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■ StandbildDesigner-Blendwerk

„Die Schläfer“, So., 20.15 Uhr, Pro 7

Claire ist in der Psychiatrie, weil sie ihr Gedächtnis verloren hat. Das Personal dieser Anstalt (Christine Kaufmann mit schlechtsitzender Perücke und Thorsten Nindel mit affiger grüner Brille) redet papierne Sätz, die nicht einmal der untalentierteste Psychiater zu seinen Patienten sagt: „Sie müssen lernen, ein Leben zu leben, so wie es ist.“ Das manierierte Interieur dieser Anstalt ist purer Designer-Overkill und hat mit der Lokalität einer Psychiatrie rein gar nichts gemein.

Kein Wunder, daß Claire es dort nicht aushält und flieht. Über Internet (eingeblendete Suchmaschine: „Lycos“) hat die Blonde, die laut Presseheft wie Sharon Stone aussieht, herausgefunden, daß auf der Ostseeinsel Tradum das Geheimnis ihrer Amnesie gelüftet wird. Kunstgewerblich schöne Landschaftsaufnahmen der Felseninsel wechseln mit penetrant schrägen Bildern und wilden Kamerafahrten, die mit aller Gewalt den gestörten Bewußtseinszustand der Protagonistin suggerieren sollen.

Claire begegnet einer Reihe schräger Inselbewohner, die von ihrer Physiognomie her gar nicht schlecht gecastet sind. Sie blicken so ausgesucht schräg aus der Wäsche, daß man sofort weiß: Die haben irgendwas zu verheimlichen.

Claire versucht herauszufinden, was, und hat dabei nichts Besseres zu tun, als mit dem Fährmann Björn in die Koje zu steigen, der ihr Vater sein könnte und es vielleicht auch ist. So genau erfährt man das nicht in Roman Kuhns Designer-Thriller „Die Schläfer“. Obwohl der Film mit aller Macht auf „schöne“ und aufwendige Bilder setzt, werden zentrale dramaturgische Abläufe über grottenschlechte Dialoge abgewickelt. Das mysteriöse Wirken der Inselbewohner vermittelt somit überhaupt keine Spannung.

Als vermeintliche Fluchthelfer – so die konstruierte Story – haben die Inselbewohner Ex- DDR-Bewohner abkassiert und dann mit Gewichten ins Meer versenkt, wo sie als dekoratives Wachsfigurenkabinett vor sich hinfaulen. Das wirkt so ätzend seelenlos, als würde eine Werbeagentur das Remake eines alten Edgar-Wallace-Films drehen.

„Bei Fragen zum Thema Amnesie“, so verspricht ein Waschzettel von Pro 7 zu diesem Machwerk, „leiten wir Sie gerne an einen Spezialisten weiter.“ Warum nur haben sie sich für diesen Film nicht auch einen solchen geholt? Manfred Riepe

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