■ Standbild: Frage ohne Antwort
„Milošević – Was treibt ihn?“, Di., 22.45 Uhr, ZDF
Ein Gesicht, ein Trommelschlag. Dumpf grollt es aus den Lautsprechern. Schnitt, eine Bombenexplosion. Das Gesicht Slobodan Milošević' erscheint wieder auf dem Bildschirm. Das ZDF nähert sich dem serbischen Diktator klassisch. Grummeln im Hintergrund signalisiert: Dokumentation. Dann folgt einer der besseren Versuche, hinter die Fassade des Mannes zu blicken, den der Westen einfach nicht versteht.
Das ZDF hat ein älteres BBC-Porträt überarbeitet. Der Film nähert sich der Persönlichkeit Milošević, indem er bei Menschen nachfragt, die ihn kennen. So gut der Ansatz ist, so erstaunlich bleibt: Keiner kann benennen, was Milošević wirklich treibt. Großbritanniens einstiger Außenminister Douglas Hurd zum Beispiel gesteht: Normalerweise wisse er, was hinter den Augen seines Gegenübers vorgehe. „Das habe ich bei Milošević nie gespürt.“ Radmila Milentijević, ehemalige Ministerin in Milošević' Kabinett, beschreibt Hobbies. „Er ist ein guter Sänger, und er trinkt gern etwas.“
Also sucht der Film in der Kindheit: Die Eltern begehen beide Selbstmord. Wenn sie keine Bindung zum Sohn aufbauten, könnte das zu einer frühen Härte geführt haben, sagt CIA-Psychologe Jerrold Prost. „Und zu keinem Verständnis für die Schmerzen anderer.“
Noch länger als die Psyche analysiert das ZDF jedoch die politische Laufbahn. Milošević habe seine Karriere im Kosovo begonnen. Die Aufgabe der Provinz sei für seinen Machterhalt gefährlicher als die Nato-Bomben. Das Porträt läßt viele Zeugen sprechen: Joschka Fischer, Hans Koschnik, Tony Blair. Alle kommen zum selben Schluß: Milošević geht es um Macht, nur darum. Das hört man oft, aber selten so fundiert. Till Ottlitz
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