gelächter im Publikum. Schnitt zur SPD: „Jeder, der der Presse sagt, wir wüßten was von Pfeiffer, zahlt einen Zehner in die Schublade.“ Was für eine Schatzgrube! Doch Amerika ist fern. Stefan Kuzmany

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen